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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fettleder – Fettsucht

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Fettleber'

Gallenabsonderung über allerhand Verdauungsstörungen (Appetitlosigkeit, Aufstoßen, Verstopfung u. dgl.), verfallen auch wohl in hypochondrische Stimmung. Die F. ist recht wohl einer Rückbildung zum normalen Zustand und damit einer Heilung zugänglich, doch ist hierzu ein konsequent und lange fortgesetztes energisches diätetisches Verhalten durchaus erforderlich. Kranke mit F. müssen für ausreichende körperliche Bewegung sorgen und sich aller fetten, süßen und stärkemehlreichen Nahrungsmittel, der alkoholischen Getränke sowie des Nachmittagsschlafs enthalten; auch pflegt der wiederholte kurmäßige Gebrauch der Quellen von Karlsbad, Marienbad, Kissingen und Homburg die Beseitigung der F. zu befördern.

Fettleder, Crownleder, ein Leder, zu dessen Herstellung man die vorbereitete Haut erst in eine Alaunkochsalzlösung bringt und dann mit einem aus Mehl, Hirn und Klauenfett bestehenden Brei bearbeitet.

Fettleibigkeit, s. Fettsucht.

Fettmännchen, Pflanze, s. Valerianella.

Fettmetamorphose, s. Verfettung.

Fettpflanzen oder Sukkulenten, alle durch stark fleischige Ausbildung von Blättern oder Stengeln ausgezeichneten Pflanzen. Sie gehören den Familien der Kakteen, Crassulaceen, Euphorbiaccen, Amaryllidaceen (Agaven), Asklepiadeen, Portulaccaceen, Aizoaceen, Liliaceen und Kompositen an. Das charakteristische Aussehen steht jedenfalls in Beziehung mit den klimatischen Verhältnissen, unter denen sie vorkommen. Sie sind zum größten Teile Bewohner von Gegenden, in denen lange Perioden von Trockenheit von nur kurze Zeit andauernden, aber sehr ausgiebigen Regengüssen unterbrochen werden. Während dieser Regenzeiten sind die F. im stande, in ihren fleischigen Teilen große Mengen von Wasser aufzuspeichern, und durch ihre starke mit Kalkschuppen bedeckte Oberhaut gegen eine schnelle Verdunstung geschützt. Wegen ihrer eigentümlichen oft bizarren Formen haben viele F. für die Gärtnerei große Wichtigkeit erlangt. (S. auch Kakteen.) Sie werden sowohl zu Dekorationszwecken wie auch als Zimmerpflanzen verwendet. – Vgl. Rümpler-Schumann, Die Sukkulenten, F. und Kakteen (Berl. 1892).

Fettreihe, s. Fettverbindungen.

Fettsäuren, eine Gruppe oder homologe Reihe einbasischer organischer Säuren von der allgemeinen Formel CnH2nO2. Sie leiten sich von der Ameisensäure H•COOH dadurch ab, daß das am Kohlenstoff befindliche Wasserstoffatom durch Alkoholradikale vertreten wird. Viele derselben, namentlich die höhern Glieder, sind in den Fetten (s. d.) als Glycerinester enthalten. Es gehören hierher außer der Ameisensäure die folgenden Säuren:

CH3•COOH=C2H4O2__Essigsäure (Methylcarbonsäure)
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C3H6O2_____Propionsäure__________C14H28O2_____Myristinsäure
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C4H8O2Buttersäure____C16H32O2_____Palmitinsäure
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C5H10O2Valeriansäure____C17H34O2Margarinsäure
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C6H12O2Capronsäure____C18H36O2Stearinsäure
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C7H14O2Önanthsäure____C20H40O2Arachinsäure
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C8H16O2Caprylsäure____C22H44O2Behensäure
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C9H18O2Pelargonsäure____C25H50O2Hynänasäure
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C10H20O2Caprinsäure____C27H54O2Cerotinsäure
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C12H24O2Laurinsäure____C30H60O2Melissinsäure

Die vier ersten Glieder mit den Buttersäuren sind leicht bewegliche, scharf saure, in Wasser sehr leicht lösliche Flüssigkeiten, von da an werden sie öliger und im Wasser immer schwerer löslich, von der Caprinsäure an sind sie bei gewöhnlicher ↔ Temperatur fest, die Stearinsäure schmilzt erst bei 69°. Die höchsten Glieder sind nicht mehr unzersetzt destillierbar. Von der Buttersäure (s. d.) an sind von jedem Gliede dieser homologen Reihe Isomere möglich, und zwar umsomehr, je höher die Anzahl der Kohlenstoffatome ist. Die F. sind nach sehr zahlreichen Methoden synthetisch darstellbar; eine sehr allgemein anwendbare Methode beruht auf den Synthesen durch Acetessigester (s. d.).

Fettschabe (Pyralis s. Aglossa pinguinalis L.) oder Fettzünsler, ein 32 mm klafternder Kleinschmetterling mit grauen, seidenartig glänzenden Flügeln, von denen die vordern mit zwei dunkeln, außen hellern Querbinden unbestimmt gezeichnet sind. Die glänzend braune Raupe nährt sich den ganzen Sommer durch von allerlei tierischen Substanzen (Speck, Talg, Butter u. s. w.) und ist in unsern Wohnungen, besonders in ältern Gebäuden nicht selten.

Fettschwanzschaf, Fettsteißschaf, s. Schaf.

Fettsucht (Adipositas oder Lipomatosis, auch Pimelosis oder Polysarcia), eine allzu reichliche, bis zur Erzeugung krankhafter Erscheinungen und Beschwerden gesteigerte Ansammlung von Fett im ganzen Körper (allgemeine F., Fettleibigkeit oder Korpulenz, Obesitas, Lipomatosis universalis) oder in einzelnen Organen desselben (partielle F., Lipomatosis partialis). Geringere Grade der allgemeinen Fettleibigkeit werden als Embonpoint bezeichnet. Ein mäßiger Grad von Anfüllung des Zellgewebes mit Fett ist nichts Krankhaftes, sondern als Aufspeicherung eines zur Lebensfristung brauchbaren Materials und als ein Schutz gegen mancherlei mechan. und andere Schädlichkeiten zu betrachten. Unter normalen Verhältnissen beträgt das Fett bei einem männlichen Erwachsenen von mittlerer Größe den 20., bei dem weiblichen Geschlecht hingegen den 16. Teil des gesamten Körpergewichts. Bei der F. nimmt das Fett zunächst an allen jenen Körperstellen zu, wo sich auch im normalen Zustand Fettgewebe findet, am stärksten unter der Haut, wo es eine 5–8 und mehr Centimeter dicke Schicht als sog. Fetthaut (s. d.) bildet, insbesondere in der Bauchgegend (sog. Schmerbauch), an den Hüften und Oberschenkeln, an den Fußsohlen und der weiblichen Brust; aber auch im Netz, im Gekröse, in der Umgebung der Nieren, am Herzen, im Herzbeutel und im Innern der Leberzellen (s. Fettleber) sowie zwischen den Muskeln und Muskelbündeln lagert sich bei Korpulenten Fett in übermäßiger Menge ab. Dagegen sind manche Körperstellen auch bei den höchsten Graden von F. von der Fettablagerung fast gänzlich verschont, so die äußern Genitalien, die Augenlider und Ohrmuscheln. Die Zunahme des Körpergewichts infolge hochgradiger Fettleibigkeit kann eine ganz enorme werden; Fettsüchtige von ungewöhnlichem Gewicht finden sich zahlreich in der Litteratur verzeichnet, so erwähnt Gräfe einen Holländer, der 503 Pfd. wog und einen Leibesumfang von 5 Fuß 9 Zoll hatte; in den «Philosophical Transactions» wird des Engländers Ed. Bright gedacht, der 609 Pfd. wog, und Wadd giebt das Gewicht eines von ihm gesehenen Fettsüchtigen gar auf 980 Pfd. an. Am auffallendsten ist die Zunahme des Körpergewichts bei fettsüchtigen Kindern, über welche zahlreiche, zum Teil ganz erstaunliche Angaben vorliegen. So berichtet Barkhausen von einem 1¼ jährigen Knaben mit einem Körpergewicht von 53 Pfd., Heyfelder von

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 722.