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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Consilia evangelica - Constable.

nicht zu halten, worauf die Anhänger der Schule ein neues Organ, die "Démocratie pacifique", gründeten, welche 1845 an der "Phalange, revue de la science sociale" eine Hilfszeitschrift erhielt. Die oberste Leitung beider Journale wurde C. übertragen. Considérants meiste und bedeutendste Schriften handeln von der radikalen Weltverbesserung nach "harmonischen" Grundsätzen, so gleich sein Erstlingswerk: "Destinée sociale, exposition élémentaire complète de la théorie sociétaire" (Par. 1834-45, 3 Bde.; neue Aufl. 1851, 2 Bde.). Zugleich bewährte er sich als Redner bei seinen fourieristischen Missionen im Innern von Frankreich, in der Schweiz, in Belgien und Deutschland. Im J. 1848 wurde er vom Departement Loiret, 1849 vom Seinedepartement in die Nationalversammlung gewählt, wo er mit der Bergpartei stimmte. Wegen Unterschreibung von zwei insurrektionellen Aktenstücken vom 13. Juni 1849 des Hochverrats angeklagt, entfloh er nach Belgien und wandte sich von hier, nachdem er von der Jury zu Versailles abwesend zu lebenslänglicher Deportation verurteilt worden, nach Texas, um daselbst neue Versuche mit der praktischen Durchführung seines Systems zu machen. Er gründete in der Nähe von San Antonio mit den Mitteln einer Gesellschaft die Kolonie La Réunion, kehrte aber, da dieselbe nicht prosperierte, im August 1869 mit seiner Familie nach Frankreich zurück und machte sich 1870 durch einige politische Flugschriften bemerklich. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: "Théorie de l'éducation naturelle et attrayante" (1835; deutsch, Nordh. 1847); "Manifeste de l'école sociétaire fondée par Fourier, ou bases de la politique positive" (1841); "Exposition abrégée du système phalanstérien de Fourier" (1845); "Principes du socialisme" (1847); "Théorie du droit de propriété et du droit au travail" (1848); "L'apocalypse, ou la prochaine rénovation démocratique et sociale de l'Europe" (1849); "La solution, ou le gouvernement direct du peuple" (1850) u. a. Vgl. Sozialismus.

Consilĭa evangelĭca (lat., "evangelische Ratschläge"), nach der Lehre der römischen Kirche solche von den Geboten (praecepta) unterschiedene sittliche Vorschriften, zu deren Befolgung der Christ eigentlich nicht verpflichtet ist, deren Erfüllung jedoch ein außergewöhnliches Verdienst des Menschen begründet. Dieser Theorie begegnen wir schon im Hirten des Hermas, später bei Ambrosius, Hieronymus und selbst bei Augustin sowie im Orient bei Chrysostomos und Gregor von Nazianz; unter den Scholastikern entwickelte sie besonders Thomas von Aquino. Man zählt ihrer im ganzen zwölf, unter denen aber Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam, also die drei Mönchsgelübde, wieder als praecipua c. e. gelten.

Consilĭum (lat.), richterliches Gutachten, Ausspruch, Rat; im alten Rom auch der Kreis von Rechtsverständigen, mit welchem sich die Magistrate zu umgeben pflegten. Dionysius weist Spuren davon schon in der Königszeit nach; später waren es besonders die Konsuln und Prätoren, welche bei Kriminal- wie Zivilprozessen dergleichen Consiliarii, Assessores etc. zu Rate zogen, die allmählich großen Einfluß auf die Entscheidungen der Magistrate ausübten, wie schon aus der Formel, der Magistrat habe de consilii sententia entschieden, hervorgeht. Im engern Sinn hieß C. auch ein stehendes Kollegium, welches dem Oberrichter, in Provinzen dem Statthalter in der Privatjurisdiktion, z. B. in Untersuchungen über Ingenuität, Zivität, Freiheit etc., beistand und namentlich die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu besorgen hatte. Gewählt wurden die Mitglieder dieses C. vom Präses der Provinz aus dem Conventus (s. Konvent). In Rom bestand das C. aus fünf Senatoren und fünf Rittern.

Consilium abĕundi (lat., der "Rat, abzugehen"), nach § 6 des preußischen Gesetzes vom 29. Mai 1879 über die Rechtsverhältnisse der Studierenden und die Disziplin auf den Landesuniversitäten s. v. w. Entfernung von der Universität. Diese Strafe verbietet ganz oder zeitweise nur den Besuch einer bestimmten Universität, während die Relegation oder der Ausschluß vom Universitätsstudium, nur zulässig auf Grund rechtskräftiger Verurteilung wegen einer strafbaren, aus ehrloser Gesinnung entsprungenen Handlung, den Betroffenen von allen deutschen Hochschulen dauernd verbannt. Eine mildere Vorstufe des C. ist die Unterschrift des C. oder die protokollarische Androhung der Entfernung.

Consivia, Beiname der röm. Göttin Ops (s. d.).

Consobrīni (lat.), Geschwisterkinder, von zwei Schwestern geboren.

Consols (engl.), s. Konsols.

Consommé (franz., spr. kongssŏmē), Kraftbrühe.

Con sordīno (ital.), mit dem Dämpfer (s. d.).

Consorterīa (ital.), Genossenschaft, besonders Name der parlamentarischen Partei in Italien, welche, von Cavour gegründet und anfangs geleitet, von 1860 bis 1876 die Majorität in der Kammer hatte, und aus der daher die Ministerien dieser 16 Jahre hervorgingen. Den Kern der Partei bildete die Mehrheit der alten sardinischen Kammer, welcher sich die bedeutendsten Geister des übrigen Italien anschlossen. Ihr Ziel war die Vollendung der italienischen Einheit, welche sie jedoch nicht durch revolutionäre Gewaltstreiche, sondern durch Verhandlungen und namentlich im Einvernehmen mit Frankreich zu erreichen strebte, ferner die Begründung einer parlamentarischen Verfassung, die Herstellung des finanziellen Gleichgewichts und endlich die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche auf Grund der Cavourschen Formel: "Freie Kirche im freien Staat". Als die Partei 1870 die italienische Einheit vollendet, durch die Garantiegesetze und die Beseitigung des Defizits im Budget von 1875 auch ihre übrigen Ziele erreicht hatte, fiel sie 1876 auseinander und wurde durch die Radikalen aus der Regierung verdrängt.

Consortes litis (lat., "Streitgenossen"), die in einem Rechtsstreit in einer Parteirolle, als Mitkläger oder als Mitbeklagte, vereinigte Mehrheit von Personen.

Consp. (lat.), auf Rezepten Abkürzung für consperge, "bestreue", nämlich die Pillen.

Constable (engl., spr. kónnstäbl, ursprünglich verwandt mit dem franz. Connétable), Name öffentlicher Sicherheitsbeamten in England. Der Lord High C., einer der obersten Kron- und Reichsbeamten des alten England, war dem Connetable von Frankreich ganz gleich. Die Würde des Großconstable war lehnbar, erlosch aber mit Eduard Stafford, der 1521 wegen Hochverrats verurteilt wurde. Seitdem wird nur für besonders feierliche Gelegenheiten ein Großconstable ernannt. In Schottland ist die Würde eines Lord High C. in der Familie Errol erblich. Die Oberconstables (High Constables), die als Gehilfen des Sheriffs für die Erhaltung des Landfriedens zu sorgen haben, wurden 1284 von Eduard I. eingeführt. Zu ihnen kamen unter Eduard III. die Gemeindeconstables (Petty Constables) mit gleichen Verpflichtungen. Ihr Amtszeichen ist ein etwa

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]