Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Calagulawurzel - Carthamin
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Calabarbohne'
Ebensowenig verdächtig schmeckt das daraus darstellbare Alkaloid
Physostigmin, der eigentliche Giftstoff, welcher
farblose, leicht zersetzliche Kristalle bildet, an der Luft bald rot wird und dessen
Salze blau sind. Bei den kleinsten Gaben, bei denen die tödliche Wirkung nicht mehr
eintritt, erfolgt doch eine Zusammenziehung der Pupillen. Durch diese Eigenschaft ist
der Stoff für die Augenheilkunde von besondrer Wichtigkeit geworden, indem er dazu
dient, die durch Atropin hervorgebrachte Pupillenerweiterung wieder aufzuheben. Man
benutzt dazu das reine Alkaloid oder ein weingeistiges Extrakt der C. Die Anwendung
geschieht durch Einlegen kleiner Scheibchen von Druckpapier oder Gelatine, denen die
Giftsubstanz einverleibt ist, in das Auge. - Zollfrei.
Calagulawurzel (radix Calagulae);
der Wurzelstock von Polypodium Calagula, einer in
Brasilien und auf Jamaika wachsenden Farre, ist kantig, braun, von faden,
süßlich-kratzendem Geschmack; wird in einigen Ländern medizinisch verwendet. -
Zollfrei.
Calciumsulfhydrat (Calciumhydrosulfid, Calcaria hydrosulphurata);
besteht aus einer Lösung von Schwefelwasserstoff-Schwefelcalcium
in Wasser und läßt sich ohne Zersetzung nicht zur Trockene bringen. Diese Lösung reagiert
schwach alkalisch, wirkt schwach ätzend; man benutzt sie neuerdings zum Enthaaren von
Fellen und bereitet sie durch Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in Kalkmilch oder in
Wasser, welches Schwefelcalcium enthält. - Zollfrei.
Caliche; das in Peru in weitverbreiteten Lagern vorkommende
Rohmaterial, aus welchem man den Natronsalpeter oder sogenannten Chilisalpeter
(s. d.), sowie auch Jod gewinnt. Man unterscheidet weiße, gelbe und braune C., letztere
ist die geringwertigste. Die rohe C. wird für gewöhnlich nicht exportiert. - Zollfrei.
Cambric ist ursprünglich locker gewebte dünne Batistleinwand,
die eigentlich Cambray hieß, weil sie in der gleichnamigen
französischen Stadt am besten verfertigt wurde. Die leinene Ware ist jedoch in den Hintergrund
gestellt durch die Nachahmung derselben in Baumwolle,
welche zuerst in England und Schottland begann. Gegenwärtig werden auch in Deutschland, der
Schweiz, Frankreich vielfach dergleichen Stoffe sowohl in glatt als karriert, gestreift und
gemustert fabriziert, auch buntgedruckt und gestickt. Die baumwollenen C. sind bei größerer
Wohlfeilheit viel feiner und schöner von Ansehen als die flächsenen. Der mittelfeine C. heißt
auch Baumwolltaft. Einfuhrzoll: baumwollener roh s. Tarif im Anh. Nr. 2 d 1; gebleicht Nr.
2 d 2; gefärbt 2 d 3. Leinener Nr. 22 f 1 oder 2.
Caracura (Carajuru, Crujuru); ein der Chica (s. d.)
ähnlicher, aber nicht mit ihr identischer roter Farbstoff aus Para in Brasilien; ein rotes, in
Wasser unlösliches, in Ätzlaugen lösliches Pulver, färbt Baumwolle braunrot mit violettem
Schein. - Gepulvert oder in Wasser gelöst, zollfrei.
Caragheen (Irländisch Moos, Perlmoos, Knorpeltang); in den Droguenhandlungen
gewöhnlich
↔
als Fucus crispus bezeichnet, ist kein Moos, sondern eine
Meeralge oder auch zwei solche, die Sphaerococcus crispus und Sph. mamillosus benannt werden.
Die zweite Art bildet eine geringere Sorte C. von dunklerer Färbung, die andre ist hellfarbiger,
blaßgelb oder grauweiß und gilt als die gute "blonde" Sorte. Beide Pflanzen bilden getrocknet
ein gelapptes, geschlitztes, hornartig durchscheinendes Laub. Durch Kochen wird das C. fast
ganz in Schleim aufgelöst, welcher für sich ebensowenig ein eigentliches Nahrungsmittel abgibt
wie jeder andre Pflanzenschleim und ebenso fade schmeckt. Seine medizinische Verwendung geschieht
in Form einer stets frisch zu bereitenden mit Zucker gesüßten Gallerte und kann wenigstens als
lösendes, reizlinderndes Mittel von Nutzen sein. Technisch findet die Gallerte verschiedene
Verwendung, zu Weberschlichte, zum Appretieren von Zeugen, zum Klären von Bier, als
farbenaufnehmender Grund bei der Fabrikation von Marmorpapieren. Die Ware kommt hauptsächlich
von den westlichen und nördlichen Küsten Irlands, wo sie an den Klippen wächst. Sie wird gewöhnlich
erst in den Droguenhandlungen gereinigt, sortiert, zerschnitten, auch gepulvert. Das C. kostet
hier circa 60-75 Pfennige pr. kg je nach Qualität. Die Versendung geschieht in stark
zusammengepreßten Ballen von 50 kg Gewicht. - Zollfrei.
Carapaöl (Craböl, Andiropaöl); ein brasilianisches Pflanzenfett von
butterartiger Konsistenz und bittern Geschmack, wird durch Pressen der Samenkerne von
Carapa guianensis erhalten; es ist gelblich, schmilzt
schon bei 10° C.; durch heißes Pressen soll man jedoch auch ein Produkt erhalten, welches
erst bei 40-50° C. schmilzt. Man benutzt das C. in England und Frankreich zur Fabrikation von
Seifen. - Einfuhrzoll: S. Tarif im Anh. Nr. 26 a 4.
Carobablätter (folia Carobae); nicht
zu verwechseln mit Carobbe, unter welchem Namen man häufig
das Johannisbrod (s. d.) im Handel erhält. Die C. sind die getrockneten
Blätter der Jacaranda procera, einem Baume aus der Familie der Bignoniaceen; sie sind erst seit
wenigen Jahren in unserm Droguenhandel und werden als Mittel gegen Syphilis und veraltete
Hautausschläge sehr empfohlen. Die C. sind länglich eiförmig mit stark hervortretenden,
schräglaufenden Seitennerven, oberseits dunkelgrün, unterseits hellgrün; man erhält sie aus
Brasilien. - Zollfrei.
Carthamin (Carthaminsäure, Safflorrot); der rote Farbstoff des
Safflor (s. d.) ist wenig beständig, aber von prächtig roter Farbe; man erhält
ihn jetzt im Handel in Form kleiner grünlich-goldglänzender, scheinbar kristallinischer Blättchen;
früher erhielt man ihn nur auf Tassen oder Teller aufgestrichen (rouge
en assiettes) oder auch flüssig (rouge à la goutte);
auch in Form eines braunroten Pulvers wird er unter dem Namen rouge vegetal
verkauft. Da der Safflor nur 0,3-0,6% von diesem Farbstoffe enthält, so ist der Preis desselben ein
sehr hoher; man benutzt das C. hauptsächlich noch bei der Fabrikation künstlicher Blumen als
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 74.