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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Harrach

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Harrach (Ferd., Graf von)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Harrach'

die böhm. Linien des Geschlechts, das bereits in Urkunden des Stifts Hohenfurth aus dem 13. Jahrh. mehrfach erwähnt wird, allmählich ausstarben, nahm es in den deutschen Erdlanden einen großen Aufschwung, besonders als es sich mit der Erwerbung der Herrschaft Rohrau 1527 in Niederösterreich festsetzte. – Der Freiherr Karl von H. (1570–1628), der in österr. Interesse mehrere wichtige diplomat. Missionen ausgeführt hatte und Geheimrat Kaiser Ferdinands II. war, wurde von diesem 1627 in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben. Von seinen Töchtern vermählte sich Elisabeth mit Albrecht von Wallenstein, Maximiliana mit Graf Adam Terzky. Sein ältester Sohn, Ernst Albrecht von H. (1598–1667), war Kardinal und Erzbischof zu Prag, seit 1665 auch Fürstbischof zu Trient, und machte sich in der Geschichte der böhm. Unruhen bekannt. Von seinen Brüdern stiftete Karl Leonbard die 1886 erloschene Linie Rohrau (Fideikommiß seit 1628), Otto Friedrich die Linie zu Brück an der Leitha. Des letztern Sohn, Ferdinand Bonaventura von H. (geb. 14. Juli 1637, gest. 15. Juni 1706), der Vertraute Kaiser Leopolds, wurde 1697 als außerordentlicher Gesandter an den span. Hof geschickt, wo er sich bemühte, die Nachfolge der österr. Linie des Hauses Habsburg durchzusetzen. (S. Spanischer Erbfolgekrieg.) Er hinterließ «Mémoires et négociations secrètes» (2 Bde., Haag 1720). (Vgl. Gaedeke, Die Politik Österreichs in der span. Erbfolgefrage, 2 Bde., mit H.s Depeschen, Lpz. 1877.) – Sein vierter Sohn, Aloys Ludwig Thomas Raymund von H., geb. 7. März 1669, trat 1698 als Gesandter an des Vaters Stelle in Madrid, richtete jedoch noch weniger als dieser aus. Er wurde 1728 Vicekönig von Neapel, für dessen Wohl er eifrig wirkte, 1734 Konferenzminister und starb 7. Nov. 1742. Hervorragende Begabung und treuer Diensteifer für Maria Theresia zeichneten des letztern Sohn Ferdinand Bonaventura (1708–78) aus, der sich besonders als Generalstatthalter der Lombardei (1747–50) um diese verdient machte. – Der jüngste Sohn des Grafen Ferd. Bonaventura, Johann Joseph Graf H. (geb. 1678, gest. 1764), focht unter dem Prinzen Eugen von Savoyen in Italien, Ungarn und Serbien, kommandierte als kaiserl. Generalfeldzeugmeister mit großem Heldenmute das zweite Treffen in der Schlacht bei Peterwardein (1716) und bei der Belagerung von Belgrad (1717), wurde bald darauf Feldmarschall und nach dem Tode des Prinzen Eugen von Savoyen Präsident des Hofkriegsrates. – Graf Friedrich August von H., Sohn des Grafen Aloys Ludwig, geb. 1696, war kaiserl. Botschafter bei dem Friedenskongreß zu Breda in Holland 1740 und vermittelte den Frieden zu Dresden mit König Friedrich II. von Preußen. Obschon Vertrauensmann der Kaiserin Maria Theresia, stand er als einflußreiches Mitglied des österr. Adels in Opposition gegen ihre aristokratischen und centralistischen Absichten in Bezug auf die Organisierung und Verwaltung des Reichs. Er starb 1749 als letzter böhm. oberster Hofkanzler. – Graf Karl Borromäus von H., ein Urenkel des Grafen Aloys L. Th. Raymund von H., geb. 11. Mai 1761, studierte in Wien die Rechte und nebenbei Heilkunde, erregte durch seinen lebhaften Geist die Aufmerksamkeit Josephs II. und wurde znm Regierungsrat in Prag ernannt. Nach Josephs Tode legte er dies Amt nieder, trat in den Johanniterorden und ging ↔ auf Reisen, um sich in der Arzneiwissenschaft auszubilden. Nachdem er 1803 die mediz. Doktorwürde erlangt, übte er 25 Jahre lang in Wien unentgeltlich die Heilkunde aus. 1806 trat er in den Deutschen Orden über und leitete seit 1814 das Elisabethinerinnenspital in Wien, dem er auch sein ganzes Vermögen hinterließ. Er starb 19. Okt. 1829 zu Wien. – Sein älterer Bruder, Graf Johann Nepomuk Ernst von H., geb. 17. Mai 1756, gest. 11. April 1829, seit 1779 Regierungsrat, seit 1785 Wirkl. Reichshofrat unter Kaiser Joseph II., machte sich als Freund von Kunst und Wissenschaft sowie als Förderer der Linnen- und Eisenindustrie auf seinen Gütern verdient. Die Tochter seines jüngsten Bruders, des Grafen Ferdinand von H., und seiner ersten Gemahlin Christine, geborenen Freiin Raysky, Gräfin Auguste von H., geb. 10. Aug. 1800, lernte in Teplitz der König von Preußen, Friedrich Wilhelm III., kennen, der sich zu Charlottenburg 9. Nov. 1824 morganatisch mit ihr vermählte und ihr an demselben Tage den Titel einer Fürstin von Liegnitz und Gräfin von Hohenzollern verlieh. Sie starb 5. Juni 1873 zu Homburg. Ein Neffe derselben, Graf Ferdinand von H. (s. d.), geb. 27. Febr. 1832, hat sich als Maler rühmlichst bekannt gemacht. – Der älteste Sohn des 1884 gestorbenen Grafen Franz von H., Graf Johann Nepomuk von H., geb. 2. Nov. 1828, jetziges Haupt der jüngern (Brucker) Linie sowie seit dem 1886 erfolgten Erlöschen der ältern Linie Erbe von Rohrau und Chef des Gesamthauses, erbliches Mitglied des österr. Herrenhauses, Magnat in Ungarn und k. k. Geheimrat, ist ein eifriger Anhänger der Czechen, legte aber wegen der Fortschritte des Jungczechentums 1893 sein böhm. Landtagsmandat nieder.

Harrach, Ferd., Graf von, Maler, geb. 27. Febr. 1832 zu Rosnochau in Schlesien, studierte seit 1852 in Berlin die Rechte und bezog dann die Kunstschule in Weimar, wo er sich unter Leitung von Kalckreuth, Ramberg und Pauwels ausbildete. Schon hatte sich der Künstler durch zahlreiche Werke, wie Gemsjagd (Deutscher Kaiser), Martinswand (Großherzog von Weimar), Schottische Fischerfamilie (Kaiserin Friedrich), hervorgethan und eben den Überfall Luthers auf der Rückkehr von Worms (Museum in Breslau) vollendet, als der Krieg von 1870/71, den H. wie jenen von 1866 mitmachte, seiner Kunst für mehrere Jahre eine andere Richtung gab. Denn nun folgten nach abermaligem Aufenthalt in Italien (1872-73) die drei Bilder: Aus den Weinbergen von Wörth, Vorgeschobener Posten am Mont-Valérien und General Reille überbringt am Abend der Schlacht von Sedan dem Könige von Preußen den Brief des Kaisers Napoleon, welchen bald ein viertes: Moltke mit seinen Adjutanten in seinem Observatorium vor Paris, folgte. Darauf kehrte der Künstler wieder zu romantischen und religiösen Stoffen zurück, von welchen 1877 Des Seekönigs Tod, 1878 Die Verkündigung an die Hirten und Das Opfer Abrahams, 1879 Die Verleugnung Petri (Museum in Breslau) und 1881 Die Versuchung Christi sein Atelier verließen. In allen ist die landschaftliche Scene mit großen Beleuchtungseffekten wesentlich. In vielen andern ist die Landschaft sogar überwiegend, wie im Abend am Thunersee (1881), in dem Übergang über eine Lawine (1884) und in Abgestürzt (1886; Berliner Nationalgalerie). Seither ist er vorzugsweise als Maler von Bildnissen thätig. H. ist seit 1873 Mitglied der Berliner Akademie.