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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Avalieren - Avaren.

bezeichnenden Ausdruck (per aval, gut für aval, als Bürge, wenn es not thut, wenn Schuldner mankiert, Valuta in übernommener Gewährleistung u. dgl.) versehen ist oder nicht. Der gewöhnliche Sprachgebrauch betrachtet A. und Wechselbürgschaft als identisch, was sie in der Regel auch sind. Der A. ist bei Kaufleuten wenig üblich und gilt insbesondere bei seiner Anwendung auf gezogene Wechsel als dem kaufmännischen Kredit nachteilig. Der Kaufmann pflegt deshalb eine wirklich beabsichtigte Bürgschaft in andre Wechselformen zu kleiden, unter welchen namentlich die beliebt ist, wobei der Bürge als Indossant, der Gläubiger als Indossatar erscheint. Vgl. Allgemeine Deutsche Wechselordnung, § 81; Code de commerce, Art. 141 f.

Avalieren (franz.), einen Aval (s. d.) ausstellen; auch s. v. w. zu Thal (v. lat. ad und vallis) oder stromabwärts fahren.

Avallon (spr. -long), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Yonne, am Cousin und an einem Zweig der Bahn Paris-Lyon, auf einem Granitfelsen gelegen, hat eine Kirche aus dem 12. Jahrh., ein Denkmal Vaubans und (1881) 5567 Einw., welche vorzüglichen Weinbau, Manufakturen in Tuch, Papier, Leder und Senf, Handel mit Getreide, Wein, Holz etc. betreiben.

Avalon (Avalun), in der mittelalterlichen Ritterdichtung das Feenland, in welchem die Fee Morgana mit mildem Zepter herrscht, wahrscheinlich nach der in der britischen Sagengeschichte als Druidensitz und Begräbnisort des Königs Artus vielgenannten britischen Flußinsel Avallona, der Insel der Seligen (im Fluß Bret, Grafschaft Somerset), benannt; nach andern aber das "Apfelland" am Rhein, wo man vielfach Bilder der drei guten Göttinnen findet, deren mittelste einen Apfel in der Hand hält, und aus denen die Feen sich entwickelt haben sollen. Daher auch Avalun schlechtweg für die Apfelländer am Rhein. Vgl. Glasberg.

Avalon, Halbinsel der Insel Neufundland, zwischen den Baien Trinity und Placentia, mit einer Reihe von Baien und Buchten und dem Hauptort der Insel St. John. Hier wurde 1621 zum Zweck des Fischfangs die erste englische Kolonie gegründet. Die Südspitze von A. ist das Kap Race, wo 1858 das erste submarine Telegraphenkabel gelandet wurde.

Avalos, Fernando Francesco d', s. Pescara.

Avance (franz., spr. awangs), Vorsprung, Vorteil, Gewinn; im Handelswesen Geldvorschuß oder Guthaben. Man steht in A. (ital. avanzo), wenn man von jemand mehr zu fordern hat, als man ihm schuldet. Eine Ware gegen A. kaufen heißt: sie mit Leistung eines Vorschusses kaufen, daher eine Summe avancieren, s. v. w. dieselbe im voraus bezahlen; eine Ware mit A. verkaufen: sie mit Gewinn verkaufen. Durch den Zusatz A. bezeichnet man im Effektenverkehr in Frankreich und Belgien insbesondere die Kurssteigerung über Pari, daher avancieren auch s. v. w. im Kurse steigen. In Uhren bezeichnet A. aus der Stellscheibe die Richtung, nach welcher der Zeiger gedreht werden muß, wenn die Uhr rascher gehen soll (Gegensatz: Retard).

Avancement (franz., spr. awangs'mang), Aufrücken zu einer höhern Stelle, besonders beim Militär. Es findet meist nach dem Dienstalter (Anciennität) innerhalb eines Truppenteils oder (wie in Deutschland beim Ingenieurkorps und vom Stabsoffizier ab bei allen Waffen) innerhalb einer einzelnen Waffe statt. Daneben besteht aber noch das A. außer der Tour, d. h. unter Beiseitesetzung des Dienstalters, für besondere Verdienste oder wegen der Befähigung für Ausnahmestellungen, wie Generalstab und Adjutantur, Lehrthätigkeit. In fremden Heeren, die kein gleichmäßig gebildetes Offizierkorps besitzen, ist letztere Art des Avancements weit mehr verbreitet als in den deutschen. - Avancieren (spr. awangss-, vorrücken; befördert werden, aufrücken; Geld vorschießen.

Avanie (franz.), willkürliche Geld- und Diensterpressung, besonders (Awani) willkürliche Zölle, welche türkische Beamte Kaufleuten aufzulegen pflegen; auch hinterlistiger Überfall eines Schiffs.

Avantage (spr. awangtahsch), Vorzug, Vorteil; was jemand vor einem andern voraus bekommt oder hat.

Avantageur, s. v. w. Offizieraspirant, s. Fähnrich.

Avantgarde (franz., spr. awang-, "Vorhut"), diejenige Abteilung, welche einer marschierenden Truppe vorangeht und die Bestimmung hat, für den Marsch das Terrain unter Beseitigung etwaniger Hindernisse zu rekognoszieren und etwanige Angriffe des Feindes so lange vom Hauptkorps fern zu halten, bis dasselbe schlagfertig, d. h. aufmarschiert ist. S. Sicherheitsdienst.

Avant la lettre (franz., spr. awang la lettr, "vor der Schrift"), Bezeichnung der zweitbesten Art von Kupferstichabdrücken mit dem Namen des Künstlers, aber ohne volle Unterschrift; s. Kupferstecherkunst.

Avantpropos (franz., spr. awangpropoh), Vorrede.

Avanturin etc., s. Aventurin etc.

Avanzi, Jacopo d', ital. Maler, der im letzten Viertel des 14. Jahrh. mit seinem Kunstgenossen Altichieri da Zevio ^[Altichiero da Zevio] (s. d.) in Padua thätig war. Sein Stil hängt mit der Richtung Giottos zusammen. Er führte in Gemeinschaft mit jenem die Fresken in der St. Felix- und St. Georgskapelle in Padua aus.

Avaren (Awaren), tatar. Volk, welches unter dem Namen Ogoren am Don und am Asowschen Meer wohnte. Als diese von den Türken besiegt und zum größten Teil vernichtet wurden, zog der Rest des Volkes, welcher seitdem A. hieß, nach dem Kaukasus und bot 558 dem Kaiser Justinianus seine Dienste an. Dieser trug ihnen auf, die Slawen und Bulgaren an der untern Donau zu bekriegen. Nachdem sie dieselben unterworfen, siedelten sie sich unter ihrem Fürsten (Chagan) in Pannonien an, halfen den Langobarden (566) das Gepidenreich zertrümmern und verbreiteten sich unter dem Chagan Bajan über das ganze Donaugebiet von den Alpen bis zum Schwarzen Meer. Pferdezucht und Kriegszüge auf gepanzerten Rossen blieben ihre Hauptbeschäftigung. Die besiegten Völkerschaften behandelten sie auf das grausamste. Das Land zerfiel in sieben Hagane (Gaue), welchen in "Ringen" wohnende Tarchane unter der Oberhoheit des Chagan vorstanden. Der einflußreiche Oberpriester hieß Bokal Abras. Den Byzantinern (seit 581), den Franken (571 und 596) und den Langobarden (seit 610) fiel das räuberische Nachbarvolk höchst beschwerlich. Zur Zeit des letzten Kriegs zwischen Byzantinern und Persern plünderte es (Juni 619) die Vorstädte von Konstantinopel und umlagerte (29. Juni bis 3. Aug. 626) die Hauptstadt. Nach Bajans Tod (630) ausgebrochene Unruhen erleichterten zwar den Bulgaren (635) die Wiedererlangung der Selbständigkeit, nachdem bereits die Tschechen (Böhmen) und Moraver (Mähren) unter dem Franken Samo, dann auch die Sorben unter Dervan und andre slawische Stämme sich befreit hatten. Dennoch suchten die A. noch im 8. Jahrh. Italien und Deutschland wiederholt durch ihre Plünderungszüge heim. Erst Karl d. Gr. brach die Macht der A., die gegen ihn den aufständischen Herzog Tassilo von Bayern