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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

XII. Band. Nr. 51

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.

1903. 20. Juni. Inhalt: Wenn man kein Dienstmädchen hat! - Ferienversorgung! - Einiges über die Erdbeeren. - Haus- und Zimmergarten. - Einmachkunst. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate.

Wenn man kein Dienstmädchen hat!

Bei der jetzigen großen Dienstbotenkalamität ist es sehr natürlich, daß es Hausfrauen gibt, die auf den Gedanken kommen, ihren Haushalt allein, d.h. ohne Mithilfe eines Dienstmädchens zu besorgen. Auch hier ist "aller Anfang schwer", doch mit einigem guten Willen wird die Schwierigkeit bald überwunden sein. "Morgenstund hat Gold im Mund", das soll sich eine solche willensstarke Frau vorerst merken.

Will eine Frau ihren Haushalt selbst führen, so ist es nämlich vor allem notwendig, zeitig aufzustehen (vorerst soll sie sich waschen und kämmen, niemals lasse sie sich verleiten, ungekämmt und unordentlich gekleidet an die Hausarbeit zu gehen. Erstens ist dies ekelerregend für Mann und Kinder und zweitens kommt sie später absolut nicht mehr dazu und läuft alsdann womöglich den ganzen Vormittag unordentlich herum.) Milch, Brot und Fleisch läßt sich fast jeder ins Haus bringen, daher ein Gang zum Bäcker und zum Metzger überflüssig ist. Falls man keine Spetterin hat, ist es am praktischsten, wenn die Besorgungen auf den Abend zwischen 5 und 7 Uhr verlegt werden. Man wird erstens schneller bedient als am Morgen, wo alles sich drängt und pressiert ist, und gewinnt dadurch die Morgenstunden zur Hausarbeit. Wenn immer möglich, soll auch das Gemüse am Abend für den kommenden Tag geputzt und vorgerichtet werden, sind Kinder da, so soll diese Arbeit ihnen übertragen werden, sie tun sie gerne und dient ihnen als Erholung nach den Schulstunden. Es bleibt ihnen noch genügend Zeit zum Tummeln im Freien.

Keine Hausfrau versäume ferner, ihre Einkäufe in Mehl, Zucker, Kaffe ^[richtig: Kaffee], Kerzen, Seife, Reis, Gries etc. etc. in größeren Quantitäten zu machen, denn erstens erwächst ihr der Vorteil, gut und billiger einzukaufen, und zweitens beschränken sich ihre täglichen Gänge auf ein Minimum, da sie dann alle Zutaten, außer Fleisch, Gemüse und dergleichen im Hause hat.

Am Morgen nach dem Frühstück gehe man sofort an die Zimmerarbeit, dann bringe man die Kleider in Ordnung. Schuhe und Stiefel werden ebenfalls am besten am Abend gereinigt, event. auch durch die Kinder.

Als etwas sehr Unangenehmes wird bei dem Wirtschaften ohne Dienstmädchen die Reinigung der Treppen empfunden; aber auch hiefür gibt es Abhilfe; man übergebe diese Arbeit einfach jemanden im Hause. Ist dies nicht möglich, dann nehme man eine Spetterin hiefür, die täglich diese Arbeit gründlich besorge. Derartige Kosten kann eine Hausfrau schon am Heizmaterial ersparen, denn bekanntlich spart kein Mädchen an Holz und Kohlen. Ein Vergleich des Konsums an Feuerungsmaterial beim Selbstwirtschaften der Hausfrau oder beim Halten eines Dienstmädchens wird dies zur Genüge beweisen. Nimmt man nun alle vier Wochen eine Wäscherin, die auch etwa einen Tag zum Reinmachen beigezogen werden kann, so ist das noch lange keine Ausgabe, die die Höhe des Lohnes für das Mädchen erreicht. Der Lohn ist übrigens das Wenigste, am teuersten ist die Verpflegung, die ja zum größten Teil gespart wird. Mit einiger Umsicht und Uebung im Alleinwirtschaften wird die Frau bald auch die Nachmittage für sich übrig haben und schließlich immer mehr Zeit finden, auch ihren Geist zu beschäftigen.

Sicher würden viele Frauen in der Achtung der Männer steigen, wenn sie den Haushalt selbst führten, und unzweifelhaft manchen pekuniären Vorteil erzielen.

Wenn eine größere Anzahl von Frauen energisch ans Werk ginge, ihre schlechten Dienstboten entließen und selbst den Haushalt an die Hand nähmen, es würde nicht allzulange dauern, bis wir bessere Dienstboten hätten. Meiner Ansicht nach wäre dies der einzige und beste Weg dazu, ganz abgesehen davon, daß auch die vielfach zu hoch geschraubten Löhne sich naturgemäß auf ein vernünftiges Maß reduzieren ließen. E.