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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Cembra - Cent.

Cembra Lond., Gruppe der Gattung Pinus, s. Kiefer.

Cement, s. Zement.

Cena (auch Coena, lat.), bei den Römern die Hauptmahlzeit, welche in der alten Zeit um Mittag, später unter dem Einfluß des städtischen Geschäftslebens nach dem Bad in der 9. oder 10. Stunde stattfand (s. Mahlzeit).

Cenaculum (lat.), Speisesaal (wie noch jetzt in Klöstern und Schulen). Da es bei den alten Römern schon zuzeiten der Republik Sitte ward, nicht im Erdgeschoß zu speisen, so bedeutete C. bei ihnen später auch geradezu oberes Stockwerk und, weil hier vermietet zu werden pflegte, Mietwohnung.

Cena domini (C. dominica, lat., "Mahl des Herrn"), s. v. w. Abendmahl; auch Gründonnerstag als der Gedächtnistag desselben.

Cenci (spr. tschenntschi), Beatrice, bekannt durch ihr trauriges Schicksal, war die Tochter eines röm. Edelmannes, Francesco C., geb. 12. Febr. 1577, und wuchs inmitten der greulichsten Sittenverderbnis auf. Ihr Vater war ein lasterhafter, roher Geizhals, der seine zügellosen Kinder sehr kurz hielt und namentlich Beatrice wegen der Geburt eines unehelichen Kindes hart behandelte. Im Bund mit ihrer Stiefmutter Lucrezia und ihrem ältesten Bruder, Giacomo, dang sie einen Banditen, der Francesco auf dem Schloß Petrella im Königreich Neapel im Schlaf erdolchte (1598). Beatrice wurde gefoltert und 10. Sept. 1599 nebst Lucrezia durch das Beil hingerichtet, Giacomo mit einer Keule erschlagen, und nur der jüngste Bruder, Bernardo, noch Kind, blieb am Leben. Papst Clemens VIII. hatte das harte Urteil vollstrecken lassen, weil kurz zuvor erst Constanza Santa Croce durch ihren Sohn ermordet worden war. Die bedeutenden Güter der Familie zog der Papst ein, und Paul V. vergab sie 1605 an die Borghesi. Nur Beatrices Verteidiger Farinacci hatte, um Beatrice zu retten, den ermordeten Francesco der Blutschande beschuldigt; obwohl diese Beschuldigung grundlos war, so wurde sie doch allgemein lange geglaubt und wiederholt, bis 1877 Bertolotti (s. unten) mit der zuverlässigen und aktenmäßigen Darstellung des Sachverhalts hervortrat. Der Stoff (nach der bisherigen Auffassung) ward von Shelley in einem Drama (deutsch von Strodtmann, Hildburgh. 1866) und von Guerrazzi in einem Roman (deutsch, Hamb. 1858, 2 Bde.) behandelt. Vgl. Torrigiani, Clemente VIII e il processo criminale della Beatrice C. (Flor. 1872); Bertolotti, Francesco C. e la sua famiglia (2. Aufl., das. 1879). Das angebliche Bild der Beatrice im Palast Barberini zu Rom, nach gewöhnlicher Annahme ein Werk Guido Renis, wird neuerdings für eine Madonna von P. Veronese gehalten.

Cendal (Sandal, Zindel), feines ind. Leinengewebe, ursprünglich im Handel Sindon genannt.

Cendré (franz., spr. ssang-), aschfarbig.

Cendres bleues, s. Bergblau.

Cendrillon (franz.), Aschenbrödel.

Cendrinsteine, s. Steine, künstliche.

Ceneda (spr. tsche-), Stadt, s. Vittorio.

Ceneri (Monte C., spr. tsche-), ein mit Kastanien bewaldeter Bergrücken im Südteil des schweizer. Kantons Tessin, verbindet die beiden voralpinen Gebirgsgruppen des Monte Tamaro und des Camoghe. Die Poststraße, welche über den Berg (553 m) führt und den Sopraceneri mit dem Sottoceneri, Bellinzona mit Lugano verknüpft, ist durch eine zum Netz der Gotthardbahn gehörige Linie ersetzt. Der Paßtunnel, 1880-81 gebohrt, ist 1,673 km lang.

Cenis, s. Mont Cenis.

Cenogenesis, s. Entwickelungsgeschichte.

Cenoman, Cénomanien (spr. ssenomanjäng), s. Kreideformation.

Cenomanen, großer keltischer Volksstamm, der im 6. Jahrh. v. Chr. in Italien einwanderte und die östliche Hälfte der Gallia transpadana mit der Hauptstadt Verona bewohnte. Der in Gallien zurückgebliebene Rest der C., ein Teil der Aulerker, wohnte um Suindinum (jetzt Le Mans im Sarthedepartement).

Cenotaphium (lat.), s. Kenotaphion.

Censitus (Censilis homo, Censuarius, lat.), einer, der einem Lehnsherrn Grundzins bezahlen mußte, Zinsmann, Zinspflichtiger, Gültmann.

Censores (lat.), s. Zensoren.

Censorinus, röm. Grammatiker aus dem 3. Jahrh. n. Chr., verfaßte als Festgabe zum Geburtstag eines reichen Gönners eine Schrift: "De die natali", worin er in affektierter rhetorischer Darstellung von dem Einfluß der Gestirne und Genien auf die Geburt des Menschen, den Lebensstufen und verschiedenen Arten der Zeiteinteilung handelt und manche wertvolle historische Notizen gibt. Neuere Ausgaben von Jahn (Berl. 1845) und Hultsch (Leipz. 1867).

Censura ecclesiastica (lat.), die kirchliche Strafgewalt, vermöge welcher ein Bischof Vergehen gegen die Kirche untersuchen und, bis zu erfolgter Buße, bestrafen kann; die Strafe umfaßt Interdikt, Suspension und Exkommunikation. Censurae heißen im Kirchenrecht die Straf- und Zuchtmittel, welche zum Zweck der Besserung des Schuldigen ausgesprochen werden (s. Zensur).

Census (lat.), s. Zensus.

Cent (v. lat. centum, "Hundertstel"), kleinere Rechnungs- und geprägte Münzen. In den Niederlanden ist der C. eine Kupfermünze im Wert von 0,017 Mk., 100 Cents = 1 Gulden. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika werden der C. und der halbe C. in Bronze (früher in Kupfer) ausgeprägt; 100 Cents machen 1 Dollar, daher 1 C. = 0,042 Mk. In gleicher Weise wird in verschiedenen Ländern der (spanische) Piaster in 100 Teile geteilt, welche aber bloßes Rechnungsgeld sind und teils gleichfalls C. heißen, wie auf den Ionischen Inseln, teils den Namen Centavo, wie im ehemals spanischen Amerika, führen. Der 100. Teil des italienischen Lire heißt Centesimo, der 100. Teil des Franks in Frankreich, Belgien und der Schweiz Centime, = 0,008 Mk. Die 1- und 2-Centstücke sind gewöhnlich von Kupfer; 5-, 10- und 20-Centstücke hat man in den nach französischem Münzfuß rechnenden Staaten in einer Kupferlegierung ausgeprägt. Auch Österreich rechnet seit Annahme der Vereinswährung nach Cents, für welche indes der Name Kreuzer beibehalten worden ist, wie auch in der Schweiz die Cents noch Rappen heißen.

Cent (die, v. lat. centena), früher Bezeichnung für Bezirk, Sprengel, besonders Gerichts-, Amtsbezirk, auch für die Gerichtsbehörde selbst, namentlich für ein Kriminalgericht; endlich auch s. v. w. Gerichtsbarkeit. Nach der altgermanischen Verfassung war das Land in Gaue eingeteilt, und jeder Gau zerfiel wieder in mehrere Centen. Der Gau (vicus, pagus) erscheint als ein größerer Distrikt, in welchem ursprünglich die waffenfähigen und stammverwandten Männer zur Erhaltung des Friedens und Rechtszustandes im Innern wie nach außen in einer politischen Verbindung standen. C. (im Fränkischen auch hundreda) war ein kleinerer Bezirk, der anfänglich 100 freie Familien umfaßt haben mag, daher wahrscheinlich der Name (von centum = 100). An der Spitze der Gau-^[folgende Seite]

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