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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Witt; Wittmann; Witugebiet

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Witt - Witugebiet.

toria Nyanza zu beginnen. Das Ergebnis der Sammlung, an der sich auch der Kaiser mit 3000 Mk. beteiligte, war ein so reiches, daß die Ausführung des Dampfers, der den Namen Hermann W. tragen soll, einer Hamburger Werft übertragen werden konnte. Am 2. Nov. reiste W. von Berlin ab, um sich nach Deutsch-Ostafrika zurückzubegeben, wo er zunächst die Aufgabe lösen sollte, den deutschen Einfluß im östlichen Seengebiet zu befestigen und dessen Verbindung mit der Küste zu sichern. Anfang Dezember traf W. in Sansibar ein, wo ihn zuerst die Angelegenheit Emin Paschas beschäftigte, der über seine Befugnisse hinausgegangen war (s. Schnitzer). Am 1. Jan. 1891 nahm W. auf Befehl des deutschen Kaisers durch Heißung der deutschen Flagge Besitz von dem Küstenstrich, den der Sultan von Sansibar abgetreten hatte, und 13. Jan. unternahm er von Pangani aus mit vier Kompanien der Schutztruppe einen Zug nach Masinde und dem Kilima Ndscharo, um gegen einige aufständisch gewordene Stämme wegen Räubereien und Sklavenhandels vorzugehen. Nachdem er die Massai und die Aruscha chini zur Rechenschaft gezogen und bestraft, hatte er einen ernsten Kampf mit den Kiboscho zu bestehen, von denen 200 fielen, 60 verwundet und 50 gefangen wurden, während der Verlust auf deutscher Seite 2 Tote und 15 Verwundete betrug. Dann gründete er 15. Febr. eine befestigte Station in Moschi am Kilima Ndscharo. Nachdem der Führer des Aufstandes, der Häuptling Machemba, um einen Waffenstillstand behufs Friedensverhandlungen nachgesucht, kehrte W. zurück und traf 15. März in Bagamoyo ein. Nach der Organisation der Verwaltung von Deutsch-Ostafrika, die 1. April 1891 in Kraft getreten ist, wurde W. als Kommissar zur Verfügung des Zivilgouverneurs v. Soden gestellt, unternahm aber zuvor eine Urlaubsreise nach Deutschland.

Witt, Julius, Männergesangskomponist, geb. 14. Jan. 1819 zu Königsberg i. Pr., erwarb sich seine musikalische Bildung durch Selbststudium und wirkte als Gesanglehrer in seiner Vaterstadt; starb 8. Nov. 1890 daselbst. Allgemeine Verbreitung sanden seine Männerquartette: »Die Thräne«, »Wunsch«, »Nur im Herzen wohnt die Liebe« und »Wann du im Traum wirst fragen«.

Wittmann, Hugo, Schriftsteller, geb. 1839 zu Ulm, lebte längere Zeit als Schriftsteller in Paris, wo er auch Musikberichte für französische Blätter schrieb, wurde 1869 Berichterstatter der Wiener »Neuen Freien Presse«, in deren Redaktion er 1872 als Feuilletonist eintrat. Außer einigen Lustspielen und Operntexten (»Der Feldprediger«, »Die sieben Schwaben«, »Heini von Steier«, »Wilddiebe« u. a.) schrieb er: »Musikalische Momente«, Geschichten und Erinnerungen (Leipz. 1879); »Fabuliertes«, Erzählungen und Skizzen (Berl. 1880); mit Ludw. Speidel: »Bilder aus der Schillerzeit« (Stuttg. 1884). Er ist Korrespondent des Pariser »Figaro«, des »Journal de St. Pétersbourg« (Sonntagsbriefe) etc.

Witugebiet. Die deutsche Witugesellschaft besaß zu geringe Geldmittel, um in dem von ihr erworbenen Gebiet nördlich von Kipini größere Anlagen zu machen; außerdem blieb der Handel unbedeutend, da die englische Schiffsgesellschaft den Verkehr mit Lamu nur unregelmäßig besorgte. Ohne den Besitz der Inseln Lamu mit ihrem guten Hafen, Manda und Patta war die deutsche Kolonie nicht lebensfähig. Auf diese Inseln erhoben sowohl der Sultan von Witu als der Sultan von Sansibar Ansprüche, und wenn dieser zunächst nur Lamu infolge eines Schiedsspruches erhielt, so besaß er doch auch auf die beiden andern Inseln bessere Anrechte als sein Nebenbuhler. Der Sultan von Sansibar überließ dann Lamu gegen einen Pachtzins an die Britisch-Ostafrikanische Gesellschaft. Da sich die deutsche Witugesellschaft nicht mehr halten konnte, verschmolz sie durch Vertrag vom 10. Mai 1890 mit der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, welche in ihre Rechte im W. eintrat. Inzwischen hatte der deutsche Generalkonsul Michahelles aus Sansibar 5. April einen Schutzvertrag mit dem Sultan Fumo Bakari von Witu geschlossen, der sich dem deutschen Einfluß anfangs sehr geneigt zeigte. In seinen Gesinnungen trat aber ein völliger Umschwung ein, als er erfuhr, daß durch das deutsch-englische Abkommen vom 1. Juli 1890 das Deutsche Reich auf die Schutzherrschaft über Witu verzichtet habe. Jenes gab außerdem die an Witu grenzende Küste bis Kismaja und alle Ansprüche auf die Inseln Patta und Manda auf: die Schutzhoheit über Witu sollte auf Großbritannien übergehen, doch erkannte dieses die Souveränität des Sultans über das Gebiet von Kipini bis zur Insel Kweihu an. Die unter den Wituleuten mehr und mehr um sich greifende Mißstimmung gegen die Deutschen führte bald zu einer Katastrophe. Als nämlich ein bayrischer Landwirt, Andreas Küntzel, Ende August in Lamu landete und bei Mkonumbi auf dem Gebiete des Sultans eine Sägemühle anlegen wollte, versagte letzterer seine Einwilligung, ließ Küntzels Begleiter im Utuaniwalde festnehmen, nach der Stadt Witu bringen und entwaffnen. Als Küntzel hier auch erschien und öffentlich Schmähungen gegen den Sultan ausstieß, wurde er 15. Sept. mit den Seinigen von den Wituleuten erschossen, noch bevor der vom Sultan zur Beilegung der Streitigkeiten herbeigerufene Vertreter der Witugesellschaft, K. Töppen, herbeieilen konnte. Wieweit der Sultan an diesem Gemetzel beteiligt war, ist nicht aufgeklärt worden. In den nächsten Wochen wurden von den Wituleuten mehrere Ansiedelungen der Europäer niedergebrannt und ihre Bewohner, sofern sie sich nicht geflüchtet hatten, ermordet. Um diese Gewaltthaten zu strafen, landete der englische Admiral Freemantle in Lamu, trieb die sich zur Wehr setzenden Eingebornen zurück und eroberte und zerstörte 28. Okt. die Stadt Witu. Die Nachrichten über die neuesten Ereignisse sind lückenhaft. Es verlautet nur, daß in der Nacht vom 10. Jan. 1891 Wituleute einen Ort auf der Insel Manda überfielen und niederbrannten. In derselben Nacht starb Sultan Fumo Bakari am Blutsturz. Sein Bruder Bana Schech, der seit mehreren Jahren im Gefängnis saß, folgte ihm zunächst in der Regierung, wurde aber 16. Jan. von seinem jüngern Bruder, Fumo Omari, gestürzt, der nun als Sultan regiert. An Bord des englischen Kriegsschiffs Mariton, das Mitte Januar vor Lamu erschien, fanden bald darauf Unterhandlungen zwischen dem englischen Generalkonsul Evan Smith, Sir Francis de Winton und den Abgesandten des Sultans statt, die 25. Jan. zur Aufhebung des über Witu verhängten Belagerungszustandes führten, wogegen der Sultan sich verpflichtete, 12 Eingeborne, darunter den berüchtigten Bana Heri, die an dem Deutschenmord in Mkonumbi u. a. O. beteiligt waren, auszuliefern und die Europäer für ihre Verluste zu entschädigen. England benutzte diese Gelegenheit, um seine Schutzhoheit über das gesamte Wituland zu proklamieren, wozu denn auch die Familie des verstorbenen Sultans ihre Zustimmung gab. So ist das Sultanat Witu ein Bestandteil von Britisch-Ostafrika (s. d.) geworden. Auch das jetzt der Deutsch-^[BINDESTRICH!]