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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kastagnetten - Kaste.

Kastagnetten (span. castañuelas), ein einfaches, in Spanien und Unteritalien verbreitetes Klapperinstrument, bestehend aus zwei Holzstückchen etwa von der Gestalt einer mitten durchgeschnittenen Kastanienschale, die mittels eines Bandes am Daumen befestigt und mittels der andern Finger gegeneinander geschnellt werden. Die K. gehören als unentbehrliches Charakteristikum spanischer oder neapolitanischer Tänze in unser heutiges Ballett.

Kastalia, in der griech. Mythologie eine Quellnymphe, Tochter des Acheloos, stürzte sich vor Apollons Verfolgungen in eine Quelle am Parnaß und zerfloß darin; s. Kastalische Quelle.

Kastalische Quelle, Quelle am Südabhang des Parnassos bei Delphi in Phokis, wenig östlich von dem Heiligtum, hat ihren Namen von der Nymphe Kastalia (s. d.). Mit dem Wasser dieser Quelle wuschen und besprengten sich die Wallfahrer, und nach der Fiktion der römischen Dichter verlieh es dichterische Begeisterung. Ihr heutiger Name ist nach einer unmittelbar darüber liegenden, in den geglätteten und mit Nischen versehenen Fels gehauenen Kapelle Hagios Ioannes. Unterhalb derselben sprudelt aus der zu einem großen, viereckigen Bassin ausgehauenen Felswand die Quelle hervor.

Kastamuni, Hauptstadt des gleichnamigen türk. Wilajets in Kleinasien, am Gök Irmak, mit dem alten Stammschloß der Komnenen (daher ihr Name Castra Comneni, verderbt in K.), hat 36 Moscheen, 4 Derwischklöster, Gerberei, Baumwollweberei und Druckerei, Färberei, Handel mit Wolle etc. und 40,000 Einw., worunter nur einige Hundert Griechen und Armenier. In der Umgegend viel Kupfer; die ehemals berühmte Kupferschmiederei ist aber ganz verfallen.

Kastanie (Hornwarze), beim Pferd eine länglich-ovale, flache Hornmasse an der vordern Extremität an der medialen Seite des Vorarms über der Fußwurzel und (viel kleiner) am hintern Fuß dicht unter der medialen Fläche des Sprunggelenks. Die K. ist ein rudimentärer Hornschuh für das Großzehenglied, welches jedoch ganz in der Haut hängt, da die dazu gehörigen Mittelfußknochen und Phalangen völlig fehlen.

Kastanienbaum (Castanea Mill.), Gattung aus der Familie der Kupuliferen, Bäume und Sträucher mit großen, abwechselnden, ganzrandigen oder gezahnten Blättern, verlängertem, ährenförmigem, männlichem Blütenstand, in welchem die Blüten in Knäueln stehen, und dichtblütigen, weiblichen Kätzchen. Die Fruchthülle ist mit stechenden Borsten besetzt und schließt zwei oder drei glatte, auf der einen Seite konvexe, auf der andern flache Früchte ein. Echter K. (Kästenbaum, Maronenbaum, C. vulgaris Lam., C. sativa Mill., C. vesca Gärtn.), ein schöner, großer Baum, welcher ein bedeutendes Alter und kolossale Dimensionen erreicht (K. des Ätna: 60 m Umfang), hat 16-24 cm lange, länglich-lanzettliche, stachelspitzig gesägte, etwas lederartige, glänzende Blätter und große, kurz und plötzlich zugespitzte, braune, matt glänzende Früchte. Der K. stammt vielleicht aus dem mittlern Asien, bildet aber in ganz Südeuropa, selbst noch diesseit der Alpen, auch in Nordafrika waldartige Bestände. In Norddeutschland reifen die Früchte nur in günstigen Jahren, doch pflanzt man den Baum häufig auch nur des schönen Laubes halber und zwar in mehreren Varietäten. Das Holz, mit sehr zahlreichen Markstrahlen, ist schön weiß oder hellbraun, sehr feinfaserig, höchst geschmeidig, weich und leicht und gilt als ungemein dauerhaft. In Frankreich und England dient es zum Land- und Schiffbau, auch als Tischler- und Drechslerholz und in Weingegenden zu Fässern; das Wurzelholz gibt sehr geschätzte Masern. Die Früchte (Kastanien, Maronen, vielleicht nach der Stadt Kastana in Thessalien benannt) sind süßlich, mehlig und kommen in großer Menge aus Italien (Savoyen; Piemont), Frankreich (Vivarais, Forey, Dauphiné, Poitiers, Tours, Périgueux) und Tirol (Bozen, Meran, Roveredo) in den Handel. Auch die Rheinpfalz (Bühl bei Rastatt), die Bergstraße, Nassau etc. liefern beträchtliche Mengen von geringerer Größe. Bei uns dienen sie, geröstet oder gekocht, mehr oder minder als Delikatesse, in Italien und Frankreich aber bilden sie ein Volksnahrungsmittel und geben treffliche Viehmast. Sie enthalten: 1,7 fettes Öl, 0,4 Zucker, 30 Stärke, 3,2 Eiweißkörper, 16 Cellulose, 1,47 mineralische Stoffe, 48,7 Wasser. Man muß sie trocken und vorsichtig aufbewahren, da sie leicht schimmeln und von Würmern angegangen werden, auch im Frühjahr leicht keimen. C. americana Raf., dem vorigen sehr ähnlich, mit etwas überhängenden Blättern, in den Vereinigten Staaten, und der strauchförmige C. pumila L. (Chincapin), in den mittlern und südlichen Staaten Nordamerikas, sowie C. argentea auf Java liefern ebenfalls eßbare Früchte. - Wilder K., s. v. w. Roßkastanie (Aesculus Hippocastanum).

Kastanien, brasilische, s. Bertholletia.

Kastanienkümmel, s. Carum.

Kastanienpilz, s. Boletus.

Kaste (v. portug. casta, "Geschlecht", Übersetzung des ind. dschâti, "Stand"), zuerst gebraucht von den Eroberern Ostindiens unter Albuquerque, dann in Europa angenommen zur Bezeichnung einer Gesellschaftsschicht, die sich streng durch Sitte und Gesetz von jeder andern abgesondert hält, ohne daß eine nähere Berührung, Vermischung oder ein Aufsteigen aus den niedern in die höhern gestattet wäre. Da nach dieser Gesellschaftsordnung die Kinder unabänderlich in der mütterlichen K. verbleiben, so ist der individuellen Entwickelung hierbei schon durch die Geburt eine unübersteigliche Schranke gezogen. Das Kastensystem, wie es heutzutage noch in einzelnen Teilen Indiens und Polynesiens zu Recht besteht, ging ursprünglich, wie man annimmt, überall aus kriegerischen Umwälzungen in den betreffenden Ländern hervor, indem sich die siegreiche Partei zur herrschenden K. aufwarf und die bisherigen Bewohner des Landes zu Untergebenen, Besitzlosen und Leibeignen machte. Wiederholte Eroberungen desselben Landes führten dann zur Bildung weiterer Kasten, denen durch eine tyrannische Staatsordnung verschiedene Berufsarten zugewiesen wurden. Hiernach wird naturgemäß die Kriegerkaste, denen der Herrscher und der Adel zugehörten, ursprünglich zumeist den obersten Rang eingenommen haben, denen die Kasten der Gelehrten, Priester, Kaufleute, Gewerbtreibenden und Handarbeiter untergeordnet waren; aber in solchen Fällen, wo der erobernde Staat eine hierokratische Verfassung besaß, wie z. B. im alten Ägypten (s. d.), nahm die Priesterkaste den obersten Rang ein, und ihr gehörte der Landesherrscher an. Befand sich im Gegenteil der unterworfene Teil im Besitz einer höhern Bildung, die der Sieger annahm, so mußten Gelehrten- und Priestertum sich mit einer tiefern Stufe begnügen, wie die Raatiras auf Tahiti, welche von der herrschenden K. der Arii überragt werden, obwohl sie sich der Abstammung von den Göttern und ihres Umgangs rühmen. Die besitzlose unterste K., z. B. die Parias (s. d.) der Inder, stand den Sklaven nicht viel nach, und ihre bloße Berührung galt den höhern