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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Fallende Sucht - Fallmaschine.

Man bestimmt den Fallwinkel mittels eines Gradbogens, einer ringförmigen halben Messingscheibe, aus deren Mittelpunkt ein an einem Menschenhaar befestigtes Lot herabhängt, welches bei horizontaler Stellung des Scheibendurchmessers in der Mitte des Halbkreises auf den Nullpunkt der Gradeinteilung einspielt. Von diesem ab werden die beiden Quadranten jeder in 90 Grade geteilt. Zur Abnahme des Fallens, z. B. eines Ganges (s. Bergbau), legt man den Durchmesser des Gradbogens entweder direkt an denselben in dessen Falllinie an und liest auf dem betreffenden Quadranten nach der Lotabweichung vom Nullpunkt den Fallwinkel ab, oder man spannt parallel mit der Fallrichtung eine Schnur aus und hängt den Gradbogen an diese mit Haken, welche sich an den beiden Enden des Halbkreises befinden. Fallen zwei benachbarte Gänge nach verschiedenen Weltgegenden ein, liegen also auch ihre Fallwinkel in verschiedenen Richtungen, so sagt man, der eine Gang falle in Bezug auf den andern verkehrt oder widersinnig. Dabei nimmt man den Hauptgang als den rechtsinnig fallenden an. Für Aufnahmen im Feld ist an den Kompassen ein kleines Messingpendel angebracht; die mit demselben zu erhaltenden Resultate sind für die meisten Fälle genau genug.

Fallende Sucht, s. Epilepsie.

Fallersleben, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Lüneburg, Kreis Gifhorn, an der Linie Berlin-Lehrte der Preußischen Staatsbahn, mit alter Kirche, Schloß, Amtsgericht und (1885) 1744 evang. Einwohnern; Geburtsort des Dichters Aug. Heinr. Hoffmann, welcher sich daher "Hoffmann von F." nannte.

Fallgatter, in Festungen, Burgen etc. ein aus starken Balken gefertigtes Gatterthor, zum Schutz gegen Überrumpelung bestimmt, konnte, über dem Festungsthor mittels einer Kette und einer Welle bewegbar, leicht aufgezogen und niedergelassen werden. Schon die Griechen und Römer brachten F. am Eingang der Bollwerke vor den Thoren eines befestigten Platzes an, und auch im Innern waren die Thore mit solchen Sperrmitteln versehen. Statt zusammenhängender F. wandte man auch einzelne befestigte Balken, die sogen. Fallbäume, an. Jetzt werden an Stelle der F. meist eiserne, zweiflügelige Thore gebraucht.

Fallgrube, mit Reisholz bedeckte Grube zum Einfangen wilder Tiere, besonders Bären (Bärengrube), Wölfe (Wolfsgrube) und Füchse. Erstere, gewöhnlich 5 m weit und tief, ist außer mit Reisig auch noch mit Rasen dünn verdeckt und zur Anlockung des Tiers mit einem Köder (lebendes Schaf, beim Fuchs eine Ente) versehen. Will man das gefangene Tier lebendig haben, so treibt man es durch einen mit einer Fallthür versehenen Ausgang der Grube in einen Kasten, welcher sich durch eine ähnliche Thür von selbst schließt.

Fallgut (Falllehen, Schupflehen), Gut, welches bei jedem Todesfall des Besitzers dem Gutsherrn wieder anheimfällt, wenn er nicht die Erben aufs neue damit belehnt. Vgl. Bauerngut.

Fallhorn, s. Takelage. ^[richtig: Takelage.]

Fallibel (neulat.), der Täuschung, dem Irrtum unterworfen, fehlbar; Fallibilität, Fehlbarkeit.

Fallières (spr. falliähr), Clément Armand, franz. Politiker, geb. 6. Nov. 1841 zu Mézin (Lot-et-Garonne), studierte die Rechte, ließ sich in Nérac als Advokat nieder und war Maire dieser Stadt bis 25. Mai 1873. Im J. 1876 wurde er daselbst zum Deputierten gewählt, schloß sich in der Kammer der republikanischen Linken an und zeichnete sich bald als guter Redner aus. Er gehörte zu den eifrigsten Anhängern Gambettas, ward daher im Mai 1880 vom Minister Constans zum Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern ernannt und besetzte alle einflußreichen Beamtenstellen mit eifrigen Gambettisten, wodurch er der Partei Gambettas bei den Deputiertenwahlen im August 1881 den Sieg sicherte. Unter Freycinet im Januar 1882 abgesetzt, übernahm er 7. Aug. d. J. im Kabinett Duclerc selbst das Ministerium des Innern und bildete nach dessen Sturz 20. Jan. 1883 ein provisorisches Ministerium, in welchem er den Vorsitz hatte, das sich aber schon 18. Febr. wieder auflöste. Im November 1883 übertrug ihm Ferry das Portefeuille des Unterrichts, das er bis 1. April 1885 behielt.

Falliment (ital. fallimento, franz. faillite; auch [unfranzösisch] Fallissement), Zahlungsunfähigkeit, Bankrott (s. d.); fallieren (faillieren), bankrott werden (namentlich unverschuldeterweise); Fallit (Faillit), ein Zahlungsunfähiger.

Fallingbostel, Dorf und Kreisort im preuß. Regierungsbezirk Lüneburg, mit evang. Pfarrkirche und (1885) 866 evang. Einwohnern. Der Kreis F. umschließt den ödesten Teil der Lüneburger Heide.

Fallitmasse, s. v. w. Konkursmasse.

Fallkraut, s. Arnica.

Falllehen, s. Fallgut.

Falllinie, s. Fallen der Schichten.

Fallmaschine, Vorrichtung, um die Gesetze der gleichförmig beschleunigten Bewegung und dadurch mittelbar die Gesetze des freien Falles durch Versuche nachzuweisen. Die Geschwindigkeit eines frei fallenden Körpers wächst so rasch, daß es unmöglich wird, den Verlauf seiner Bewegung genau zu verfolgen. Durch die Atwoodsche F. (s. Figur) kann man, ohne das Bewegungsgesetz zu ändern, die Fallbeschleunigung beliebig vermindern, indem man den fallenden Körper außer seiner eignen noch eine andre Masse in Bewegung setzen läßt. Die F. besteht aus einer etwa 2 m hohen vertikalen Säule, auf deren Gipfel eine um eine wagerechte Achse leicht drehbare Rolle angebracht ist; über die Rolle läuft ein Faden, an dessen Enden gleiche Gewichte p und q hängen, die sich also das Gleichgewicht halten. Legt man nun auf das eine Gewicht p ein kleines Übergewicht (m), so sinkt es mit gleichförmiger Beschleunigung herab, während das andre Gewicht steigt. Da durch die Kraft, welche das Übergewicht zu Boden zieht, die gesamte in den beiden Gewichten und dem Übergewicht enthaltene Masse in Bewegung gesetzt wird, so erlangt diese eine Beschleunigung (g'), welche sich zu derjenigen (g) des freien Falles verhält wie m zu m + 2p und

^[Abb.: Atwoods Fallmaschine]