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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kontor; Kontorniaten; Kontorquieren; Kontorten; Kontorwissenschaft; Kontra; Kontraalt; Kontrabaß

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Kontor - Kontrabaß.

Bei der Berechnung der Kontokorrentzinsen wird entweder, wie in England und Holland, die wirkliche Zahl der Tage unterstellt, welche Jahr und Monat zählen, oder es wird, wie in Deutschland üblich, der Zinsfuß für 360 Tage und bei Ermittelung der Zeit der Monat zu 30 Tagen genommen. Die Zinsen werden entweder für jeden einzelnen Betrag besonders ausgerechnet und dann summiert, od. man wendet hierfür die Rechnung mit Zinszahlen (Nummern) an. Ist das Kapital = k, die Zahl der Tage, für welche Zinsen zu berechnen, = z, der Zinsfuß = p/100, so ist der Zinsbetrag des einzelnen Postens = k z/360 · p/100. Ist nun der Zinsfuß für alle Posten gleich hoch, so läßt sich die Rechnung dadurch abkürzen, daß man bei den einzelnen Posten das Kapital k mit der Zahl der Tage z multipliziert, die zwei letzten Stellen abschneidet, bei der Methode mit abgekürzten Nummern einfach streicht, dann alle Produkte (Zinszahlen) zusammenzählt und die Summe derselben durch den sogen. Zinsdivisor (360/p) dividiert. Die Zinsbemessung erfolgt nach folgenden drei Methoden, von denen die ersten beiden, sofern nur ein Zinssatz unterstellt wird, die Anwendung der Zinszahlen gestatten. 1) Die progressive, fortschreitende oder deutsche Abschlußmethode. Bei derselben rechnet man die Zinsen vom Verfalltag des Postens an vorwärts bis zum Abschlußtag des Kontokorrents. Kommen hierbei Posten vor, welche erst nach diesem Tag verfallen, so werden die diesen weitern Tagen entsprechenden Zinszahlen mit roter Tinte vorgetragen. 2) Die retrograde, rückschreitende oder Epochemethode. Dieselbe diskontiert sämtliche Posten auf einen gemeinschaftlichen Anfangstermin und berechnet dann vom Kapitalsaldo (Unterschied zwischen Soll- und Habensumme) die Zinsen von diesem Termin an bis zum Abschlußtag. Diese Methode gestattet, ein für den allgemeinen Abschlußtag vorbereitetes K. auch an einem beliebigen andern Tag abzuschließen. Auch kommen die roten Zinszahlen, mit Ausnahme von ältern Posten, in Wegfall. 3) Die in Frankreich übliche skalische Zinsrechnung oder Staffelrechnung. Bei derselben werden die Zinsen je von dem Datum einer Buchung bis zu demjenigen der nächstfolgenden besonders berechnet. Diese Methode ist zwar umständlich und erfordert eine besondere Zinsennote, welche dem K. beizufügen ist; doch ist sie ausschließlich anwendbar, wenn im Lauf wechselnde Zinsfüße in Anrechnung kommen, insbesondere wenn ein höherer Zinssatz berechnet wird, solange der Saldo im Soll erscheint, ein niedrigerer, solange derselbe im Haben steht.

Das Kontokorrentverhältnis kann sowohl ein einseitiges als ein wechselseitiges sein. Letzteres ist der Fall, wenn zwei Geschäfte sich gegenseitig Konten eröffnen und Aufträge erteilen. Jedes Haus bucht dann die Geschäfte, zu denen es dem andern Auftrag erteilt, auf dem conto mio (nostro), und die, zu denen es den Auftrag von dem andern erhält, auf dem conto suo (loro). Ein einseitiges Kontokorrentverhältnis kommt insbesondere bei dem sich immer mehr ausbreitenden Kontokorrentverkehr von Banken mit solchen Kunden vor, welche jenen Gelder zur Verwaltung anvertrauen. Näheres über diese Kontokorrentgeschäfte s. unter Banken, S. 324. Rechtlich ist das gesamte Kontokorrentverhältnis derart als unteilbares Ganze aufzufassen, daß, wenn nichts andres verabredet ist, die Einzelforderungen nicht als selbständige gelten und darum auch nicht besonders gegeneinander kompensiert werden (Artikel 291 des Handelsgesetzbuchs). Vgl. Rothschilds "Taschenbuch für Kaufleute"; Schiebe-Odermanns "Kontorwissenschaft"; Röhrich, Die laufende Rechnung oder das K. (3. Aufl., Leipz. 1873); Creizenach, Der kaufmännische K. in seiner rechtlichen Bedeutung (Mainz 1873); Wenzely, Die Kontokorrent-Zinsrechnung (Chemn. 1880); Trempenau, Das kaufmännische K. (Leipz. 1883); Levy, Der Kontokorrentvertrag (deutsch von Rießer, Freiburg 1884).

Kontor (Komtor, franz. Comptoir, "Zähltisch, Rechenzimmer"), Schreib-, Geschäftsstube eines Kaufmanns und seines mit den Kontorarbeiten betrauten Personals (Kontoristen). Außerdem nennt man Kontore auch die von Kaufleuten im Ausland begründeten Handelsetablissements oder Faktoreien (s. d.) sowie die Zweiganstalten großer Banken.

Kontorniaten (ital. Contorniati), röm. Kaisermünzen, welche nicht als eigentliches Geld zu Kauf und Verkauf, sondern vielleicht zu irgend welchen Zwecken bei öffentlichen Spielen etc. dienten. Ihren Namen erhielten sie in neuerer Zeit von dem erhabenen Rand (ital. contorno). Ihre Typen sind meist von geringem Kunstwert, flach und geistlos gearbeitet, aber durch die Fülle mythologischer Darstellungen sowie durch Porträte berühmter Männer (wie Horaz, Terenz, Sokrates etc.) sehr merkwürdig. Die K. gehören der spätesten römischen Kaiserzeit an; außer frühern Kaisern erscheint auf ihnen das Bildnis des Kaisers Valentinianus III. (425-455 n. Chr.) und gibt uns einen Anhalt für ihre chronologische Bestimmung. Vgl. Sabatier, Description générale de médaillons contorniates (Par. 1860, mit vielen Abbildungen).

Kontorquieren (lat.), verdrehen, verrenken; Kontorsion, Verrenkung, Verzerrung.

Kontorten, Ordnung im natürlichen Pflanzensystem unter den Dikotyledonen, Abteilung der Gamopetalen, charakterisiert durch oberständigen Fruchtknoten, vier-, fünf- oder mehrgliederige Blütenblattkreise, aber nur zwei Fruchtblätter, in der Knospe gedrehte Blumenkrone und der letztern eingefügte Staubgefäße, umfaßt die Familien der Gentianeen, Loganiaceen, Apocyneen und Asklepiadeen.

Kontorwissenschaft, s. Handelswissenschaft.

Kontra (lat.), gegen, gegenüberliegend, entgegengesetzt (in Zusammensetzungen häufig).

Kontraalt, s. Alt (Altstimme).

Kontrabaß (ital. Contrabasso, franz. Contrebasse, engl. Double bass), 1) das größte der heute üblichen Streichinstrumente, gehört zur Familie der Violine und tauchte daher, wie das Violoncello, erst auf, als die Violine die Viola gänzlich aus dem Feld schlug, d. h. zu Anfang des 17. Jahrh. (vgl. Streichinstrumente). Die naturgemäß nur allmählich verschwindenden tiefen Baßstreichinstrumente der vorausgehenden Epoche waren die zur Familie der Violen gehörigen Baßviolen (große Baßgeige, Contrabasso da Viola, Violone, Violdagambenbaß). Man hat im 17. Jahrh. den K. noch überboten und Rieseninstrumente gebaut, die doppelt so groß waren; das neueste derartige Experiment war der Oktobaß von Vuillaume (produziert auf der Pariser Ausstellung 1855, jetzt im Instrumentenmuseum des Konservatoriums.). Der K. war ursprünglich wie heute mit vier Saiten bezogen (wie alle Instrumente der Familie); zeitweilig zog man es aber vor, ihn nur mit drei zu beziehen, und noch heute sind in Italien und England dreisaitige Kontrabässe, deren Klang voller ist, nicht selten. Stimmung: