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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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eigentlichen Ursprung in das Gehirn zu verlegen, wie es Dr. von Hoeßlin getan hat. Einhorn deutet demgegenüber darauf hin, daß die Abneigung gegen das Essen sich bei Leuten findet, die keinesfalls irgend eine Störung ihres Geisteslebens aufweisen, sondern nur als Folge einer ganz begreiflichen Furcht. Dennoch muß der Arzt der Sitophobie stets entgegentreten, denn sie führt notwendig zu einer Entkräftung in höherem oder geringerem Grade. Die Entkräftung ist auch ein ganz bestimmter Begriff für den Arzt, und man unterscheidet eine vollständige und unvollständige Entkräftung. Eine vollständige Entkräftung von kurzer Dauer (12-24 Stunden) kommt häufig vor, z. B. bei Reisenden, die auf langen Wanderungen Hunger leiden müssen, oder auch im Gefolge freiwilligen Fastens. Die Erscheinungen dieses Zustandes sind außer den Anzeichen der Körperschwäche nervöse Schmerzen z. B. im Kopf und Nacken, auch Schwindelgefühl. Aus den Beobachtungen an den sogenannten Hungerkünstlern weiß man, daß der menschliche Körper bei vollständiger Entkräftung noch ebenso viel Sauerstoff aus der Luft aufnimmt wie im gesunden Ruhestand; da er aber keine Ernährung von außen her erhält, so lebt er buchstäblich von seinem eigenen Fleisch und Fett, ohne dabei besonders zu sparen. Uebrigens scheint der Hungertod doch milder zu sein als der Dursttod, weil das Hungergefühl, das nach etwa 20 Stunden am heftigsten wird, allmählig verschwindet, während die Pein des Durstes bis zum Tode erhalten bleibt. Das Ableben tritt als Folge des Hungers gewöhnlich aus einem Zustand tiefer Betäubung, zuweilen allerdings auch unter Dilirien ^[richtig: Delirien] und Krämpfen ein. Erwachsene können 12-20 Tage leben, ohne irgend etwas zu sich zu nehmen, dagegen kann die Lebensdauer auf 40-70 Tage gesteigert werden, wenn der Betreffende wenigstens Wasser zu seiner Verfügung hat. Bis zum Eintritt des Hungertodes verliert der Mensch etwa ⅖ seines Körpergewichts. Viel bedeutsamer, viel häufiger sind die Fälle unvollständiger Entkräftung. Diese findet sich durchaus nicht nur bei solchen Leuten, die aus Mangel an Mitteln zu wenig essen, sondern auch als Folge falscher Vorstellungen über die nötige Nahrungsaufnahme. Der Mensch muß täglich etwa 4 Kg. oder etwa den 15. Teil seines Körpergewichts durch Nahrungsaufnahme ersetzen, bei anstrengender Arbeit entsprechend mehr. Nach L. N. N.

Ein Lehrbuch des Schlaraffenlebens.

Von Eduard Engel, Berlin.

(Schluß.)

Wer ein richtiger Eßkünstler ist, der kann es auf diesen Schiffen zu sieben großen und kleinen Mahlzeiten am Tage bringen. Ist er ein Frühaufsteher, so kann er nach seinem Morgenbade in einem bequemen Badezimmer - wofür beiläufig nichts bezahlt wird - ein "frühes-Frühstück", etwa um 7 Uhr, nehmen: Kaffee oder Tee mit frischem Gebäck und Butter nebst Eiern. - Um 8 Uhr bläst der Trompetersteward seine lockende Kavalleriefanfare zum ersten großen Frühstück, und an der schöngedeckten Tafel findet der überraschte Reisende, der vielleicht zum erstenmal auf einem dieser Schiffe fährt, die folgende Karte. - Ich schreibe einfach eine der von mir aufbewahrten Karten ab, und zwar nur mit deutschem Text:

Frühstück.

Apfelsinen

Wassermelone

Hafergrütze

Maisgries

Salzmakrele

Gebratene Steinbuttschnitte

Fischbälle mit Remoladensauce ^[richtig: Remouladensauce|

Beafsteak ^[richtig: Beefsteak] geröstet oder gebraten

Hammelkoteletten geröstet oder gebraten

Schildkröten-Ragout

Wiener Rostbraten

Hamburger Steak mit Colbertsauce

Schweinskoteletten

Yorkshire-Schinken und Speck

Eier in brauner Butter

Eierkuchen mit Käse

Rührei mit Spargelspitzen

Deutsche und französische Pfannkuchen

Buchweizenkuchen

Brat- und Salz-Kartoffeln

Schlangenkartoffeln

Fruchtgelee

Marmelade

Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade

Frische Milch und Sahne

Kalter Aufschnitt:

Rostbraten und Mettwurst

Ich denke, dies genügt zur Not für ein erstes Frühstück, und selbst der größte Gemütsmensch wird es schwerlich fertig bringen, auch nur den dritten Teil aller hier gegebenen Möglichkeiten auszukosten. Nicht gleichgültig ist es hierbei, daß die Speisekarte auch den Vegetarianern von der strengsten Richtung eine ausreichende und nicht einförmige Beköstigung bietet.

Zwischen 10 und 11 Uhr wird nach einem solchen ersten, oder eigentlich zweiten Frühstück ein drittes auf Deck heruntergereicht: Fleischbrühe mit den verschiedensten belegten Brödchen, und nach meinen Wahrnehmungen findet dieser Imbiß bei jedermann freundliches Entgegenkommen.

Um 1 Uhr kommt das vierte Frühstück, für das man wirklich mit einigem Recht das Fremdwort Lunch anwendet, mit einer gedruckten Speisekarte, von der ich gleichfalls eine Probe hersetze:

Lunch.

Sellerie-Suppe auf spanische Art

Kraftbrühe