Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

711

Kiblah - Kiefer.

(Troika). Auf solchen Kibitken wurden früher mißliebige Standespersonen in die Länder am Ural gebracht, daher der Ausdruck Kibitkenjustiz.

Kiblah (arab.), s. Keblah.

Kibyra, Stadt im südlichen Phrygien (Landschaft Kabalia), bildete mit drei andern Städten eine Tetrapolis, wurde durch Murena 84 v. Chr. dem römischen Reich einverleibt und war nun Sitz eines Conventus juridicus. Durch ein Erdbeben zerstört, wurde sie unter Tiberius wieder aufgebaut und Cäsarea genannt, ward aber, nachdem sie noch eine Zeitlang Bischofsitz gewesen, im Mittelalter vollständig zerstört. Ruinen (darunter ein Amphitheater mit 35 Sitzreihen) beim heutigen Chorsum.

Kicher, deutsche, s. Lathyrus.

Kichererbse, Pflanzengattung, s. Cicer.

Kicherling, s. Cicer und Lathyrus.

Kick, Jan, holländ. Maler, war um 1640-50 thätig und malte Genrebilder aus dem Soldatenleben in der Art von D. Hals, J. ^[Jacob] Duck und Codde. Die Berliner Galerie besitzt von ihm ein bezeichnetes Bild mit rastenden Soldaten in einem Stall.

Kickelhahn, Berg im Thüringer Wald, nahe bei Ilmenau, 862 m hoch, mit einem Aussichtsturm und dem 1870 abgebrannten, 1874 wieder aufgebauten Häuschen, in welchem Goethe im September 1783 sein bekanntes Nachtlied "Über allen Wipfeln ist Ruh' etc." dichtete. Nahebei der Große Hermannstein, ein imposanter Porphyrfels mit einer Grotte.

Kid (engl., "Böckchen, Zicke"), rohes und gegerbtes Fell einer jungen Ziege. Auf gleiche Weise behandelte Kalbfelle liefern das Kidkalo- oder Glaceekalbleder, welches in sehr bedeutender Menge und von vorzüglicher Beschaffenheit in Deutschland (München, Dresden) dargestellt, stets schwarz gefärbt und zu weichen Schäften für Schuhwerk benutzt wird.

Kidaris (pers. Kitharis, verwandt mit dem hebr. Keter, "Krone"), der Kopfschmuck der persischen Könige, ein oben spitz zulaufender Turban; bei lateinischen Schriftstellern der Kopfschmuck des jüdischen Hohenpriesters.

Kidderminster, Fabrikstadt in Worcestershire (England), am Stour, schmutzig und unregelmäßig gebaut, hat eine schöne gotische Kirche mit geschätzten Denkmälern, eine Lateinschule und (1881) 24,270 Einw. K. ist namentlich durch seine Teppiche bekannt, hat außerdem Drahtzieherei, Brauerei etc. Ihren Mitbürgern Sir Rowland Hill und Rich. Baxter (s. d.) hat die Stadt Denkmäler errichtet. Die hier gewebten Teppiche sind doppelt, d. h. sie bestehen aus zwei Geweben, welche durch den Platzwechsel der Kette miteinander verbunden sind; in der Wahl der Muster huldigen die Fabrikanten einem stillosen Naturalismus.

Kiddusch (hebr., "Weihe"), die Benediktion an Sabbat- und Festtagen, welche die Weihe und Anerkennung des Tags als Ruhetag und Tag der religiösen Erhebung ausdrückt. Die alte Sitte, den Kidduschsegen beim gefüllten Weinbecher zu sprechen, hat sich bis heute erhalten. - K. ha-lebana, israelit. Gebet, beim Wiedererscheinen des Mondes zu sprechen.

Kidron, Name eines Thals, das, im N. von Jerusalem beginnend, auf der Ostseite dieser Stadt die historisch berühmte Einsenkung des Thals Josaphat (s. d.) bildet und Jerusalem vom Ölberg trennt, südlich von Jerusalem bei dem Hiobsbrunnen (En Rogel) sich mit dem von W. kommenden Thal Hinnom verbindet und nun, in südöstlicher Richtung am Kloster Mar Saba vorüberstreichend, in das Tote Meer mündet. Es ist nach Art der Wadis meist ganz trocken und nur eine Rinne, in der das Regenwasser abgeführt wird. Das Thal enthält die angeblichen Gräber Jakobs, Absaloms, Josaphats etc. In seinem untern Lauf nach dem Toten Meer zu heißt es Wadien Nâr ("Feuerthal"). S. Karte "Palästina".

Kiebel, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Bomst, hat (1885) 1300 meist kath. Einwohner.

Kiebitz (Vanellus L.), Gattung aus der Ordnung der Watvögel und der Familie der Regenpfeifer (Charadriidae), schlank gebaute Vögel mit kurzem Hals, großem Kopf, aufrichtbarer Holle, mittellangem, schlankem, auf der Firste flach gerundetem, vorn bauchig gewölbtem Schnabel, stumpfen Flügeln, geradem Schwanz und mittellangen, vierzehigen Füßen. Der gemeine K. (Geißvogel, Vanellus cristatus Meyer, s. Tafel "Watvögel I") ist 34 cm lang, 70 cm breit. Oberkopf, Vorderhals, Oberbrust, die aus langen, schmalen Federn gebildete Holle auf dem Kopf und die Hälfte des Schwanzes sind schwarz, die Federn des Mantels dunkelgrün, die Halsseite, die Unterbrust, der Bauch und die hintere Hälfte der Schwanzfedern weiß, das Auge ist braun, der Schnabel schwarz, der Fuß dunkelrot. Das Weibchen hat einen schwarz und weiß gefleckten Vorderhals. Der K. findet sich überall in der Alten Welt vom 61.° nördl. Br. bis Nordindien und Nordafrika, am häufigsten in Holland; bei uns erscheint er im ersten Frühjahr und weilt bis September. Dem großen Wanderheer ziehen stets einzelne Vögel voraus. Er bewohnt sumpfige Wiesen, ist ungemein lebhaft und beweglich, läuft zierlich und behend, fliegt vortrefflich und mit den mannigfaltigsten Wendungen, spielt beim Gehen und Fliegen beständig mit seiner Holle und läßt seine Stimme fleißig ertönen. Der K. zeigt große geistige Begabung und eine unermüdliche Wachsamkeit, durch welche er auch andre Vögel schützt und den Jägern verhaßt wird. Er nährt sich von Regenwürmern, Insektenlarven, Schnecken etc. und trinkt und badet mehrmals am Tag. Er nistet in seichten Vertiefungen auf Wiesen, feuchten Äckern, legt Ende März oder Anfang April vier große, birnförmige, matt olivengrüne oder bräunliche, dunkel punktierte Eier (s. Tafel "Eier II", Fig. 8) und verteidigt diese und die Jungen mit größter Kühnheit. Das Weibchen zeitigt die Eier in 16 Tagen. In der Gefangenschaft hält er sich sehr gut; sein Fleisch ist unschmackhaft, wird aber in Südeuropa gegessen. Bei uns bilden die Eier eine Delikatesse, doch stammen die "Kiebitzeier" des Handels nur zum kleinern Teil vom K. her. Sie werden hart gekocht, wobei das Eiweiß durchsichtig bleibt. Als Surrogate gehen die sehr schmackhaften Lachmöwen- und andre Möweneier, auch wohl Krähen- und Teichhuhneier. Auch die Eier des Goldregenpfeifers, des Rotschenkels, des Kampfhahns, der Bekassine und Avocette kommen gelegentlich als Kiebitzeier auf den Markt. Jung eingefangene Kiebitze werden zahm und zutraulich.

Kiebitzei, Pflanze, s. Fritillaria.

Kiefenfuß (Apus), s. Blattfüßer.

Kiefer (Maxilla, Mandibula), diejenigen vor der Mundöffnung der meisten Tiere gelegenen, mittels besonderer Muskeln beweglichen hartem Teile, welche die Zerkleinerung der Speisen, das Kauen, besorgen. Bei manchen Krebsen läßt sich aus der Entwickelungsgeschichte der Nachweis führen, daß dieselben Gliedmaßen, welche beim jungen Tier die Schwimmfüße darstellen, dem erwachsenen als K. dienen und zu diesem Behuf Gestalt und Bau wesentlich verändern. Man bezeichnet daher auch diejenigen Extremitäten, welche zwischen echten Beinen und echten Kiefern die Mitte halten, als Kieferfüße (s. d.). Von beson-^[folgende Seite]