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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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dem Stoffe selbst sich der Tapete, den Gardinen und übrigen Einrichtungsstoffen anpaßt, ist die häufigste Erscheinung des eleganten Toilettenzimmers, paßt er sich bald der übrigen Einrichtung an oder findet als Phantasiestück passende Verwendung.

Der Reiz der Diskretion, den die Frau um diese Stelle webt, ist vielfach besungen und gefeiert worden. Hier finden sich alle jene dem Ungeweihten so mystischen Nippes, die von der eleganten Dame zu ihrer Toilette benutzt werden oder auch nur zierliche Anspielungen auf dieselben sind. Die feinen Atlaskissen zur Aufnahme von Stecknadeln, das duftige Sachet, das jenes bekannte Parfüm durch den geweihten Raum sendet, welches sich nicht nur der Toilette, sondern dem ganzen Zimmer schon mitgeteilt hat, sie schließen sich den Requisiten einer ausgesuchten Schönheitspflege an, als da sind: Puderquasten, elegante Flacons u. Büchsen, Färbemittel - Kosmetiks über Kosmetiks. Hat die Herrin dieses Chaos etwas von dem Rat beherzigt, den Ovid einst den Frauen des alten Rom gab, "die vielen Büchsen und Fläschchen und alle die Farben und Pinsel" vor den Blicken Anderer geheim zu halten, dann findet sich für dieses oder jenes besonders diskrete Präparat im Toilettentisch wohl noch ein geheimer Schub, der es den Augen interessierter Freundinnen oder der verräterischen Zunge der Zofe verbirgt.

Und über dies alles, das Offene und Verborgene, das Zugestandene und Verleugnete, fällt eine Wolke von Tüll, Mull und Spitzen so zart, so duftig und so elegant wie die Erscheinung selbst, die, noch einen Blick auf den Spiegel heftend, durch die Portieren ihres Toilettenzimmers schreitet.

Zierliches Anrichten der Speisen.

Selbst die mit der größten Sorgfalt zubereiteten Speisen verlieren an Wert, wenn sie das Auge nicht anmuten, während zierliches Anrichten den Wohlgeschmack erhöht, so daß wir dadurch das einfachste Gericht in eine verlockende Delikatesse verwandeln und unsern Mahlzeiten, statt des rein materiellen Charakters, ein gewissermaßen künstlerisch-anmutiges Aussehen verleihen können. Dieses Bestreben sollte sich nicht nur auf die Gasttafel beschränken, sondern sich ebenso in der Anordnung des alltäglichen Mahles offenbaren.

Beim Braten ist in erster Linie auf gutes und geschicktes Tranchieren zu achten. Die möglichst ebenmäßig zerlegten Stücke ordnet man - die schönste Seite nach oben, die Knochen nach unten - inmitten einer nicht zu flachen Schüssel und umgibt sie mit einem Kranz von Gemüse; oder man legt die Bratenstücke kranzartig um das in der Mitte aufgetürmte Gemüse. Auch kann den Rand der Bratenschüssel ein Kranz von gebratenen kleinen Kartoffeln, Morcheln, Mixed-Pickles oder Trüffeln etc. zieren. Für das einfache Rindfleisch und kalten Aufschnitt sind Petersilie, gehobelte Meerrettigspähne oder Radieschen ein passender Ausputz. Beim Anrichten von Kalbfleisch kann man den Schüsselrand mit abgekochten Selleriescheiben garnieren, in deren jede man ein grünes Sellerieblatt steckt. Aufgewärmten Kalbsbraten schneidet man in Scheiben, gießt die Sauce darüber und belegt ihn dann mit gekochtem Spargel, Fleischklößchen, Kresbschwänzchen etc. Den Rand der Schüssel umgibt man mit in Butter goldgelb gerösteten Semmelschnitten. Geflügel rüstet man mit der Brust nach oben an. Den Kopf des Fasans steckt man auf ein Hölzchen, umgibt ihn mit einer Papierkrause und legt ihn an den Hals des Vogels. Auch für anderes Geflügel sowie Reh-, Hammelkeulen und dergl. benutzt man Papierkrausen, Hühnerfrikassee erhält einen breiten Reisrand; auch können Saucieschen ^[richtig: Saucischen], Klößchen, Kastanien oder Morcheln zur Verzierung desselben genommen werden. Alle Ragouts, Frikassees und sonstige Saucengerichte garniert man ferner mit kranz- oder sternartig gelegten Zitronenscheiben, Gurken, Kapern, hartgekochten Eiern, roten Rüben oder auch mit Blätterteig. Eine Schüssel mit Koteletts gewährt einen appetitlichen Anblick, wenn jedes Knöchelchen mit einer kleinen Papierrüsche versehen ist.

Fische dürfen niemals auf der Seite liegen, sondern man stellt sie mit dem Rücken nach oben. Die Schüssel erhält einen Ausputz von Endivien- oder Selleriesalat. Den Fisch belegt man mit gehackten Eiern, Champignons etc. Gebackene Fische garniert man mit Zitronenscheiben; Fleisch-, Fisch- und Kartoffelsalat gewinnen sehr, wenn man sie mit gerollten Sardellen oder Heringsstreifen garniert. Zum Ausputz für Heringssalat dienen schmale Streifen von Räucherlachs und Pfeffergurken, Kirschen, gehackte Eier, das Eiweiß und Eigelb gesondert, Kapern, Perlzwiebeln u.s.w.

Kartoffelbrei wird bergartig aufgehäuft, mit brauner Butter begossen und mit geriebener und in Butter gerösteter Semmel bestreut. Grünkohl richtet man mit Kastanien oder ausgestochenen, in Zucker gewälzten und in Butter gebratenen Kartoffeln an. Spinat garniert man mit hartgekochten Eiern, welche man in Viertel teilt und mit brauner Butter begießt. Spargel legt man der Länge nach neben- und übereinander, weil sie auf diese Art bequem zu nehmen sind. Feine Gemüse nach dem Braten serviert man ohne Beilage.

Puddings, Crèmes etc. gewinnen sehr, wenn man sie in geschmackvoller Anordnung mit eingemachten Früchten belegt. Letztere müssen vorher auf ein Sieb zum Abtropfen gelegt werden, da der Saft sonst die Oberflächen der Speisen