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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bauernlegen - Bauernvereine

Georg von Sachsen und Heinrich von Braunschweig bei Frankenhausen über Münzer, am 17. Herzog Anton von Lothringen bei Elsaßzabern; 2. und 4. Juni erlagen die fränk. Haufen bei Königshofen und Sulzdorf dem Truchseß und dem Pfälzer Kurfürsten Ludwig, der auf dem Heimweg die pfälz. Empörer (23. Juni) bei Pfeddersheim schlug; bei der Unterwerfung Oberschwabens und der Gebirgsbauern half der berühmte Frundsberg (s. d.) mit. Die Rache der Herren war entsetzlich; Krieg und Exekutionen sollen über 100000 Menschenleben gekostet haben. Die nächsten Folgen der Revolution waren die völlige Herstellung der bisherigen bäuerlichen Abhängigkeitsverhältnisse und die Abkehr der großen Masse des Landvolks von der Reformation, von der sie eine Besserung ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Lage erwartet hatten.

Vgl. Zimmermann, Allgemeine Geschichte des großen B. (3 Bde., Stuttg. 1841 fg.; 2. Aufl., 2 Bde., 1856; neu hg. von Wilhelm Blos, ebd. 1891); Jörg, Deutschland in der Revolutionsperiode von 1522 bis 1526 (Freiburg 1851), tendenziös; Quellenpublikationen von Baumann: Quellen zur Geschichte des B. aus Oberschwaben (Tüb. 1877) und Quellen zur Geschichte des B. aus Rothenburg (ebd. 1878); Lor. Fries, Geschichte des B. in Ostfranken (Würzb. 1876‒78); Schäffer und Stern, Über die zwölf Artikel der Bauern (Lpz.1868); Vogt, Die bayr. Politik im B. (Nördl. 1883); Hartfelder, Zur Geschichte des B. in Südwestdeutschland (Stuttg. 1884).

Bauernlegen, die Einziehung von Bauernhöfen durch die ritterschaftliche Gutsherrschaft, um das eingezogene Banerngut dem eigenen Grundbesitz zu inkorporieren, im 16. und 17. Jahrh. in großem Umfang in Mecklenburg, Pommern u.s.w. ausgeübt; später schritt die Landesgesetzgebung zur Erhaltung des Bauernstandes ein, die bäuerlichen Lasten werden auf ein festes Maß zurückgeführt, die Einziehung heimgefallener oder von den Bauern verlassener Güter wurde untersagt, vielmehr zur Erhaltung des Bauernstandes die sofortige Wiederverleihung an einen andern Bauern zur Pflicht gemacht. Später wurde zum größten Teil die Erblichkeit gesichert und Ablösbarkeit der gutsherrlichen Lasten gewährleistet.

Bauernleier, Musikinstrument, s. Drehleier.

Bauernmiete, s. Bedemund.

Bauernmusik (Conus hebraeus L.), tropische Art der Kegelschnecken (s. d.) mit weißer Schale, mit schwarzbraunen Querbinden und dazwischen stehenden ebensolchen viereckigen Fleckchen.

Bauernpraktik, s. Praktik.

Bauernregeln, die oft gereimten, sich auf Witterung und auf Landwirtschaft beziehenden Sprüche des Volks, die sich teils auf Aberglauben, teils auch auf Beobachtung gründen; man findet sie besonders in Kalendern angeführt (s. Lostage).

Bauernreiten, Bauernrennen, Wettrennen zu Pferde, die von der ländlichen Bevölkerung in Anschluß an das Herrenreiten auf großen Rennplätzen bisweilen abgehalten werden. Sie haben keinen ernsten Zweck, sondern dienen nur zur Belustigung der Zuschauer. Von einer Gewichtsausgleichung wird daher in der Regel abgesehen; die Pferde sind meist untrainiert und die Reiter ungeübt, die B. haben daher oft den Anstrich des Komischen.

Bauernrichter, s. Bauerngerichte.

Bauernspiele, Bezeichnung für die mittelalterlichen Schauspiele, die, unter den Bauern Süddeutschlands, besonders der Alpenländer, bis ins 18. Jahrh. sehr verbreitet, in unsern Tagen bis auf wenige Reste untergegangen sind. Die Aufführungen der Kirchenschauspiele, namentlich der Passionsspiele (s. d.), die als gottesdienstliche Feier galten, hatten die Landleute zur Nachahmung gereizt. Schon im 15. Jahrh. wurden unter ihnen solche Spiele gehalten, teils als bloße Wechselreden bei Prozessionen, teils mit theatralischer Zurüstung auf dem Dorfkirchhofe. Die anfangs sehr einfachen Texte waren von Geistlichen oder Kantoren verfaßt oder nach ältern eingerichtet. Eine derartige Aufführung, in die Eulenspiegel sein Unkraut säet, erzählt das Volksbuch von ihm. Die Jesuiten begünstigten die B. und zeigten sich, um sie zu erhalten, dem volkstümlich dörflichen Geschmack allzu willfährig (s. Mysterien). Dadurch gerieten die Aufführungen schließlich in argen Verfall und grobe Anstößigkeit, wie A. von Buchers «Spottspiele von der Sündflut» und Seb. Sailers Farce «Adams und Evens Erschaffung und Sündenfall» (1783) zeigen. In Tirol und Oberbayern, wo die B. mit besonderer Leidenschaft betrieben wurden, beschränkte man sich bald nicht mehr auf biblische Spiele, sondern führte alle Sonntage in den Schenken Heiligengeschichten und Ritterkomödien auf. Heute haben sich von den unzähligen Dorfschauspielen, die in der Schweiz, Tirol (an solche lehnen sich Lechleitners «Tiroler B.», Eisen. 1890, zum Teil an), Salzburg, Steiermark, Oberbayern und Schwaben förmlich eingesetzt waren, nur sehr wenige erhalten; das berühmteste ist das Passionsspiel in Oberammergau (s. d.). Neuerdings erneuerten auch Brixlegg, Horitz und Liesing bäuerliche Passionsspiele. Profane B. blühen noch heute in Kiefersfelden (Oberbayern), neuerdings auch in Schliersee, ähnliche geschichtliche, doch neuern Ursprungs, in Rothenburg (s. d.) ob der Tauber. Nur haben diese B. durch Spekulation auf die Fremden und Gastreisen (Schliersee) an naiver Ursprünglichkeit erheblich eingebüßt. – Vgl. Pichler, Über das Drama des Mittelalters in Tirol (Innsbr. 1850); Weinhold, Weihnachtsspiele aus Süddeutschland und Schlesien (Graz 1853); Hartmann, Volksschauspiele. In Bayern und Österreich-Ungarn gesammelt (Lpz. 1880); Schlossar, Deutsche Volksschauspiele und Bauernkomödien (2 Bde., Halle 1891); Jellinghaus, «Niederdeutsche Bauernkomödien» (Stuttg. 1880).

Bauernsprache, s. Bauerngerichte.

Bauernstand, s. Bauer, Bauerngut, Bauernstand.

Bauernvereine, Vereine bäuerlicher Grundbesitzer, die für die Erhaltung und sittliche und materielle Hebung ihres Standes zu wirken bestrebt sind. Im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Vereinen richten sie sich mehr unmittelbar auf praktische Zwecke, die vielfach auch auf das polit. Gebiet überführen. – Am erfolgreichsten hat sich bisher der 1860 gegründete Westfälische Bauernverein entwickelt. Wenn auch die Mitglieder desselben wohl größtenteils der Centrumspartei angehören, so läßt er doch nach seinen Statuten (revidiert 1873) ausdrücklich Angehörige der beiden christl. Konfessionen zu, die einen kirchlichen, moralischen und nüchternen Lebenswandel führen. Im allgemeinen sollen die Mitglieder selbständigen Grundbesitz haben und Landwirtschaft betreiben, doch können auch Pächter, Gutsverwalter und andere Landwirte aufgenommen werden. Die Bestrebungen des Vereins sind gerichtet auf Abwendung von Schäden für den Grundbesitz, Beseitigung von Mißbräuchen, schlechten Gewohnheiten und Luxus, auf Verbreitung der