Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Auto; Autobiographie; Autochthōnen; Autöcisch; Autoclave; Autodafee

169

Auto - Autodafee.

der Schweiz unterstützen sollte; doch hinderte Masséna die Vereinigung, und A. kehrte nach Rußland zurück. Ludwig XVIII. ernannte ihn 1815 zum Generalleutnant und Gouverneur des Louvre, den er als 92jähriger Greis während der Julitage 1830 mit einer Hartnäckigkeit verteidigte, die selbst dem Feind Achtung einflößte. Nur widerstrebend fügte er sich in der Nacht vom 28. zum 29. dem Befehl, das Kommando an einen andern abzutreten. A. starb 12. Jan. 1831 in St.-Germain.

2) Antoine Joseph Eulalie de Beaumont, Marquis d', Bruder des vorigen, geb. 10. Dez. 1744 zu Angers, ward 1759 Flügeladjutant des Marschalls Broglie, dann Major in dem Dragonerregiment seines Bruders, zeichnete sich 1769 unter dem Marschall de Vaux in Corsica aus und focht als Oberst eines Infanterieregiments in Amerika, besonders vor Yorktown und St. Christopher, ward Maréchal de Camp und 1782 Gouverneur des südlichen Teils von San Domingo, von wo er 1788 nach Frankreich zurückkehrte. Seit 1792 emigriert, machte er den Feldzug in der Champagne mit. Im J. 1799 von der Emigrantenliste gestrichen, privatisierte er in Frankreich bis 1815, wo ihn Ludwig XVIII. zum Gouverneur von St.-Germain ernannte, in welcher Stellung er 10. April 1822 starb.

3) Charles de Beaumont, Comte d', Sohn des vorigen, geb. 8. Aug. 1770 zu Anjou, war Gardekapitän in Paris und seit 1792 einer der thätigsten Führer des Aufstandes in der Vendée, unterwarf sich aber 1800 im Vertrag von Montfaucon und trat in Bonapartes Dienste, ward nach dessen Fall Generalleutnant und Pair und suchte während der Hundert Tage in Anjou einen Aufstand zu gunsten der Bourbonen zu erregen. Er befehligte 1823 die erste Division der französischen Armee in Spanien, trat nach der Julirevolution 1830 von neuem an die Spitze der unruhigen Vendéer und ward deshalb 1833 in contumaciam zum Tod verurteilt, jedoch amnestiert. In Zurückgezogenheit starb er 6. Okt. 1852.

Auto (span., "Akt"), in Spanien jede öffentliche religiöse oder gerichtliche Handlung (daher Auto de Fé); insbesondere Bezeichnung einer Art von Schauspielen, welche zur Verherrlichung kirchlicher Feste öffentlich, meist in Verbindung mit Prozessionen, aufgeführt wurden und gewöhnlich in allegorischen und mystisch-symbolischen Darstellungen bestanden. Bereits unter den frühsten Erzeugnissen der Volkslitteratur finden sich solche Autos; doch erhielten sie ihre Ausbildung erst zur Zeit des Lope de Vega, der allein an 400 Stück geschrieben hat, von denen freilich nur noch 12 oder 13 vorhanden sind. In dieser ausgebildetern Gestalt zerfielen die Autos in drei Abteilungen: eine Art Prolog oder Vorspiel (loa) und ein Zwischenspiel (entremes), welche das Ganze einleiteten und meist einen komischen, ja possenartigen Charakter hatten, und die nun folgende eigentliche religiöse Darstellung (auto), welche in ihrer Gesamthaltung ernster Art war. Die wichtigsten und üblichsten Autos waren die Opferdarstellungen (Autos sacramentales) oder Fronleichnamsspiele (Autos del Corpus Christi), welche zur Verherrlichung des Fronleichnamsfestes bestimmt waren. Ihre Ausführung bildete den Schluß der Festlichkeit und fand im Freien auf öffentlichen Plätzen und eigens dazu errichteten Gerüsten statt, wo die pomphaften Fronleichnamsprozessionen Halt machten und die Schauspieler, welche dem Zug auf geschmückten Karren folgten, unmittelbar nach den kirchlichen Handlungen der Priester ihre Darstellung begannen. Außer Lope de Vega und Frühern werden Montalvan, Tirso de Molina, Valdivielso u. a. als Verfasser solcher Opferdarstellungen genannt; namentlich aber zeichnete sich Calderon in diesem Genre aus, der es durch die Tiefe seiner Auffassung, die Feinheit seiner Durchführung und die Pracht seiner Diktion in eine wirklich künstlerische Sphäre hob. Er hat 73 Autos sacramentales hinterlassen, die, sämtlich allegorischen Inhalts und durch ihr Gepränge, die Anwendung von Musik und künstlichen Maschinerien an die heutige Oper erinnernd, zu Madrid, Toledo und Sevilla mit großem Aufwand in Szene gesetzt wurden. Eine andre Art dieser dramatischen Spiele waren die Autos al nacimiento, die zur Feier der Geburt Christi und daher zur Darstellung am Weihnachtsfest bestimmt waren und in der Regel die Anbetung der Hirten, die Flucht nach Ägypten oder ein andres Moment aus diesem Teil der evangelischen Geschichte behandelten. Auch zur Feier andrer, selbst weltlicher Feste wurden nicht selten Autos gedichtet und aufgeführt. Seit dem 12. und 13. Jahrh. eine Lieblingsunterhaltung der Menge, erhielten sich diese dramatischen Aufführungen fortdauernd in der öffentlichen Gunst und wurden erst im vorigen Jahrhundert als eine Profanation des Heiligen (1765) verboten und mit Mühe unterdrückt.

Auto (griech., "selbst") kommt in Ausdrücken vor, welche der griechischen Sprache entlehnt sind, und bezeichnet entweder das Subjekt, wie in Autokrat, Automat, Autodidakt, Autopsie, oder das Objekt, wie in Autobiographie, Autokritik, Autognosie, Autotherapie, oder auch eine andre Beziehung, wie in Autochthonen (s. d.). Noch anders bedeutet z. B. Autograph nicht nur eine Maschine, welche selbst schreibt, sondern auch das, was jemand selbst geschrieben hat; Autokratie nicht nur die Herrschaft über sich selbst, sondern auch die Alleinherrschaft über ein Volk.

Autobiographie (griech.), selbst verfaßte Beschreibung des eignen Lebens, Selbstbiographie; weiteres vgl. Lebensbeschreibung.

Autochthōnen (griech., lat. Terrigenae, Indigenae), die Ureinwohner eines Landes ("aus der Erde selbst entstanden"); dann deren im Land und mit andern Völkern unvermischt gebliebene Nachkommen. Für autochthonische Völker hielten sich die Athener, Arkadier, Latiner (s. Aboriginer), Gallier, Skythen u. a.

Autöcisch (griech.), das Verhältnis generationswechselnder Schmarotzerpilze, bei welchen sämtliche Generationen eines und desselben Pilzes auf derselben Nährpflanze zur Entwickelung kommen, im Gegensatz zur Heteröcie, bei der in gewissen Generationen die Nährpflanze gewechselt wird.

Autoclave, s. v. w. Digestor.

Autodafee (span. Auto de Fé, portug. Auto da Fé, v. lat. actus fidei, "Glaubenshandlung, Glaubensgericht"), die feierliche Vollstreckung der von der spanischen Inquisition wegen Ketzerei erlassenen Straferkenntnisse. Zunächst bezeichnete A. nur die öffentliche, feierliche Vorlesung des Urteils, dessen unmittelbare Folge jedoch immer die Vollstreckung war. Oft verschob man nach beendigter Untersuchung jene feierliche Urteilsverkündigung, um an einem hohen Festtag den Triumph der Kirche durch gleichzeitiges Abthun einer größern Zahl von Opfern zu verherrlichen. Das Volk strömte dazu in Masse herbei, da schon das Zuschauen für verdienstlich galt, und selbst die vornehmsten Männer suchten eine Ehre darin, dabei als Schergen des heiligen Gerichts zu figurieren. Auch der König pflegte zur Erhöhung der Feierlichkeit mit dem ganzen Hof zugegen zu sein. In Prozession führte