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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hüfingen - Huftiere.

zu beseitigenden Veränderungen führt, und die Behandlung hat bis jetzt nur in Ausnahmefällen gute Resultate geliefert. Den meisten Erfolg gewährt die Durchschneidung des Fesselnervs; die davon befürchteten Folgen: Brüche des Hufbeins, Ausschuhen der Hufkapsel, kommen nicht so leicht vor, wie man annehmen zu müssen glaubte.

Hüfingen, Stadt im bad. Kreis Villingen, an der Breg, 684 m ü. M., hat eine kath. Pfarrkirche, ein Rettungshaus, ein fürstlich Fürstenbergsches Schloß (seit 1865 Landesspital), Maschinen- und Uhrenfabrikation und (1885) 1750 Einw.

Huflattich, Pflanzengattung, s. Tussilago.

Hufnagel, J., Maler, s. Hoefnagel.

Hüfnermeier, s. v. w. Dreiviertelbauer, s. Bauer, S. 462.

Hufsäugetier, s. v. w. Huftiere.

Hufschmied (Beschlagschmied), ein Schmied, welcher den Hufbeschlag der Pferde ausführt. Beim deutschen Heer hat jede Eskadron, Batterie, Kolonne etc. 2-3 Hufschmiede des Mannschaftsstandes, welche nach erfolgreichem Besuch der Lehrschmiede (s. d.) zu Fahnenschmieden (s. d.) befördert werden.

Hüftbein, s. Becken, S. 588.

Hüfte (Coxa, Ischium), bei den höhern Wirbeltieren die das Hüftgelenk bildenden und umgebenden Körperteile, äußerlich also die Gegend vom Vorderrand des Hüftbeins bis zum Oberschenkel. Das Hüftgelenk (s. Tafel "Bänder des Menschen"), die Verbindung des Gelenkkopfes des Oberschenkels mit der Gelenkhöhle oder Pfanne des Beckens, ist beim Menschen, da in ihm die ganze Last des Oberkörpers ruht, ein sehr fest gebautes sogen. Nußgelenk und gestattet so, noch mehr aber wegen der vielen Bänder, dem Beine nicht die große Beweglichkeit, welche im Schultergelenk der Arm besitzt. Der völlige Abschluß des Gelenks nach außen hin verhindert das Eindringen von Luft zwischen Gelenkkopf und Pfanne, so daß infolge des Luftdrucks das ganze Bein auch nach Abtrennung der Muskeln, Bänder etc. in der Schwebe gehalten wird. Im Gelenk kann der Schenkel nach allen Richtungen hin gedreht und gerollt werden. Die hierzu erforderlichen Muskeln stammen vom Becken und setzen sich teils an die sogen. Rollhügel (großer und kleiner Trochanter, s. Tafel "Skelett I"), teils weiter unten an. Vgl. Bein.

Hüftgelenkentzündung (Coxitis, Coxalgia, Coxarthrocace) kommt vorzugsweise im Kindesalter und überhaupt bei jüngern Personen vor, nimmt fast immer einen langwierigen Verlauf, führt häufig zur Zerstörung oder Verödung des Hüftgelenks und hat deshalb fast immer ein sehr ausgebildetes Hinken zur Folge. Die Krankheit tritt bald nach einer bestimmten Veranlassung auf, z. B. nach einem Fall oder Schlag auf die Hüftgegend, bald entwickelt sie sich äußerst schleichend und beruht in den meisten Fällen auf einer tuberkulösen Erkrankung der Gelenkhäute, welche den Schenkelkopf oder den Beckenknochen mit betrifft oder von da auf das Gelenk selbst übergeht. Die H. gibt sich zu erkennen durch mehr oder weniger heftige Schmerzen im Hüftgelenk, welche von dort über die innere Schenkelfläche bis zum Knie ausstrahlen. Häufig sind die Schmerzen in dem übrigens gesunden Kniegelenk viel lebhafter als in dem erkrankten Hüftgelenk, so daß man über den Sitz der Krankheit leicht getäuscht werden kann. Es ist aber hierbei bemerkenswert, daß die Schmerzen im Hüftgelenk sich bei Druck auf das Gelenk oder den großen Rollhügel verschlimmern, während der Knieschmerz durch Druck auf das Knie nicht verändert wird. Das Stehen und Gehen ist sehr beschwerlich oder ganz unmöglich. Der Kranke stützt sich dabei ausschließlich auf das gesunde Bein, zieht die kranke Hüfte in die Höhe, beugt das Knie und berührt den Boden nur mit der Fußspitze: die kranke Extremität ist scheinbar verkürzt. Wenn die H. nicht in den frühern Stadien Halt macht und in Heilung übergeht (welche in diesem Fall eine vollständige sein kann), so erfahren die Gelenkenden im weitern Verlauf schwere Veränderungen: der Knorpelüberzug wird zerstört, der entblößte Knochen wird rauh, stirbt teilweise ab, die Bruchstücke desselben bröckeln ab und mischen sich der im Gelenk enthaltenen eiterigen oder jauchigen Flüssigkeit bei, der ganze Schenkelkopf kann zerstört werden. Die Kapselmembran erleidet an ihrer Innenfläche eine Verschwärung; äußerlich am Gelenk bilden sich Abscesse und Fistelgänge, welche durch die Haut aufbrechen und Jauche und Eiter austreten lassen. Dabei stellt sich Fieber, meist von dem Charakter des hektischen Fiebers, ein; der Kranke magert ab, wird elend und schwach und geht häufig an Erschöpfung, oft auch infolge von Jauchevergiftung des Bluts und ähnlichen Zuständen zu Grunde. Der durch die Entzündung zerstörte Schenkelkopf verläßt nicht selten die Pfanne und nimmt seine Stellung gewöhnlich auf dem Rücken des Darmbeins, worauf die kranke Extremität verkürzt, nach innen gedreht und im Knie etwas gebogen erscheint. Wenn der Kranke nicht dem Fieber und der Erschöpfung unterliegt, so können sich die kranken Knochenpartien allmählich abstoßen und durch die Fisteln nach außen hervortreten; dann läßt die Eiterung allmählich nach, zuletzt können sich die Fisteln schließen, das Fieber schwindet, und es erfolgt Heilung; aber vollständig ist die letztere keineswegs. Sie erfolgt vielmehr entweder so, daß der Schenkelkopf mit der Pfanne zu einem Knochen verschmilzt und jede Bewegung im Hüftgelenk für immer unmöglich wird, oder daß sich der meist nach hinten verrenkte Schenkelkopf auf dem Darmbein eine neue Pfanne bildet, der Schenkel also zwar beweglich bleibt, aber die Stellung des Schenkels eine fehlerhafte ist und bleibt, das kranke Bein verkürzt bleibt, das Becken schief gestellt ist, eine ausgleichende Krümmung der Wirbelsäule, kurz, eine total veränderte Haltung des Körpers und ein stark hinkender Gang eintritt. Die Behandlung der H. erfordert vor allen Dingen strenge Ruhe des kranken Gelenks. Der Kranke muß im Bett liegen und durch einen festen Verband (Gipsverband) jede Bewegung im Hüftgelenk ausgeschlossen werden. Kommt es zur Zerstörung des Gelenks, so ist die Hauptaufgabe, um allgemeine Tuberkulose zu verhüten, die kranken Teile durch Resektion zu entfernen, eine Operation, welche in neuerer Zeit ungemein häufig und mit sehr guten Erfolgen für die Brauchbarkeit des Beins ausgeführt wird. Das Verdienst um diesen Teil der Chirurgie gebührt Volkmann und König. Die größte Sorgfalt muß auf Bekämpfung des Fiebers und auf die Erhaltung eines guten Kräftezustandes gerichtet werden. Der Kranke wird sich, sobald er das Bett verlassen darf, anfänglich der Krücken bedienen müssen; später reicht aber die Unterstützung des kranken Fußes durch eine erhöhte Sohle am Stiefel aus, um die Verkürzung der kranken Extremität und ihren störenden Einfluß auf den Gang auszugleichen. Die H. alter Leute (Malum senile coxae), s. Gelenkentzündung (5).

Huftiere (Ungulata), Ordnung der Säugetiere. Sie umfaßte früher alle diejenigen Säugetiere, deren unbewegliche Zehen mit Hufen (s. d.) umgeben sind, und zerfiel daher in die Einhufer, Zweihufer oder