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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Glas

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Glas'

  • und mit Hilfe des Sandstrahles;
  • 4) Arbeiten mit Anwendung des Muffelofens.

1) Raffinieren am Schmelzofen. Hierher gehört zunächst das Überfangen von weißem oder opakem G. mit gefärbtem G. Der Arbeiter, welcher ein Stäbchen aus ersterm G. angefertigt hat, taucht dasselbe, nachdem es genügend aufgeblasen und bearbeitet wurde, in einen zweiten Hafen, in welchem sich das gefärbte Überfangglas befindet; er bringt dadurch eine dickere und dünnere Schicht des gefärbten G. auf die Oberfläche des Grundglases und verarbeitet beide Schichten gemeinsam, als ob sie aus einer Sorte G. bestünden. Unter Umständen kann noch eine dritte Schicht farblosen G. durch Überfang aufgebracht werden. Eine zweite Art des Überfangens wird auf folgende Weise bewerkstelligt: Der Arbeiter bläst an der Pfeife eine Kugel und öffnet dieselbe zu einer Glocke. In diese Glocke fügt er den inzwischen an einer zweiten Pfeife angeblasenen Kolben von farblosem G. ein und schneidet dann die farbige Glocke zur weitern Bearbeitung von der Pfeife ab. Eng daran schließt sich eine andere Art des Überfangens, die Verarbeitung der Rubingläser in Zapfen (s. Glaszapfen). Gefärbte Lampenschirme, Glasvasen u. dgl. m. werden fast immer durch Überfang hergestellt, wenn das Grundglas nicht in der gewünschten Farbennuance verschmolzen werden kann, oder wenn das gefärbte G. zu kostspielig ist, um dasselbe massiv zu verarbeiten.

Über die zur Färbung des G. erforderlichen Metalle und deren Verbindungen s. Glasfärbungen.

Hierher gehören auch einige Arten der Glasverzierung, welche besonders in Venedig zu hoher Vollendung gebracht wurden: die Herstellung von Brokat- oder Flimmerglas, welches aussieht, als ob Gold untergelegt wäre, von Filigranglas (Fadenglas, Brokatglas), Petinet, Reticello, Ritorto (s. Millefiori).

2) Glasschleifen bezweckt, entweder dem G. die für den Gebrauch nötige Form zu geben oder vollkommen ebene Flächen zu erzeugen, oder endlich dem G. einen auf andere Weise nicht in gleicher Vollkommenheit erreichbaren Schmuck zu verleihen. Dementsprechend unterscheidet man drei Arten von Glasschleiferei, die sich auch durch die zur Verwendung gelangenden Hilfsmittel wesentlich unterscheiden:

  • a. Schleifen von optischem G. (s. Linsen);
  • b. das Schleifen der Spiegelgläser (s. Spiegelglas) und
  • c. das Schleifen und Polieren von Hohlglaswaren.

Allen drei Gruppen der Glasschleiferei sind die Schleifmaterialien selbst gemeinsam; zum Rauhschleifen wird grober Sand oder Schmirgel verwendet, zum Feinschleifen (Doucieren oder Dossieren) feiner (geschlämmter) Schmirgel; das Polieren geschieht mit Holz-, Tuch- oder Lederscheiben unter Anwendung von Englischrot u. dgl. als Schleifmaterial.

Das Schleifen des Hohlglases geschieht entweder auf Schleifbänken mit horizontaler Scheibe (Arbeit des Schleifers), um Bodenflächen, Ränder von Bechern u. dgl. eben zu schleifen, oder auf Bänken mit vertikalem Schleifrade (ähnlich dem in nachstehender Figur dargestellten, nur in viel größern Dimensionen) zur Herstellung von Kannelierungen, Einschnitten, zum Ausheben von Brillantschliff und für alle Arbeiten, welche sich auf unregelmäßig gekrümmte Flächen beziehen (Arbeit des Kuglers).

Zur Herstellung feinerer, eingeschossener Figuren, zum ↔ Gravieren von Zeichnungen und Buchstaben bedient man sich der in nachstehender Figur dargestellten Schneidbank.


Textfigur:

Die Spindel der Bank trägt ein kleines Kupferrad, das von Zeit zu Zeit mit Schmirgelbrei befeuchtet wird. Der Graveur führt nun das G. mit großer Geschicklichkeit gegen das schnell rotierende Rädchen, das im Augenblick der Berührung mehr oder weniger tief in das G. eingreift. Jede Berührung erzeugt einen Punkt, jede Bewegung des G. einen Strich auf demselben. Die Geschicklichkeit mancher Graveure erzielt oft bewunderungswürdige Kunstwerke, die den Relieffiguren berühmter Ciseleure nicht nachstehen.

3) Mattieren des G., Herstellung einer matten Oberfläche auf G., kann durch Rauhschleifen, durch Ätzen mit Fluorverbindungen oder endlich nach dem von C. Tilghman erfundenen Verfahren durch Blasen von Sand gegen das G. erfolgen. Wässerige Flußsäure greift das G. an, erzeugt aber nur Vertiefungen, keine matten Flächen. Gasförmige Flußsäure dagegen, und ebenso saure Fluorverbindungen der Alkalienmetalle erzeugen matte Flächen von seinem Korn. Um mattgeätzte Figuren auf G. zu erhalten, wird dieses mit einer schützenden Schicht von Wachs bekleidet. Der Künstler zeichnet die Figur in das Wachs ein und der Glaskörper wird hierauf der Einwirkung der Fluorverbindungen ausgesetzt. Diese Ätzungen zeichnen sich durch große Feinheit des Korns aus. Um rauhe Flächen mit grobem Korn zu gewinnen, arbeitet man besser nach der Methode Tilghman mit dem Sandstrahlgebläse (s. d.). Ein heftiger Luftstrom führt Sand gegen das zu mattierende G. und erzeugt in wenigen Sekunden eine matte, rauhe Oberfläche.

4) Raffinerie unter Anwendung des Muffelofens. Die Muffel wird verwendet

  • a. zum Einbrennen von Email und Glasmalerei;
  • b. zum Lasieren (s. d.), Rubinieren oder Gelbätzen des G.;
  • c. zum Einbrennen der verschiedenen Arten der Vergoldung und Platinierung (s. Glanzgold).

Die Technik der Glasmalerei ist mit der Porzellanmalerei (s. d.) nahe verwandt. Die Flüsse und Pigmente der Glasmalerei sind allerdings verschieden von denen der Porzellanmalerei und müssen dem Ausdehnungskoefficienten des G. angepaßt sein. Ein weiterer Unterschied besteht auch darin, daß die Wirkung der Glasmalerei vielfach für durchfallendes, die Porzellan- und Majolikamalerei nur für zurückgeworfenes Licht berechnet ist.

Die Zahl der Glashütten beträgt im Deutschen Reiche etwa 400 mit etwa 35000 Arbeitern. Die Hauptsitze der Erzeugung sind für Tafelglas die Rheinprovinz, Westfalen und Schlesien; für grünes Hohlglas Königreich Sachsen, Saarbezirk, Provinz Hannover und Mark Brandenburg; für weißes HohI-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 44.