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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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das sicherste Mittel hält der Masure den Abendmahlswein. Wird er ihm von seinem evangelischen Seelsorger verweigert, dann sucht er den katholischen Priester auf. Aber auch der umgekehrte Fall kommt vor. In vielen Teilen Deutschlands kehrt der Glaube wieder, daß eine Krankheit auf einen Toten übertragen werden kann, der sie dann mit in das Grab nimmt. Iu diesem Zweck bestreicht man z. B. in Oldenburg das Gesicht der Leiche, am besten dasjenige eines unschuldigen Kindes, mit der Hand, darauf den erkrankten Körperteil und glaubt nun des Erfolges sicher sein zu können. Iu das Gebiet des Aberglaubens gehört auch die noch allenthalben auftauchende Vorstellung, daß gewisse Tiere bestimmte Krankheiten anziehen. Eine auf das herz gelegte Spiune nimmt das Fieber in sich auf, eine im Zimmer gehaltene Lachtaube zieht die Gicht, der Kreuzschnabel die Schwindsucht, die Katze den Rheumatismus an. Alle diese und ähnliche Gebräuche beruhen auf einer gänzlichen Verkennung der Entstehung und des Wesens der Krankheiten, und ein jeder einsichtsvolle Mensch sollte darum bestrebt sein, sich von diesen Widersinnigkeiten loszureißen und freizuhalten.
Wenn der Aberglaube in der Krankenstube auch nicht immer unmittelbar schadet, so verzögert er doch mindestens die Heilung. Niemals kann aber gegen einen Krankheitsprozeß der Kampf früh genug aufgenommen werden, denn hier vor allem gilt das Wort: Doppelt gibt. wer schnell gibt. B. T.
Mutter lißt mich nichts machen.
"Mutter läßt mich nichts machen!" gab Lina zur Antwort, als ich sie fragte, ob sie die in der Schulküche bereitete Suppe auch schon daheim gekocht habe. Andere der Schülerinnen gaben eine ähnliche Antwort, da und dort ist die "Abwehr" die Köchin, welche niemand an den Herd läßt.
Das ist aber auch der beste Weg, den Mädchen die Freude am Kochen, das Interesse an hauswirtschaftlicher Betätigung zu nehmen. Kommt dann die Zeit, da man aus Mägdenot oder wegen Krankheit die Hilfe des Töchterchens in Anspruch ueh-men muß, ja dann wird diese in den seltensten Fällen freudig geleistet. Und nicht nur das, die Hilfe selbst ist nicht groß, da man dem Töchterchen ja jede Betätigung untersagte, ihm keine Gelegenheit gab, das in der Schulküche Gelernte zu üben.
Da hat der Kochunterricht auch keinen großen Zweck: denn einmal wöchentlich demselben beiwohnen, mit» 11 oder 15 Kame-
radinnen hat für das Mädchen nur dann wirklichen Wert, wenn ihm die Mutter daheim Gelegenheit gibt, die Suppe, das Gemüse, das Fleisch usw., das es in der Kochstunde zubereiten durfte, auch daheim zu kochen. Da wird erst recht das Rezeptbuch studiert und mit Eifer ans Werk gegangen, Wenn's gilt, seinen jüngern Geschwistern zu imponieren, ihnen zu zeigen, was man schon kochen kann. Es ist ficher falsche Sparsamkeit, wenn eine Mutter ihr Mädchen nicht selbst probieren läßt. Viel geht nicht dabei zu gründe, aber gewonnen wird bei diesem Probieren. Denn, gelingt die Speise, wird die Zubereitung sogar gelobt, was gilt's, die junge Köchin wird eifriger und unternehmungslustiger und schließlich hat die Mutter an ihr eine lernbegierige Gehilfin.
Was schadet's, wenn so ein Mädchen den ganzen Abend hindurch Omelettes zubereitet, die eine vielleicht auf den Herd oder Boden fliegt, beim Wenden mit der Pfanne. Solches Mißgeschick kann auch einer geübten Köchin passieren, alles will gelernt sein.
"Mutter läßt mich nichts machen!" tönt's allemal so betrübt aus dem oder jenem Mädchenmund, wenn eine Kameradin stolz von ihren Kocherfolgen berichtet.
Die steten Klagen über Dienstbotenmangel sind wahrlich dazu angetan, die Mutter heranwachsender Mädchen zu lehren, der Hausarbeit vermehrte Beachtung zu schenken. Die meisten Mädchen sind so gerne bereit, zu helfen, sobald ihnen auch eine gewijse Freiheit bei der Arbeit gewährt wird. Wie freudig wird es seine Kochkunst zeigen, wenn es die Zustimmung dazu von der Mutter erhält.
Ist eine Mutter klug und einsichtig, so wird sie ihr Töchterchen ermuntern und an-eifern und es in ihrer Küche hantieren lassen. Dadurch wird das Interesse und das Verständnis an hauswirtschaftlicher Betätigung geweckt. Keine Mutter wird behaupten wollen, daß damit wenig, namentlich in jetziger Zeit, gewonnen sei! Mit Dankbarkeit und Freude wird jede Tochter, auch wenn ihr Beruf sie von hause wegführt, ihrer Küchenpraxis und Versuche gedenken, die sie mit Mutters Erlaubnis machen durfte.
Also laßt die Mädchen gewähren, wenn sie helfen wollen, wenn sie Erlerntes üben und erproben möchten. Dies ist ein Band mehr, mit dem ihr die Töchter an's haus, an's heim fesselt: Lust und Freude an der Arbeit wird damit geweckt und Geist und Körper werden dabei gesund bleiben. Gs.
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