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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Erinna; Erinnerung; Erinnyen

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Erinna - Erinnyen.

nierenförmigen Gestalten von konzentrisch-schaliger Zusammensetzung, ist smaragdgrün, matt, kantendurchscheinend, Härte 4,5-5, spez. Gew. 4-4,1, besteht aus wasserhaltigem arsensauren Kupferoxyd und findet sich in Cornwall. E. heißt auch eine Varietät des Bolus aus Irland (Erin).

Erinna, griech. Dichterin aus Telos, lebte im Anfang des 6. Jahrh. v. Chr. als Zeitgenossin und Freundin der Sappho bei dieser in Mytilene und starb als Jungfrau, erst 19 Jahre alt. Von ihrem berühmtesten Gedicht, der aus 300 Hexametern bestehenden "Elakate" ("Spindel"), sind nur wenige Verse erhalten, außerdem drei Epigramme (in Schneidewins "Delectus poesis graecae elegiacae", Götting. 1839, und Bergks "Poetae lyrici graeci", Bd. 3; übersetzt von Richter in "Sappho und E.", Quedlinb. 1833). Ein der E. fälschlich zugeschriebenes lyrisches Gedicht auf Rom als Weltbeherrscherin, in fünf sapphischen Strophen, hat zur Verfasserin die Melinno, eine griechische Dichterin aus Locri Epizephyrii in Unteritalien, die wahrscheinlich zur Zeit des Pyrrhos oder des ersten Punischen Kriegs lebte (abgedruckt in Bergks "Anthologia lyrica"). Vgl. Welcker, Kleine Schriften, Bd. 2 (Bonn 1845).

Erinnerung und Erinnerungsvermögen, s. Gedächtnis.

Erinnyen (Erinyen, Eumeniden, lat. Furien), die Rachegöttinnen der Alten, die "Zürnenden", ursprünglich vielleicht Gewittergöttinnen. Die Dreizahl erscheint erst bei Spätern; die Namen Alekto (die nie Rastende), Tisiphone (die Rächerin des Mordes), Megära (die Verargende) kommen erst bei den alexandrinischen Dichtern vor. Nach Hesiod entstanden die E. aus den Blutstropfen, welche aus den von Kronos seinem Vater abgeschnittenen Geschlechtsteilen zur Erde fielen. Äschylos nennt sie Töchter der Nacht, Sophokles des Skotos (Dunkels) und der Gäa. Als die unerbittlichen Verfolgerinnen jeglicher Verletzung der von der Natur geheiligten Bande des Bluts, namentlich des Verwandtenmordes, haben sie ihre weitere Ausbildung besonders bei den Tragikern erhalten, von denen sie zuerst Äschylos in seinen "Eumeniden" als Chor auf die Bühne brachte und damit die ergreifendste Wirkung erzielte. Äschylos' Schilderung der Unholdinnen blieb der Grundtypus für die spätern Darstellungen; auf sie gründet sich auch die herrliche Beschreibung in Schillers "Kranichen des Ibykus". Sie wohnen unterirdisch als uralte, vampirartige Jungfrauen, zu denen nie ein Wesen sich gesellte, haben Krallen an den Händen, blutige Augen etc. Sinnverwirrend, Wahnsinn einhauchend, verfolgen sie den Frevler wie Hunde ein gehetztes Wild und singen ihm den schaurigen Erinnyengesang, der ihn mit fesselnden Banden umschlingt. Aber unerweichbar sind die furchtbaren Göttinnen nicht; wenn der Sünder gebüßt hat und von seiner Schuld gereinigt ist, lassen sie von seiner Verfolgung ab. So nach Äschylos. Übrigens hatten die E. schon dadurch, daß sie dem Verbrecher furchtbar waren, Obhut über alles Sittliche und Gute, und auch ohne die ausdrückliche Nachricht, daß sie auch Gottheiten des Segens gewesen, muß man diese Lichtseite an ihnen herausfinden. Da aber diese ihre Geltung sich nicht überall behauptet hatte, konnte es geschehen, daß bei Dichtern (wie Äschylos) eine Wandlung zum Freundlichen erst an die Geschichte des Orestes (s. d.) angeknüpft wurde. Gleichwohl scheint die Benennung derselben als Eumeniden (die "Wohlwollenden") nur auf eine euphemistische Scheu vor ihrem gewöhnlichen Namen zurückzuführen. Bemerkenswert ist, daß später die gorgonenhaften Schreckgestalten der Äschyleischen Tragödie, welche ähnlich auf Vasenbildern (Fig. 1) des ältern Stils vorkommen, dem Schönheitssinn der Athener nicht mehr entsprachen, weshalb die E. nach Perikles' Zeit auf dem Theater als ernste Jungfrauen erschienen, im reich geschmückten Kostüm von Jägerinnen, um das Haupthaar ein Band von Schlangen und Fackeln, Geißeln oder Schlangen in den Händen (Fig. 2). Um ihre Schnelligkeit anzudeuten, versah man sie wohl auch mit Flügeln an den Schultern. So finden sie sich in Darstellungen der Unterwelt auf Vasen, etruskischen Sarkophagen und Wandgemälden. Genannt werden uns Bildsäulen der E. von Kalamis und Skopas. In Athen hatten sie ein Hei-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 1. Erinnye, den Peirithoos in der Unterwelt bindend (Vasenbild).

Fig. 2. Sisyphos, den Stein wälzend, und eine Erinnye (Vase aus Canosa, in München).]