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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kamsin; Kamtschadalen; Kamtschatka; Kamtschatkabiber; Kamtschatkisches Meer; Kamtschyk

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Kamsin - Kamtschyk.

Justizangelegenheiten in den Rheinprovinzen beauftragt, im Februar 1842 aber mit Beibehaltung seiner Stelle im Staatsrat in den Ruhestand versetzt. Er starb 3. Nov. 1849 in Berlin. K. zeichnete sich durch seltene staatsmännische Gewandtheit und eisernen Fleiß aus; eine traurige Berühmtheit erlangte er hingegen durch seinen Eifer in der Aufspürung und Untersuchung vermeintlicher demagogischer Umtriebe, wie er sich denn namentlich auch bestrebte, alle freiern Regungen auf den deutschen Universitäten zu unterdrücken. Daher war sein "Kodex der Gendarmerie" (Berl. 1815) eins der ersten Bücher, welche 1817 bei dem Wartburgfest den Flammen übergeben wurden. Von seinen übrigen zahlreichen Schriften sind noch heute zu nennen: "Beiträge zum mecklenburgischen Staats- und Privatrecht" (Schwer. 1795-1805, 6 Bde.); "Zivilrecht der Herzogtümer Mecklenburg" (das. 1805-24, 2 Bde.); "Handbuch des mecklenburgischen Zivilprozesses" (Berl. 1810; 2. Aufl. von Nettelbladt, das. 1822); "Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung" (das. 1814-40, 54 Bde.); "Annalen der preußischen innern Staatsverwaltung" (das. 1817-39, 23 Bde. u. 2 Bde. Register); "Die Provinzial- und statutarischen Rechte in der preußischen Monarchie" (das. 1826-28, 3 Bde.); "Aktenmäßige Darstellung der preußischen Gesetzrevision" (das. 1842).

Kamsin, s. Chamsin.

Kamtschadalen, die zu den Hyperboreern (s. d., S. 850) gehörigen Bewohner des südlichen Teils der Halbinsel Kamtschatka und der Insel Schumschu, der nördlichsten der Kurilen, die mehr und mehr durch Russifizierung verschwinden und gegenwärtig etwa 2000 Köpfe zählen. Sie nennen sich selbst "Itelmen"; der Name K. rührt von dem Wort "Kontschal" her, womit die Korjaken (s. d.) sie bezeichnen. Sie zeichnen sich als unermüdliche und rasche Fußgänger aus, sind aber auch die eigentlichen Meister im Führen der Hundeschlitten und Abrichten der Schlittenhunde. Die K. bewohnen im Winter Erdlöcher, die mit Rasen und Erde bedeckt werden; im Sommer halten sie sich in Balaganen, leichten, auf hohen Gerüsten errichteten Hütten, auf. Ihre Sprache ist auf keine der bekannten Sprachenfamilien zurückzuführen. Die alten Weiber vertreten bei ihnen die Stelle der Schamanen, zum Christentum bekennen sich nur wenige. S. Tafel "Asiatische Völker", Fig. 2.

Kamtschatka, große Halbinsel an der nördlichen Ostküste von Asien, seit 1856 zum russischen Küstengebiet am Ochotskischen Meer gehörig, erstreckt sich von NNO. gegen SSW., wo sie in dem Kap Lopatka in ihre südlichste Spitze ausläuft, gegen die Inselkette der Kurilen hin, von denen Schumschu, die nördlichste, nur 11 km entfernt ist. Sie scheidet das Meer von K. im O. von dem Ochotskischen Meer im W. und hängt nur im N. mit dem Festland zusammen. Das Areal beträgt 1,206,200 qkm (21,908 QM.). Die Westküste zieht sich in einem Bogen ohne große Buchten hin; die Ostküste dagegen hat beträchtliche Buchten und Vorgebirge und ist zum Teil sehr steil; die Meerestiefe ist hier 70-90 m; unter 53° nördl. Br. liegt die Festung Peterpaulshafen mit einem guten Hafen. K. bildet den Kreis Petropawlowsk des russischen Küstengebiets, zu welchem außerdem an der Ostküste die Inseln Karagin und Bering gehören (die früher dazu gehörigen Kurilen wurden 1875 an Japan abgetreten). K. ist gebirgig und vulkanisch; man zählt 21 thätige, 26 erloschene Vulkane. Ein sehr hohes, auf der Ost- und Westseite bewaldetes Gebirge zieht sich durch die ganze Halbinsel von N. nach S., jedoch der Ostküste näher, und erreicht im Vulkan Kljutschew mit 4804 m seine größte Höhe. Die Westküste ist reich, die Ostküste arm an Küstenflüssen. Der größte Fluß der Insel ist der Fluß K., der unter dem Vulkan Korjazker (3512 m hoch) entspringt, den Lauf nach N. nimmt und beim Vorgebirge K. mündet. Unter vielen zum Teil beträchtlichen Seen ist, der Südspitze nahe, der Kurilische zu bemerken. Auch gibt es kalte und heiße Quellen; Salzquellen fehlen gänzlich. Das Klima Kamtschatkas ist im allgemeinen weit kälter als unter gleicher Breite in Europa. So hat Peterpaulshafen unter 53° 0' nördl. Br. nur +2,3° C. mittlere Jahrestemperatur, im kältesten Monat (Februar) -6,2° C., im wärmsten Monat (Juli) +11,6° C. In der Mitte der Halbinsel fand Erman die Schneegrenze in 1604 m, nördlicher 60-100 m höher. Süd- und Westwinde herrschen vor. An der Westküste fällt im Sommer beständiger Regen, im Winter reichlicher Schnee; die Ostseite dagegen hat weniger Regen, so daß hier das Wetter heiterer und nebelfreier ist. Heftig sind hier die Stürme aus O. und SO., Purgi genannt. Gräser und Kräuter wachsen wegen der Feuchtigkeit des Bodens und der Luft üppig; dichte Waldungen von Rottannen, Lärchen, Zirbelkiefern (Pinus cembra), einer Erle (Alnus incana) bedecken große Strecken; auch die Birke ist weit verbreitet, aber verkrüppelt, der Weißdorn wächst dagegen als Baum. Von eßbaren Beeren gibt es Heidelbeeren, Preißelbeeren, Moosbeeren etc. Aus den Halmen einer Grasart flechten die Einwohner Matten, Körbe etc. Ebenso wird das Cypergras verarbeitet und die Nessel (Urtica dioica) wie Flachs benutzt. Weiderich, Bärenklau und andre Pflanzen dienen zur Nahrung. Die Kartoffel wird angebaut, gibt aber nur kleine Knollen; Getreidebau ist noch nicht gelungen. Von Säugetieren gibt es wilde Renntiere, schwarze Bären, Wölfe, Zobel, Füchse, Hermeline etc., auch viele Arten von Vögeln (Taucher, Möwen, Schwäne, wilde Gänse, Enten, Schneehühner etc.). Im Sommer sind Fliegen und Mücken eine Plage. Die Flüsse selbst haben keine Fische, sondern diese kommen nur aus dem Meer, gehen aber in großer Menge stromaufwärts. Das einzige Haustier ist der wolfähnliche, langhaarige Hund, der zum Schlittenziehen und zur Jagd gebraucht wird. Die geringe Bevölkerung, etwa 10,000 Seelen (0,01 auf 1 QM.), besteht im N. aus 3000 Korjaken, im S. aus 3000-4500 Kamtschadalen (s. d.), ferner aus schnell abnehmenden Lamuten, welche an der Küste des Ochotskischen Meers umherwandern, aus Tataren, Jakuten und wenigen Russen in Petropawlowsk und Tigilsk an der Westküste. Sitz der Lokalverwaltung ist Petropawlowsk, befestigter Hafenplatz an der Awatschabai mit (1879) 334 Einw. - Als Entdecker von K. gilt Wolodomir Atlassow, der Befehlshaber in Anadyrsk, der 1696 den Kosaken Morosko mit 16 Mann ausschickte, um die südlich wohnenden Völker mit Steuern zu belegen, bei welcher Gelegenheit dieser bis an den Kamtschatkafluß vordrang. Vgl. Steller, Beschreibung von dem Lande K. (Frankf. 1774); Kotzebue (Chamisso), Entdeckungsreise in die Südsee (Weim. 1821, 3 Bde.); Erman, Reise um die Erde, Bd. 3 (Berl. 1848); Kennan, Tent life in Siberia (5. Aufl., New York 1879); Guillemard, The cruise of the Marchesa to K. and New Guinea (Lond. 1886).

Kamtschatkabiber, s. Otternfelle.

Kamtschatkisches Meer, s. Beringsmeer.

Kamtschyk (im Altertum Panysus), Fluß in der Türkei, entsteht aus dem Wilden K. (Deli-K.) und dem Zahmen K. (Akylly-K.), welche im Balkan