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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fetttaucher; Fettthon; Fettvogel; Fettwachs; Fettwaren; Fetwa; Feu; Feuchères; Feuchtblatt; Feuchtersleben

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Fetttaucher - Feuchtersleben.

Fettbildung beitragen. Schließlich hat Munk auch die synthetische Fettbildung aus Fettsäuren nachgewiesen. Der Fettansatz erfolgt demgemäß 1) aus zu großem Fettreichtum der Nahrung,

2) durch Überschuß von Fett, welches aus zersetztem Eiweiß abgespalten ist,

3) aus unzerstört gebliebenem Fett, welches durch Kohlehydrate geschützt oder aus ihnen gebildet ist, und

4) endlich dadurch, daß die Fähigkeit der Zellen zur Stoffzersetzung verringert wird, wie es bei Alkoholgenuß und geringer Körperbewegung der Fall ist (Voit). Diesen verschiedenen Ursachen der Fettbildung entsprechen nun auch die Mittel, das abgelagerte Fett zum Verschwinden zu bringen, und der jedesmaligen individuellen Ursache der Fettentstehung muß die Fettentziehungskur entsprechen. Wo ein Überschuß gewisser Nahrungsstoffe die Ursache der Fettleibigkeit ist, muß dieser beseitigt werden. Die Bantingkur bezweckt durch reichhaltigen Fleischgenuß Vermehrung der Eiweißration und Verminderung der Aufnahme von Fett- u. Kohlehydraten. Sie ist rationell, wird aber erfahrungsgemäß bei der großen Einschränkung der stickstofffreien Nahrungsmittel nur zeitweise vertragen. Voit schlägt vor, reichlich Eiweiß zu geben (natürlich nicht so viel, daß daraus Fett sich ansammelt) und dazu geringere Mengen von Fett oder von Kohlehydraten oder von beiden, als zur Ernährung notwendig sind, so daß der Körper eine kleine Menge von Fett einbüßt. Man wählt demnach fettarmes Fleisch und gibt den Leidenden in den vegetabilischen Nahrungsmitteln (z. B. grünen Gemüsen) Fett und Kohlehydrate in so geringer Menge, daß Tag für Tag eine kleine Quantität von Körperfett abgegeben werden muß. Die Fettzersetzung wird dann noch unterstützt durch Körperbewegung, wenig Schlaf, kalte Bäder etc. Örtel und Schweninger stellen die Beschränkung der Getränkezufuhr in den Vordergrund, speziell in den Fällen, wo es sich um Zirkulationsstörungen infolge der F. handelt. Die Verdauung und Resorption der zugeführten Nahrungsmittel soll bei Beschränkung des Getränks bedeutend schneller vor sich gehen, und es wird häufigere Zuführung kleinerer Quantitäten von Nahrungsmitteln empfohlen. Stokes und Örtel kombinieren die Methode mit forcierten, mit Schweißbildung verbundenen Muskelbewegungen, welche besonders bei Herzschwäche mit großer Vorsicht und steter Rücksichtnahme auf die übrigen Organe und den Kräftezustand gehandhabt und geregelt werden müssen. Eventuell sind sie durch Wasserentziehungen (römisch-irische Bäder) zu ersetzen. Ebstein entzieht in der Nahrung fast ganz die Kohlehydrate (Zucker, Stärke), während er bei hinreichender Eiweißmenge Fett geben läßt. Das Gefühl des Sattseins wird dabei erreicht, der Durst aber herabgesetzt. Die relativ geringe Fettmenge leistet nach ihm als kraftgebender Nahrungsstoff soviel wie eine 2,5mal so große Menge von Kohlehydraten. Tarnier verordnet ausschließlich Milchgenuß. Dazu kommen noch Mineralwasserkuren, besonders in Marienbad, Karlsbad, Kissingen und Homburg, wo aber neben dem Wassergebrauch systematische diätetische Kuren und geeignete Lebensweise (Kisch-Marienbad) durchaus erforderlich sind. Abführmittel und Jodpräparate sind veraltet und nutzlos. Alle verschiedenen Methoden haben, in richtiger Weise angewandt, Erfolg; aber sie können nur da wirksam sein, wo sie den gerade gegebenen Ursachen der Fettbildung im einzelnen Fall entsprechen. Sie müssen je nach der Individualität und nach den Ursachen der Fettvermehrung gewählt und eingeschlagen werden, bedürfen aber der ärztlichen Auswahl und Überwachung, da alle Kuren von der Bantingkur bis zur Wasserentziehungskur in gewissen Fällen recht gefährlich werden können. Vgl. Banting, Letter on corpulence addressed to the public (Lond. 1864, 4. Aufl. 1881); Vogel, Korpulenz, ihre Ursachen, Verhütung und Heilung (20. Aufl., Berl. 1882); Kisch, Fettleibigkeit der Frauen im Zusammenhang mit den Krankheiten der Sexualorgane (Prag 1872); Ebstein, Die Fettleibigkeit und ihre Behandlung (6. Aufl., Wiesb. 1884); Maas, Die Schweninger-Kur (Berl. 1885); Örtel, Die Ebsteinsche Flugschrift über Wasserentziehung (Leipz. 1885).

Fetttaucher, s. Pinguin.

Fettthon, s. v. w. Bolus.

Fettvogel, s. v. w. Guacharo.

Fettwachs (Leichenfett, franz. Adipocire), fettartige Masse, entsteht nach mehrjährigem Liegen von Leichnamen in feuchter Erde oder im Wasser, besonders bei Anhäufung vieler Kadaver an demselben Ort, erfüllt oft den Raum aller Weichteile der Leichname und zeigt nicht selten auch noch die Form der frühern Gewebsteile. Es bildet sich bisweilen auch in den Maceriertrögen der Anatomien, besteht im wesentlichen aus Ammoniak-, Kali- und Kalkseife mit festen fetten Säuren (besonders Palmitinsäure) und schmilzt etwa bei derselben Temperatur wie diese. Es ist farblos, kristallinisch, löslich in Äther.

Fettwaren, alle fettigen Handelsartikel, als: Butter, Speck, Talg, Thran, Öle etc.

Fetwa (arab.), der Rechtsspruch oder das gesetzliche Gutachten eines Mufti; auch das Urteil des Kadi. Aus den Fetwas der Muftis setzt sich das türkische Gewohnheitsrecht zusammen. Das F. (billigende Gutachten) des Scheich ul Islam ist zur Gültigkeit jedes neuen Staatsgesetzes oder sonstigen Schrittes der Regierung erforderlich.

Feu (franz., spr. föh), Feuer.

Feuchères, Sophie, Baronin, s. Condé 7).

Feuchtblatt, das weibliche Glied beim Hoch- und Rehwild.

Feuchtersleben, Ernst, Freiherr von, Mediziner, geb. 29. April 1806 zu Wien, war seit 1840 Sekretär der k. k. Gesellschaft der Ärzte, hielt seit 1844 an der Wiener Hochschule Vorträge zur Vorbildung psychischer Ärzte, wurde 1847 Vizedirektor der medizinisch-chirurgischen Studien und war 1848 kurze Zeit Unterstaatssekretär im Unterrichtsministerium. Er starb 3. Sept. 1849. F. war nicht nur ein scharfsinniger Arzt, sondern auch ein Dichter von feinem ästhetischen Sinn und philosophischer Weltbildung, dem auch lebensfrischer Humor nicht fremd war. Er schrieb: "Die Lehre von den Heilanzeigen" (in lat. Sprache, Wien 1833); "Über das Hippokratische erste Buch von der Diät" (das. 1835); "Über die Gewißheit und Würde der Heilkunst" (das. 1839); "Lehrbuch der ärztlichen Seelenkunde" (das. 1845). Ungemeine Verbreitung fand das für das größere Publikum bestimmte Schriftchen "Zur Diätetik der Seele" (Wien 1838, 45. Aufl. 1882), worin er nachweist, daß die Gesundheit des Körpers durch Kräftigung der geistigen Thätigkeit und der Willenskraft erhalten oder wiederhergestellt werden könne. Wertvoll sind ferner seine "Beiträge zur Litteratur-, Kunst- und Lebenstheorie" (Wien 1837-41, 2 Bde.) und die mit Geschmack ausgeführte Anthologie "Geist der deutschen Klassiker" (3. Aufl., das. 1866). Seine "Gedichte" erschienen Stuttgart 1836 (darin das zum Volkslied gewordene: "Es ist bestimmt in Gottes Rat"). Seine "Sämtlichen Werke" (mit Ausschluß der rein