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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Chaptalisieren – Charâdsch

Manufakturen. 1816 ernannte ihn Ludwig ⅩⅧ. zum Mitgliede der Akademie und 1819 zum Pair. Er starb 30. Juli 1832 zu Paris. Hauptschriften: die «Chimie appliquée aux arts» (4 Bde., Par. 1806; 2. Aufl., 5 Bde., 1827; deutsch von Hermbstädt, 2 Bde., Berl. 1808), die «Chimie appliquée à l’agriculture» (2 Bde., Par. 1823; 2. Aufl. 1829) und «Essai sur le perfectionnement des arts chimiques en France» (ebd. 1800). – Sein Urenkel A. C. gab heraus «Mes souvenirs sur Napoléon» (Par. 1893).

Chaptalisieren, eine nach ihrem Erfinder, dem franz. Chemiker Chaptal (s. d.), genannte Methode der künstlichen Weinverbesserung. Sie besteht darin, daß man in solchen Jahren, wo die Traube nicht gehörig gereift ist und infolgedessen ein Übermaß von Säure besitzt und Mangel an Zucker hat, den Säuregehalt auf die richtige Menge reduziert und den fehlenden Zucker zusetzt. Ein normaler Traubenmost enthält im Liter 6 g Weinsäure und durchschnittlich 200 g Zucker. Wenn nun aus unreif gebliebenen Trauben gekelterter Most im Liter 9 g Säure und nur 150 g Zucker enthält, so wird daraus notwendigerweise nur ein saurer, nicht feuriger Wein werden können; bringt man aber Säure und Zucker in das richtige Verhältnis, so ist aus solchem Moste, wenn zwar kein hochfeiner, so doch ein sehr trinkbarer Wein zu machen. Dies kann so geschehen, daß man auf je 3 g Säureüberschuß 2 g fein gepulverten Marmor zufügt und so viel Zucker in dem Moste löst, bis dieser an der Mostwage den gewünschten Gehalt zeigt. Das Marmorpulver ist kohlensaurer Kalk, dieser neutralisiert einen entsprechenden Anteil der vorhandenen Säure und wird dabei als unlöslicher weinsaurer Kalk abgeschieden. Ein Überschuß von Marmor geht als äpfelsaures Salz in Lösung. Da in sauren Mosten die Weinsäure im Verhältnis zur Apfelsäure wesentlich zurücktritt, so wird durch das C. nur ungenügende Entsäuerung bewirkt. Das Gesetz über den Verkehr mit Wein vom 20. April 1892 erlaubt die Entsäuerung des Weins mittels gefällten reinen kohlensauren Kalks und den Zusatz von technisch reinem Rohr-, Rüben- und Invertzucker.

Chapu (spr. schappüh), Henri, franz. Bildhauer, geb. 29. Sept. 1833 zu Lemée im Depart. Seine-et-Oise, gest. 21. April 1891 zu Paris, war Schüler von Pradier, Duret und Cogniet. Er wählte sich namentlich Gegenstände aus dem Gebiet der Allegorie und Mythologie, später lieferte er auch treffliche Porträtstatuen. Mit seinem Merkur, welcher den Heroldsstab erfindet, trug er im Salon von 1863 seinen ersten Erfolg davon. Unter seinen Werken sind zu nennen die Verwandlung der Klytia (1867), die Statue der Deklamation an der Façade der Neuen Oper zu Paris, der Gedanke (s. Tafel: Französische Kunst Ⅳ, Fig. 6), die Jungfrau von Orléans (1870; diese wie der Merkur im Luxembourg), die Statue der Jugend für das Denkmal des Malers Regnault (1875), eins seiner bedeutendsten Werke, die 1880 in Sens errichtete Statue Jean Cousins u. a.

Chapultepec (spr. tschapultepéck), Anhöhe bei der Stadt Mexiko (s. d.).

Char (frz., spr. schar), Wagen; C. à banc(s), offener Wagen mit Bänken in der Längsrichtung.

Chara L., Algengattung aus der Gruppe der Chlorophyceen. Die Arten, gegen 17, sind über die ganze Erde zerstreut, in Europa kommen gegen 12 vor. Es sind sämtlich Wasserpflanzen, sowohl in süßem Wasser wie in salzigen Binnenseen. In Deutschland am häufigsten sind C. fragilis Desv. (s. Tafel: Algen Ⅰ, Fig. 15, und Ⅱ, Fig. 16) und C. foetida A. Br. In den salzigen Seen Deutschlands finden sich ebenfalls nicht selten C. crinita Wallr. und C. ceratophylla Wallr. Die Fortpflanzung dieser Algen erfolgt nur auf geschlechtlichem Wege. Über den Bau der betreffenden Organe s. Chlorophyceen.

Charaeas gramĭnis L., Graseule, ein zu den echten Eulen gehöriger Schmetterling mit braunroten bis grüngrauen Vorderflügeln, und blaßgelbem Ring-, Nieren- und Zapfenfleck und schwarzen Fleckchen unmittelbar neben dem Saum. Der 24‒36 mm spannende Schmetterling fliegt im Hochsommer über Tag, die dicke dunkelbraune, mit drei hellern Rückenstreifen ausgezeichnete Raupe erscheint im Herbst, überwintert und verpuppt sich im Juni. Sie ist wiederholt schädlich aufgetreten.

Characēen, s. Chlorophyceen.

Character indelebĭlis (lat.) heißt in der kath. Kirche die den drei Sakramenten der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe beigelegte Kraft, durch ihre Vollziehung an den Empfängern des Sakraments eine durch nichts wieder aufzuhebende (indelebilis, «unzerstörbare») geistliche Wirkung hervorzubringen. Jene drei Sakramente können daher im Unterschiede von den vier andern nicht wiederholt werden. Die Aufnahme in den Stand des Klerus erfolgt nach kanonischem Recht durch das vom Bischof zu spendende Sakrament der Ordination (s. d.). Diese erfolgt in sieben Weihestufen und wird vorbereitet durch die Tonsur (destinatio canonica). Die höchste Weihe, diejenige des Priesters, bewirkt den sog. C. i., ausgebildet seit dem 12. Jahrh., derart, daß die dadurch erworbene höhere spirituelle Weihe unverzichtbar und unverlierbar ist; weder ist ein freiwilliger Austritt aus dem Priesterstande rechtlich möglich, noch kann der priesterliche Charakter verloren werden durch Sünden oder Verbrechen. Begründer dieser Lehre ist Thomas von Aquino.

Charade (frz., spr. scharahd’), s. Silbenrätsel.

Charadriĭdae, Charadrĭus, s. Regenpfeifer.

Charâdsch, ein von sämtlichen mohammed. Nationen aufgenommenes arab. Wort, bedeutet ursprünglich die seit Omar Ⅰ. eingeführte Grundsteuer (vgl. von Berchem, La propriété territoriale et l’impôt foncier sous les premiers Califes, Genf 1886), wird jedoch im spätern Sprachgebrauch, speciell aber im Türkischen zur Bezeichnung der Dschisjeh, d. h. Kopfsteuer, zu deren Zahlung nach dem mohammed. Staatsrecht die sog. Schriftbesitzer (ahl al-kitâb; Christen, Juden, Parsen, Sabier) bei ihrer Unterwerfung sich verpflichten mußten, verwendet. In diesem Sinne wurde auch der Jahrestribut der zu der Pforte in Schutz- und Suzeränitätsverhältnis getretenen autonomen christl. Staaten, wie der Republik Ragusa und der Donaufürstentümer, von den Türken C. genannt; vorzugsweise aber bezeichnete der Ausdruck immer die Abgabe, die den innerhalb des osman. Gebietes lebenden Rajah, und zwar vom Eintritt der Pubertät bis an den Tod, als Charadschi-Ras, d. i. Kopfsteuer, auferlegt war. Obwohl der C., dessen Erhebung der islamit. Staat trotz der geringen Einträglichkeit als religiöse Pflicht betrachtete, durchaus nicht drückend für die Pflichtigen genannt werden konnte, und obwohl die Pforte zur leichten Erledigung aller darauf bezüglichen Beschwerden einen besondern Oberbeamten, den Charadschtschi- ^[folgende Seite]

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