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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Borstenfäule – Borstickstoff

durch das heiße Wasser an Elasticität verlieren); in manchen Gegenden wird Harz auf das Tier gestreut, und werden diese B. auch Harzborsten genannt. Man zieht die B. des wilden Schweins denen des zahmen, die aus nördl. Ländern denen aus südlichern Gegenden, die von alten Tieren denen von jungen vor und schätzt rein weiße oder schwarze höher als andersfarbige. Gelbliche B. können durch Bleichen mittels schwefliger Säure heller gemacht werden; auch künstliche Färbung findet zuweilen statt; graue B. werden mittels Bleizucker und starkem Kochen schön und haltbar schwarz gefärbt, deshalb auch viel mehr schwarze Bürsten, wie z. B. Wichsbürsten u. s. w., in den Handel kommen. Weiche B. durch Leimwasser steif zu machen, ist ein auf eine Täuschung berechnetes und leicht zu erkennendes Verfahren, welches jedoch selten mehr vorkommt, da steife Surrogate weit mehr verwendet werden. Die meisten und besten B. kommen aus Rußland, Polen, Ungarn und den Donauländern, weniger geschätzte Sorten aus China und Ostindien. Bei Anfertigung der Bürsten findet zuweilen eine Verfälschung der B. statt durch Einmengung der starken Fasern des Aloehanfs (aus den Blättern der Agava americana L. und mexicana Lam.), welche an Elasticität und Dauerhaftigkeit den B. weit nachstehen. Auch andere Surrogate aus dem Pflanzenreiche, wie die Reiswurzeln, die Piassava- und die Kokosnußfaser, werden in neuerer Zeit anstatt der B. in der Bürstenfabrikation angewendet. Der Hauptmarkt für B. ist Leipzig, wo nicht nur zu den Messen der Artikel gehandelt wird und nach England, Frankreich, Amerika u. s. w. Absatz findet, sondern auch außerdem jährlich zwei Borstenmärkte abgehalten werden. England hat trotz seiner bedeutenden Schweinezucht gar keinen Ertrag an B., da es seine alten Landschweine hat aussterben lassen und die jetzigen, durch künstliche Zucht erzeugten Tiere fast nackt sind. Die Versendung der B. geschieht in Fässern von leichtem Holze, die oft sehr umfangreich sind. Die Einfuhr von B. im Deutschen Reiche (allerdings inkl. Borstensurrogate) ist von 1610000 kg im J. 1880 auf 2710900 kg im J. 1890 gestiegen. Die Ausfuhr betrug im gleichen Zeitraum 1532900 kg. Die beste Sorte B. kostet 15 M. pro 1 kg.

Borstenfäule, s. Skorbut der Schweine.

Borstenferkel (Aulacodus swinderianus Tem.), Nagetier aus Süd- und Mittelafrika von etwa 50 cm Länge, oberseits braun, unterseits hellgrau gefärbt.

Borstengras, s. Nardus.

Borstenhirse, Gräsergattung, s. Setaria.

Borstenigel, s. Madagaskarigel.

Borstenkiefer (Chaetognathae), s. Pfeilwürmer.

Borstenlilie, Pflanzengattung, s. Aristea.

Borstenschwänze oder Lepismiden (Lepismatidae), eine Familie der Thysanuren, Insekten mit länglichem, gewölbtem, mit metallglänzenden Schüppchen bedecktem Körper, der hinten in drei Borsten, eine längere mittlere und zwei kürzere seitliche, ausläuft. Die Fühler sind lang und borstenförmig, die Beine kurz, aber kräftig. Die B. leben unter Steinen, in faulem Holz, in feuchten Räumen menschlicher Wohnungen u. s. w. Die bekannteste Art ist das Silberfischchen (s. d.).

Borstenstachelschwein, s. Stachelschweine.

Borstenträger (Setigera), s. Schweine.

Borstenwürmer (Chaetopoda), Ordnung der Gliederwürmer (s. d.). Die überall und namentlich am Kopfe entwickelten Anhänge sind sehr verschieden (meist faden- oder blattförmig) gestaltet und fungieren teilweise als Sinnesorgane (Fühler, Cirren am Kopfe) oder Kiemen. Der äußerlich sichtbaren Gliederung des Leibes entspricht auch die innere; die einzelnen Metameren sind durch häutige Septen (Dissepimente) voneinander getrennt. Den Kopf bilden zwei Segmente, deren vorderes als Kopf- oder Stirnlappen die Mundöffnung überragt. Die innere Organisation entspricht der der Anneliden im allgemeinen. Nach der Zahl der Borsten unterscheidet man 1) Polychäten (Polychaetae, Vielborster), ausnahmslos marine Formen, deren deutlich abgesetzter Kopf mit wohlentwickelten Sinnesorganen (Augen, Fühlern u. s. w.) ausgestattet ist. Sie sind getrennten Geschlechts; die Geschlechtsprodukte werden zur Zeit der Reife durch die Segmentalorgane nach außen befördert. Aus den Eiern schlüpfen mit Wimperkränzen ausgestattete Larven, die sich durch Metamorphose in die Geschlechtstiere umbilden. Auch eine ungeschlechtliche Vermehrung durch Querteilung, seltener durch Knospung kommt vor. (S. Tafel: Würmer, Fig. 33.) Ein Teil der Polychäten lebt frei (Polychaetae errantes, Errantia). Es gehören hierher u. a. die Nereïden (Nereïdae), z. B. Nereïs pelagica der Nordsee (Fig. 26) und die Seeraupen (Aphroditidae), deren zahlreiche Borsten im Lichte oft irisieren und glänzen, so bei Hermione hystrix Savigny (Fig. 15). Die festsitzenden Polychäten (Polychaetae sedentariae, Tubicolae), deren Körper oft in mehrere ungleichartige Abschnitte zerfällt, leben in selbstgefertigten Röhren und besitzen im Umkreise der Mundöffnung sehr zahlreiche und zierliche Cirren zur Herbeiholung der Nahrung. Es gehören hierher die Serpuliden (Serpulidae, Kalkröhrenbewohner), in allen Meeren zu Hause, z. B. Serpula vermicularis L. und Vermilia conigera (Fig. 24 a u. b, in ihren Röhren), Serpula contortuplicata (s. Tafel: Meerwasser-Aquarium, Fig. 12); ferner die Terebelliden (Terebellidae), die ihre Röhren aus kleinen Fremdkörpern zusammenkleben, z. B. Terebella emmalina Quatref. (aus der Röhre herausgenommen, s. Tafel: Würmer, Fig. 18). Im Sande aller Meeresufer leben oft in ungeheurer Menge die Sandwürmer (Arenicolidae), deren bekanntester Vertreter, der Pier oder gemeine Sandwurm (Arenicola piscatorum Lamark, Fig. 25), als Angelköder dient. Diesen Polychäten stehen gegenüber 2) die Oligochäten (Oligochaetae, Wenigborster), deren Körper keinerlei Anhänge, und auf den nur schwach hervortretenden Parapodien auch nur wenige (gewöhnlich nur zwei) und kleine, einfach gestaltete Borsten trägt. Sie sind Zwitter und durchlaufen keine Verwandlung. Die Oligochäten leben teils im Süßwasser und vom Schlamme (Oligochaetae limicolae), wie die Wasserschlängelchen oder Naïden (Naïdae, z. B. Naïs proboscidea, Fig. 19), die sich auch ungeschlechtlich durch Teilung fortpflanzen, oder sie leben in feuchter Erde (Oligochaetae terricolae). Der bekannteste Vertreter dieser Erdwürmer ist der gemeine Regenwurm; es gehört hierher u. a. der rote Regenwurm (Lumbricus rubellus, Fig. 31). (S. Regenwürmer.)

Borstickstoff, Stickstoffbor, BN, eine Verbindung von Bor und Stickstoff, entsteht beim Erhitzen von amorphem Bor in Stickstoff oder Ammoniakgas. Am leichtesten erhält man ihn durch Glühen von Borax mit Salmiak und Ausziehen des mitgebildeten Chlornatriums mit Wasser. Er geht