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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Atomverkettung - Atrek

schaften, also gleiches Gewicht, gleiche Affinität zu andern u. s. w. besitzen, die Atome verschiedener Elemente aber verschiedenes Gewicht u. s. w. haben. Chem. Verbindungen werden alsdann dadurch zu stande kommen, daß sich mehrere Atome durch gegenseitige chem. Anziehung nach bestimmtem Anzahlverhältnisse zu den kleinsten Partikelchen der chem. Verbindung (Molekülen) zusammenlagern. Vereinigen sich so zwei Elementaratome miteinander zu einem Molekül, so muß dies in dem Mengenverhältnisse ihrer Atomgewichte geschehen; sind dagegen von einem der Elemente im Molekül der Verbindung mehrere Atome vorhanden, so wird die Gewichtsmenge desselben durch das Produkt aus dem Gewichte eines Atoms und der Anzahl der Atome ausgedrückt werden müssen. Das Gesetz der einfachen multiplen Proportionen ist dann die notwendige Folgerung der A. Wesentlich gestützt wird die A. weiterhin durch die Isomerie (s. Isomer) chem. Körper, indem die Existenz von Substanzen, die nach Art und Mengenverhältnissen ihrer Bestandteile vollkommen gleich, nach ihren Eigenschaften aber durchaus verschieden sind, nur verständlich ist durch die, übrigens in zahllosen Einzelfällen bereits bestimmt nachgewiesene verschiedenartige Gruppierung derselben Art und Anzahl von Einzelatomen in den Molekülen der Verbindungen. Ohne die A. ist eine wissenschaftliche Chemie heute undenkbar. Auch viele physik. Thatsachen lassen sich ohne sie nicht begreifen.

Atomverkettung. Zusammen mit der Erkenntnis der Wertigkeit (s. d.) der Elementaratome hat die Erkenntnis der Gesetze, nach denen ihre Gruppierung zu Verbindungsmolekülen erfolgt, sich zu entwickeln begonnen. Dieselben werden in ihrer Gesamtheit als die Gesetze der A. bezeichnet. Man beobachtete alsbald, daß mehrwertige Elementaratome sich nicht nur mit einer ihrer Valenz entsprechenden Anzahl der Atome eines zweiten Elements oder auch verschiedener anderer Elemente verbinden können, z. B.:

^[Liste]

H · O · H K · O · H H · O · Cl K · O · Cl

Wasser Kali Unterchlorige Säure Unterchlorig saures Kali,

sondern daß sie auch im stande sind, sich mit nur einem Teile ihrer Wirkungsfähigkeit oder Valenz untereinander zu vereinigen und mit dem andern Teile andere Elementaratome an sich zu binden. So liefern Sauerstoff und Wasserstoff das Wasserstoffsuperoxyd, H_{2}O_{2}, dadurch, daß zwei zweiwertige Sauerstoffatome sich unter dem Aufwande nur je einer einzigen ihrer Valenzen miteinander verketten und jedes von ihnen mit der zweiten Valenz ein Wasserstoffatom an sich anlagert:

^[Liste]

H · O · O · H.

Im höchsten Grade ist dieser Verkettungsweise seiner Atome der vierwertige Kohlenstoff fähig (s. Kohlenstoffkerne und Isomer), und es sind daher die Gesetze der A. für die organischen oder Kohlenstoffverbindungen am meisten entwickelt.

Atomwärme, s. Dulong-Petitsches Gesetz.

Atonie (grch.) oder Erschlaffung, der Zustand, in welchem der Tonus, d. h. die Spannkraft oder Elasticität der tierischen Gewebe, verloren gegangen ist. Der atonische Zustand kann bedingt sein von einer mangelhaften Einwirkung der Nerven auf die kontraktilen Fasern eines Gebildes, z. B. A. der Gefäßwandungen von Lähmung der vasomotorischen Nerven, aber auch von Erweichung, Auflockerung und Schwund des betreffenden Gewebes. Die Behandlung atonischer Zustände muß vor allem eine allgemeine Kräftigung des Körpers erzielen und bedient sich außer einer zweckmäßigen Ernährung und methodischen Abhärtung teils der zusammenziehenden, teils der stärkenden und reizenden Heilmittel, namentlich des galvanischen Stroms.

Atorai, s. Amerikanische Rasse (Bd. 1, S. 526 b).

Atout (frz., spr. attuh), beim Kartenspiel der Trumpf, die Farbe, die alle andern Farben sticht.

A tout hasard (frz., spr. attuh asahr), aufs Geratewohl, auf jeden Fall.

A tout prix (frz., spr. attuprih), um jeden Preis.

Atra bilis (lat.), «schwarze Galle», früher als Grund vieler Krankheiten, besonders melancholischer Gemütsstimmung (Atrabilität), angesehen; atrabilär, schwarzgallig.

Atragene L., Alpenrebe, Pflanzengattung aus der Familie der Ranunkulaceen (s. d.), sehr nahe verwandt mit Clematis (s. d.) und häufig mit ihr vereinigt, umfaßt nur wenige Arten in Europa, Asien und Nordamerika. Die einzige deutsche und zwar nur alpine Art, A. alpina L., ist kletternd mit bis 2 m langen, oft von Felsen herabhängenden Stämmchen oder Ästen, gegenständigen, langgestielten, doppelt-dreizähligen Blättern und einzeln in den Blattachseln stehenden, langgestielten schönen Blüten, deren kreuzförmig ausgebreiteter, bis 3 cm breiter Kelch eine violette Farbe besitzt.

Atramentstein, ein im Rammelsberg bei Goslar vorkommendes Verwitterungsprodukt, besteht aus einem Gemenge von Eisen- und Kupfervitriol.

Atramentum, lat. Bezeichnung für Tinte, A. candidum, veralteter Name für Zinkvitriol (s. d.), A. sutorium für Eisenvitriol (s. d.).

Atrato (Rio Atrato), Fluß im nordwestl. Teile von Columbia in Südamerika, im Departamento Cauca, entspringt in 3216 m Höhe in den Zitarabergen der Westcordillere, unter 5º 20' nördl. Br. Er läuft in einem gegen N. gerichteten niedrigen Längenthale und mündet auf der Westseite des Golfs von Uraba in einem sumpfigen Delta mit 5 Haupt- und 11 kleinen Armen. Die Länge seines Laufs beträgt 456 km, mit den kleinen Krümmungen 665 km. Er ist durchschnittlich 290 m breit, an der breitesten Stelle sogar 530 m, und 4-20 m tief. Sein Bett ist sehr schwach geneigt und behält eine fast immer gleiche Wasserfülle. Das Thal des A. wird von der Südseeküste nur durch einen mehrfach sich senkenden, selbst an den höchsten Punkten kaum 320 m über das Meer ansteigenden Höhenzug getrennt. Schon A. von Humboldt hatte auf die Möglichkeit einer Kanalverbindung des Stillen Oceans mit dem Atlantischen Ocean durch den A. hingewiesen; die namentlich von seiten der Vereinigten Staaten angeregten Untersuchungen und Pläne zur Verwirklichung dieser Verbindung wurden hinfällig durch das Projekt des Panamakanals (s. d.).

Atrebaten, kelt. Volk im belg. Gallien, im heutigen Artois, namentlich in der Umgegend von Arras (Nemetocenna), ihrer Hauptstadt. Ein Teil der A. war schon vor Ankunft der Römer nach Britannien gezogen, wohnte dort als südöstl. Nachbarn der Dobuner zu beiden Seiten der Themse und hatte Calleva (Silchester) zur Hauptstadt.

Atrek (Etrek), Grenzfluß zwischen dem russ.-asiat. Transkaspischen Gebiet und Persien, entspringt in 37° 10' nördl. Br. und etwa 59° östl. L. von Greenwich in den Ketten von Chorassan an der Nord-^[folgende Seite]