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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Giocoso; Gioia del Colle; Gioja; Gioja (Melchiorre); Giölbaschi; Giolitti

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Giocoso – Giolitti

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Giocondo'

baute er (1507–12) die Brücke Notre-Dame und fand daselbst ein 1508 von Aldus Manutius herausgegebenes Manuskript des jüngern Plinius auf. Auch besorgte er eine neue Ausgabe des Vitruv, die 1511 in Venedig erschien, Papst Julius II. gewidmet war und bis Mitte des 16. Jahrh. einen großen Einfluß behielt. In Verona baute er 1512 eine massive Brücke sowie die Loggia del Consiglio; in Venedig gab er dem Ausflusse der Brenta eine andere Richtung und beugte dadurch der Verschlammung der Lagunen vor. Als man den Wiederaufbau der abgebrannten Rialtobrücke trotz seiner schönen, auf Befehl des Senats gefertigten Zeichnung einem andern Meister übertrug, wandte er sich nach Rom, wo er kurz vor Bramantes Tode 1514 dem Giuliano da San Gallo als Hilfsbaumeister bei der Peterskirche beigegeben wurde, aber schon 1. Juli 1515 starb.

Giocoso (ital., spr. dschok-), musikalische Vortragsbezeichnung: scherzend, tändelnd.

Gioia del Colle (spr. dschohja), Stadt im Kreis Altamura der ital. Provinz Bari, auf einem Hügel zwischen dem Busen von Tarent und dem Adriatischen Meere, an der Linie Bari-Tarent des Adriatischen Netzes, hat (1881) 17016 E., ein Gymnasium, bedeutenden Handel mit Getreide, Wein und Öl.

Gioja (spr. dschohja), Flavio, ein Schiffer oder Lotse aus Positano bei Amalfi, lebte wahrscheinlich vor 1300 und wurde lange Zeit mit Unrecht für den Erfinder des Kompasses gehalten. Indes ist möglich, daß er den Kompaß auf der See brauchbar machte, dadurch wesentlich zur Hebung der Seefahrt beitrug und mittelbar das Zeitalter der großen Entdeckungen zur See anbahnte. – Vgl. Breusing, Flavio G. und der Schiffskompaß (in der «Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde», Berlin, IV, 21); A. Schück, Die Kompaßsage in Europa (im «Ausland», 1892, Nr. 35).

Gioja (spr. dschohja), Melchiorre, ital. Philosoph und Statistiker, geb. 20. Sept. 1767 in Piacenza, wurde im dortigen Lazaruskollegium für die geistliche Laufbahn vorbereitet, studierte aber seit 1783 in Pavia Mathematik und Physik und lebte nachher zurückgezogen bei seinem Bruder in Piacenza. 1796 legte er das geistliche Gewand ab und ging nach Mailand, wo er sich mit polit. und nationalökonomischen Studien beschäftigte und 1799 von der franz. Regierung mit der Leitung des Statistischen Bureaus beauftragt wurde. Zugleich begann er eine fruchtbare litterar. Thätigkeit auf geschichtlichem und nationalökonomischem Gebiete, indem er in seinen Arbeiten den Wert der Statistik für moralische und nationalökonomische Forschung hervorhob und dadurch der Begründer der Moralstatistik wurde. Als Mitarbeiter an dem von Silvio Pellico gegründeten «Consiliatore» wurde er 1820 verhaftet und als politisch verdächtig 9 Monate lang gefangen gehalten. Er starb 2. Jan. 1829 in Mailand. G. veröffentlichte «Sul commercio dei commestibili e caro prezzo del vitto» (2 Bde., Mail. 1804), wieder abgedruckt in den «Oper minori» (Lugano 1834); 1815 den ersten Band seines berühmten Werkes «Nuovo prospetto della scienza economica» (6 Bde., Mailand), ferner «Del merito e delle ricompense» (2 Bde., 1818–19), «Elementi di filosofia» und «Nuovo Galateo» (2 Bde.), beides Neubearbeitung früher erschienener Arbeiten; die «Ideologia» (2 Bde., Mail. 1822), worin er sich wie Galuppi an den Kantschen Kriticismus anschloß, den ↔ er mit Elementen der an Condillac sich anschließenden franz. Sensualistenschule versetzte; «Esercizio logico sugli errori d’ideologia e di zoologia» (Mail. 1824), «La filosofia della statistica» (4 Bde., ebd. 1826; spätere mit Noten und Zusätzen von Romagnosi versehene Ausg., ebd. 1829–30; ein Neudruck, Tur. 1852, in 2 Bänden). – Vgl. Lampertico, Sulla statistica teoretica in generale e su M. G. in particolare (in den «Annali di statistica», Bd. 44, 1870); de Marinis, La donna nell’aritmetica morale di Melchiore G. (in der «Rassegna femminile»), 1887).

Giölbaschi, türk. Ort im kleinasiat. Wilajet Tekke (dem alten Lycien), auf einem 866 m hohen Gipfel des Küstenplateaus bei Myra, ist berühmt durch die dort gemachten Ausgrabungen. Unter den Resten einer kleinen lykischen Stadt, Trysa, entdeckte J. A. Schönborn 1841 die Familiengrabstätte (Heroon) eines griech. Fürsten mit zahlreichen Skulpturen. Ein Versuch, diese letztern für das königl. Museum in Berlin zu erwerben, scheiterte und die Entdeckung selbst ging mit dem Tagebuche Schönborns verloren; nur Karl Ritter rettete aus dem letztern eine Nachricht in seine «Erdkunde» (Bd. 19, S. 1136). Auf dieser Nachricht fußend führte Otto Benndorf 1881 eine österr. Expedition nach Lycien, wo er das Monument wiederfand, und im Auftrage einer Wiener Gesellschaft 1882 eine zweite in größerm Maßstabe, um sämtliche Skulpturen nach Wien in die kaiserl. Museen zu bringen. Das Grab war ein halb aus dem Felsen gehauenes tempelartiges Haus, hofartig eingefriedet durch ein Mauerviereck von 20 zu 24 m Seitenlänge, welches letztere innen auf allen vier Seiten und an der Eingangsmauer auch außen mit fortlaufenden Reihen altgriech. Reliefs geschmückt war. Der Name des fürstl. Stifters ist unbekannt geblieben, aber die Reliefs lehren, daß er im 5. Jahrh. v. Chr. lebte und sein Geschlecht auf Bellerophon zurückführte. Das Monument gab zum erstenmal einen Begriff von der Anlage, Einrichtung und Benutzung eines altgriech. Heroon. Es ist kunstgeschichtlich ein Vorläufer des Mausoleums von Halikarnassos, und die über 90 m langen Doppelfriese der Reliefs sind wichtig für die Rekonstruktion verlorener Nationalepen wie für das Verständnis der großen Malereien Polygnots, zu denen sie vielfach in Beziehung stehen. Sie enthalten ausführliche, fein erwogene Kompositionen, welche den Freiermord der Odyssee, die Meleagrosjagd, die Thaten des Theseus und Perseus, den Raub der Leukippiden, Amazonen- und Kentaurenkämpfe, den Krieg der Sieben gegen Theben, die Landungsschlacht des Trojanischen Krieges und in einem besonders großen Reliefbilde den Kampf um Ilion vor Augen führen. – Vgl. Benndorf und Niemann, das Heroon von Giölbaschi-Trysa (mit Atlas, Wien 1889).

Giolitti (spr. dscho-), Giovanni, ital. Staatsmann, geb. 27. Okt. 1843 zu Mondovi (Provinz Cuneo), studierte seit 1858 die Rechte in Turin und ward hier bereits 1866 zum stellvertretenden Staatsanwalt ernannt, wurde aber dann 1869 von Sella als Sekretär der Steuerkommission in das Finanzministerium gezogen, in welchem er 1874 unter Minghetti zum Generalinspektor aufstieg, was er auch unter Depretis blieb, bis er 1877 Generalsekretär des Rechnungshofes wurde. Infolge von Meinungsverschiedenheiten mit Seismit-Doda mußte er ausscheiden. Durch Ernennung zum

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 9.