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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gudschrat; Gudsoe; Guebern; Guébriant; Guebwiller; Guelfen; Guelfenorden; Guell y Renté

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Gudschrat - Guell y Renté.

nannt, als Surate, Dhollerah u. a. in den Handel kommt; Kokospalmen pflanzt man viel am Meeresufer. Von Mineralien werden nur Eisenerze und im untern Thal der Narbada Karneol gefunden. Von wilden Tieren kommen vor: der indische mähnenlose Löwe (nur auf der Halbinsel Kathiawar), ferner Königstiger, Leoparden, Panther, Hyänen, Luchse, Wölfe, Schakale, in den Ebenen des Mahi und Sabarmati Antilopen und Nylgaus, in der Nachbarschaft des Ran wilde Esel und Gazellen, im Gebirge Wildschweine und der indische Hirsch, überall zahlloses Geflügel. Die gewöhnlichen Haustiere sind: das etwas degenerierte Pferd in Kathiawar, außerdem sehr schöne Büffel, Zebus und kleine, häßliche Esel. Die Hauptindustrie von G. war ehemals die Weberei von feinen Musselinen und Baumwollzeugen, die aber durch die Einfuhr englischer Stoffe sehr geschädigt wurde; seit 1862 sind nun mit indischem Kapital mechanische Webereien in Barotsch, Surate und Ahmedabad errichtet worden. In Surate werden auch Seidenwaren, in Ahmedabad Teppiche angefertigt. An guten Straßen ist großer Mangel; eine Eisenbahnlinie durchzieht das Festland von N. nach S., von Ahmedabad geht eine Linie ostwärts, um darauf die Halbinsel Kathiawar nach verschiedenen Richtungen zu durchschneiden. Die Bevölkerung besteht zum größern Teil aus Hindu, zum kleinern aus Mohammedanern und Parsen. Unter den Hindu sind die Brahmanen zahlreich; die Radschputen nehmen in Kathiawar, die Marathen auf dem Festland eine hervorragende Stelle ein. Die kaufmännische Klasse der Banjanen ist in allen Handelsstädten vertreten. Die Sprache, das Gudscharati, ist eine Tochtersprache des Sanskrits, mit einer sehr ausgedehnten Litteratur, in welcher viele Werke der altpersischen Religion auf uns gekommen sind, und in welcher 1818 die erste Zeitung, 1872 die Geschichte des deutsch-französischen Kriegs erschien. Die Schrift ist dem Devanagari (s. d.) nachgebildet. Außerdem wohnen in G. noch zahlreiche halbwilde Stämme, von denen die Kol (s. d.) in Kathiawar die zahlreichsten sind; im nordöstlichen G. treffen wir die allerdings immer mehr zurückweichenden Bhil und andre Stämme. In Kathiawar waren früher die wandernden Horden im Innern ein Schrecken der seßhaften Bevölkerung; sie machten Raubzüge weit ins Festland hinein, während an der Südwestküste sich das Seeräubertum entwickelte, bis eine englische Expedition 1868 dem Unwesen dauernd ein Ende setzte. Kathiawar hat mehrere durch ihre großartigen Tempelbauten sowie durch Industrie und Handel bedeutende Städte (Bhaunagar, Nawanagar, Dschunagarh). Der englische Aufsichtsagent sitzt aber in Radschkot im Innern der Halbinsel, mit (1881) 15,139 Einw., einer Militärstation (6013 Einw.) und einer höhern Schule (unter europäischen Lehrern), welche alle künftigen Regenten besuchen müssen. Auf dem Festland sind Ahmedabad, Surate, Barotsch, Cambay, Patan die wichtigsten Orte.

Arische Eroberer scheinen sehr früh nach G. gekommen zu sein; die Griechen nannten es Surachtrene und trieben Handel mit Barygaza, dem jetzigen Barotsch. Im J. 1294 wurde G. eine Provinz des mohammedanischen Kaiserreichs Dehli; von 1611 an gründeten Engländer, Portugiesen und Franzosen Faktoreien in Surate, Cambay, Barotsch, Gogo, Diu und Daman. Als sich der Gaikawar unabhängig machte, wurde er von den Engländern unterstützt, die sich aber 1802 dafür die Distrikte Surate, Barotsch, Ahmedabad und Kaira abtreten ließen und ihre Machtsphäre allmählich immer mehr erweiterten.

Gudschrat, 1) ein Grenzdistrikt in der britisch-ostind. Provinz Pandschab, erstreckt sich zwischen dem Tschenab- und Dschilumfluß bis zum Fuß des Himalaja und umfaßt 5110 qkm (93 QM.) mit (1881) 689,115 Einw. Der Distrikt ist fruchtbar und zum Export durch schiffbare Flüsse wie durch die Lahor-Peschawareisenbahn begünstigt, welche einen Zweig von Lalla Musa westwärts sendet. Hauptfrüchte sind: Weizen und Hirse, unter den Handelsgewächsen Baumwolle. Bei der Stadt G. mit (1881) 17,815 Einw. errangen die Engländer unter Gough 21. Febr. 1849 einen entscheidenden Sieg über die Sikh (s. Ostindien, Geschichte). S. Karte "Ostindien". - 2) Land, s. Gudscharat.

Gudsoe, dän. Dorf in Jütland zwischen Kolding und Fredericia, bemerkenswert durch das Gefecht vom 7. Mai 1849, in welchem die schleswig-holsteinischen Truppen unter General v. Bonin die Dänen unter General v. Bülow nach siebenstündigem Kampf zum Rückzug nach Fredericia nötigten.

Guebern (spr. gwe-, Gebern), s. Parsen.

Guébriant (spr. gebriang), Jean Baptiste Budes, Graf von, Marschall von Frankreich, aus bretonischem Adel, geb. 2. Febr. 1602 zu Plessis-Budes bei St.-Brieuc, lernte den Kriegsdienst in Holland, befehligte dann 1635-39 französische Hilfstruppen im Heer des Herzogs Bernhard von Weimar am Oberrhein, zeichnete sich hier durch seine Tapferkeit aus, bewirkte besonders den Übertritt des Heers in französische Dienste nach Bernhards Tod (1639), erhielt 1640 den Oberbefehl über dies Heer, kämpfte mit wechselndem Glück im Verein mit den Schweden unter Banér und Torstensson gegen die Kaiserlichen, die er 29. Juni 1641 bei Wolfenbüttel und 17. Jan. 1642 bei Kempen besiegte, und starb 24. Nov. 1643 an einer 17. Nov. vor Rottweil empfangenen Wunde. Vgl. Lelaboureur, Histoire du maréchal de G. (Par. 1656).

Guebwiller (spr. gebwilähr), Stadt, s. Gebweiler.

Guelfen (spr. gwelf-), Parteiname für die Anhänger des Papsttums und die Gegner der deutschen Kaiser in Italien (vgl. Ghibellinen), hergeleitet von dem den Hohenstaufen verfeindeten Geschlecht der Welfen (s. d.).

Guelfenorden, hannöv. Orden, am 12. Aug. 1815 von dem Prinz-Regenten, spätern König Georg IV. von England für Hannover gestiftet zur Belohnung von Zivil- und Militärdienst, erhielt den Namen zu Ehren der Ahnen des hannöverschen Hauses. Der Orden hatte ursprünglich drei, später vier Klassen, nämlich: 1) Großkreuze, 2) Komture erster und zweiter Klasse, 3) Ritter, 4) Mitglieder der vierten Klasse. Das Ordenszeichen ist ein an goldener Krone hängendes achtspitziges Kreuz, dessen Flügel durch Löwen verbunden sind, mit einem Rundschild von rotem Email, dessen Avers das weiße Roß mit der Umschrift: "Nec aspera terrent", umgeben von einem Eichenkranz, und dessen Revers Namenszug und Jahreszahl enthält. Der Orden erlosch, als Hannover 1866 an Preußen fiel.

Guell y Renté (spr. uell), José, span. Schriftsteller und Politiker, geb. 14. Sept. 1818 zu Havana auf Cuba, wurde, nachdem er seine juristischen Studien in Barcelona vollendet hatte, in seiner Vaterstadt Advokat, begab sich aber bald nach Madrid, wo er im Juni 1848 die Infantin Donna Josepha, die Schwester des Königs Franz, heiratete. Darin lag für ihn die Quelle langer Unannehmlichkeiten. Das königliche Haus sah die Ehe höchst ungern, man verwies ihn ins königliche Palais von Valladolid; er aber stellte sich 1854 an die Spitze der Volksbewegung und des auf-^[folgende Seite]