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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Carragaheen; Carranza; Carrara; Carrascosa

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Carragaheen - Carrascosa.

Carragaheen (Carrageen, Knorpelmoos, Knorpeltang, irländisches Perlmoos, Fucus crispus), die getrocknete Alge Sphaerococcus crispus Ag. (Chondrus crispus Lyngb.), eine Seetangart aus der Familie der Rottange (Florideae). Das Gewächs entsteht aus einer kleinen, am Gestein befestigten Scheibe, teilt sich nach oben wiederholt in Äste und bildet ein ganz flaches oder am Rand wellig krauses Laub; im frischen Zustand ist es gallertartig, gelblich bis violettrot oder grünlich, nach dem Trocknen hornartig, durchscheinend, gelblich. Es wächst an den nordatlantischen Küsten bis zu den Azoren und wird namentlich an den Gestaden von Clare und Antrim an der West- und Nordostküste Irlands, auch in Schottland und Massachusetts gesammelt, indem der Wellenschlag es ans Ufer treibt. Das C. enthält stets noch andre Algen, besonders Sphaerococcus mamillosus Ag. (Mastocarpus mamillosus Kützing, Gigartina mamillosa Ag.), Furcellaria fastigiata Lamour. etc. In kaltem Wasser quillt C. zu seinem ursprünglichen Umfang auf und nimmt deutlichen Seegeruch an; kocht man es mit 20-30 Teilen Wasser, so erstarrt die Abkochung nach dem Erkalten zu einer bitterlichen Gallerte. Es enthält im wesentlichen Bassorin, geringe Mengen von Brom und Jod, Natronsalze u. a. Man benutzt es in seiner Heimat als Nahrungsmittel, seit 1831 auch in der Medizin als einhüllendes, schwach nährendes Mittel in Form von Gallerte, bei Abmagerung Lungenkranker, bei Katarrhen der Luftwege und des Darmkanals. In der Technik dient die Abkochung zu Weberschlichte, Appretur, zum Klären von Bier und Honig und zum Grundieren marmorierten Papiers. In Nordamerika kultiviert und sammelt man C. bei Scituate, Plymouth (Massachusetts).

Carranza, Bartholomäus von, Erzbischof von Toledo, bekannt als Opfer der spanischen Inquisition, geb. 1503 zu Miranda in Navarra, studierte zu Alcala, trat daselbst in den Dominikanerorden und machte sich als Professor der Theologie in Valladolid bald einen so berühmten Namen, daß ihn Karl V. 1546 auf die Tridentiner Kirchenversammlung entsandte und zu andern wichtigen Missionen verwendete. So begleitete er 1554 Philipp II. auf dessen Brautfahrt nach England, ward dort Beichtvater der Königin Maria, beteiligte sich in eifrigster Weise an der Wiederdurchführung des Katholizismus in England und gewann so das Vertrauen Philipps und zugleich das Erzbistum Toledo, das reichste Stift des Königreichs. Bald aber ward er der Inquisition verdächtig. Man wollte in seinen "Comentarios sobre el catechismo christiano" (Antwerp. 1558) protestantische Lehrsätze finden, auch beschuldigte man ihn, Karl V. auf dessen Totenbett ketzerische Gedanken eingeflößt zu haben, und C. wurde 1559 in Valladolid verhaftet. Auf Grund seiner erzbischöflichen Würde appellierte er nach Rom, wo er mildere Behandlung zu erfahren hoffte; aber erst nach achtjähriger harter Gefangenschaft wurde er dahin abgeliefert, und auch in Rom mußte er weitere zehn Jahre in den Kerkern der Engelsburg schmachten, ehe sein Urteil gefällt wurde. Endlich freigesprochen, aber doch mit fünfjähriger Amtsenthebung bestraft, überlebte C. diese Wendung seines Schicksals nur um wenige Tage; er starb 2. Mai 1576. Beim Volk stand C. stets in hoher Verehrung, und Gregor XIII. setzte ihm sogar ein Denkmal. Schriften von ihm sind noch: "Summa consiliorum" (Vened. 1546); "De necessaria residentia episcopum" (das. 1547) u. a. Vgl. Langwitz, Barth. von C. (Kempten 1870).

Carrara, porzellanartiges Geschirr, s. Thonwaren.

Carrara, Stadt in der ital. Provinz Massa e Carrara (im ehemaligen Herzogtum Modena), liegt am Carrione unweit des Meers in einem tiefen Bergkessel des Apuanischen Apennin. Die Stadt, berühmt durch ihre Marmorbrüche, ist fast ganz aus weißem Marmor erbaut und hat mehrere ausgezeichnete Gebäude, z. B. die Kirchen Sant' Andrea (aus dem 13. Jahrh., in halbgotischem Stil, mit vielen Skulpturen) und Madonna delle Grazie (berühmt durch ihren Reichtum an seltenen, kostbaren Marmorarten) und das ehemalige Schloß (aus dem 16. Jahrh.) mit einer Sammlung von Altertümern und einer Bildhauerakademie (von der Herzogin Maria Theresia von Massa 1741 gestiftet). Unter den öffentlichen Plätzen ist die Piazza Alberigo mit einem schönen Brunnen hervorzuheben. Die Stadt zählt (1881) 11,869 Einw. und hat eine Handelskammer, ein Gymnasium, eine technische Schule und außer der Akademie eine Spezialschule für die Gewinnung und Bearbeitung des Marmors. Außerdem befinden sich daselbst die Ateliers einer Menge auswärtiger Künstler, welche hier die Marmorblöcke punktieren, oft wohl auch ganz ausführen lassen. Fast die ganze männliche Bevölkerung ist beschäftigt mit dem Brechen, Bearbeiten und Transportieren des bald feinen weißen (statuarischen), bald schwarz, gelb und grünlich aderigen karrarischen Marmors, der, seit 2000 Jahren bekannt, in alle Länder vorschickt wird und sich als der beste zu Bildhauerarbeiten bewährt. Je heller, weißer und feiner, um so kostbarer ist der Marmor; vom statuarischen wird das Kubikmeter mit 300-1700 Frank bezahlt. Man zählt im ganzen 70 Brüche, welche ca. 2500 Arbeiter, ungerechnet 1000 beim Transport beschäftigte Personen, verwenden. Von C. führt eine Zweigbahn zu dem an der Eisenbahn Genua-Pisa gelegenen Hafen Avenza, von wo 1882: 850 Schiffe mit 86,228 Ton. Marmor ausliefen, während zu Lande 50,860 T. abgingen. C. zählt auch 40 Marmorsägen zur Verarbeitung des rohen Marmors zu Platten. Die Römer kannten die Marmorbrüche unter dem Namen Lapidicinae Lunenses. C. ist Geburtsort mehrerer Bildhauer, darunter P. Tenerani, dann des italienischen Staatsmanns Rossi.

Carrara, Francesco, der erste Kriminalist Italiens, geb. 18. Sept. 1805 zu Lucca, studierte in seiner Vaterstadt, in Pisa und Florenz, ward zuerst Advokat, dann in Pisa Nachfolger seines berühmten Lehrers Carmignani. C. ist zugleich Senator des Reichs und Ehrenbürger der Schweiz, für die er den Entwurf eines Strafgesetzes ausarbeitete. Seine wichtigste Arbeit ist das "Programma del corso di diritto criminale" (Parte generale, 5. Aufl., Lucca 1877; Parte speciale, 5. Aufl., das. 1881 ff.). Nächstdem sind die "Pensieri sul progetto di codice penale italiano" (3. Ausg., Lucca 1878) u. die "Lineamenti di pratica legislativa penale" (Tur. 1882) zu erwähnen.

Carrascosa, Michele, Baron, neapolitan. General, ergriff 1797 als neapolitanischer Offizier Partei für die Parthenopeische Republik, entging aber nach der Herstellung des Königtums der Ächtung. Er trat unter die Fahnen Joseph Napoleons und machte als Bataillonschef den Krieg in Spanien mit. Unter Murat zu höhern Militärgraden befördert, mußte er 1814 als Divisionschef im österreichisch-neapolitanischen Heer gegen die Franzosen fechten; im nächsten Jahr aber zog er mit seiner Division gegen die Österreicher und unterzeichnete nach der Niederlage von Tolentino die Militärkonvention von Casalanza (22. Mai 1815), der gemäß Neapel unter die Herrschaft der Bourbonen zurückkehrte. Unter der Restauration

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