Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Lemcke; Lemercier; Lemgo; Lemiso; Lemken; Lemma; Lemme

77

Lemcke - Lemme

schule, Tierarznei-, Handels-, kunstgewerbliche Fachschule, ferner ein Taubstummen- und Blindeninstitut. Das vom Grafen Ossolinski gegründete Nationalinstitut besitzt Sammlungen, die besonders für poln. Litteratur und Geschichte wichtig sind, Druckerei, Sammlungen von Porträts, Altertümern und Münzen; ferner besteht ein städtisches Kunst- und Gewerbemuseum und das reichhaltige gräfl. Dzieduszyckische Museum für Naturkunde und Ethnographie Galiziens.

Industrie, Handel. Fabriken bestehen für Maschinen (6), Zündhölzer (2), Stearinkerzen (1), Naphtha (1), Arrak und Rosoglio (3), Cichorie (1), Schokolade (2), Albumin (2), Leder (1), Gips (1), Stöpsel (1), Korbwaren (1), Strickwaren (1), Jalousien (3), Spodium (1), wozu noch 5 Brauhäuser, 4 Dampfmühlen und 5 Dampfbrotbäckereien, ferner 12 Ziegelbrennereien, 4 Gießereien und eine Gasanstalt kommen. Der im Mittelalter blühende Handel ging seit dem Untergang Polens samt der Industrie fast völlig verloren. Erst in neuerer Zeit hat sich der Kommissions- und Speditionshandel wieder gehoben. Für die Förderung des Handels und der Industrie bestehen die städtische Bodenkreditanstalt, das Armenische Pfandleihhaus, eine Sparkasse, Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, die Galizische Aktienhypothekenbank, die Galizische Kreditbank, die Galizische Landesbank, die Handels- und Gewerbekammer, 10 Agenturen verschiedener Versicherungsgesellschaften und mehrere andere Kreditanstalten. Die bedeutende «Dreikönigsmesse» beginnt am Montag nach dem Dreikönigstag (6. Jan.) und dauert vier Wochen. In neuerer Zeit hat L. auch eine Citadelle erhalten. – L. wurde von Lew oder Leo Danilowicz, Fürsten von Halicz, zwischen 1268 und 1270 gegründet und nahm seinen Aufschwung, nachdem Halicz, die frühere Hauptstadt des Landes, von den Tataren verwüstet worden war. 1340 wurde es von Kasimir d. Gr. erobert, erhielt 1352 deutsches Recht, wurde 1412 Sitz eines röm.-kath. Erzbischofs und war die Hauptstadt der poln. Provinz Reussen (Terra Russia), seit dem 17. Jahrh. der Woiwodschaft L. Rotrußlands. Durch die erste Teilung Polens fiel die Stadt 1772 an Österreich.

Lemcke, Karl, Ästhetiker und Kunsthistoriker, geb. 26. Aug. 1831 zu Schwerin, studierte in Göttingen, München und Heidelberg, lebte dann mehrere Jahre in Paris, Berlin und München, mit histor. und kunstwissenschaftlichen Studien beschäftigt; 1862 habilitierte er sich in Heidelberg als Privatdocent für Ästhetik und Litteraturgeschichte. Hier zum außerord. Professor ernannt, wandte er sich 1871 wieder nach München, von wo er im Frühjahr 1873 als Professor der Ästhetik und allgemeinen Kunstgeschichte an die Akademie der bildenden Künste in Amsterdam ging; in gleicher Eigenschaft wurde er 1876 an die Technische Hochschule zu Aachen und 1885 an die Technische Hochschule zu Achen und 1885 an die königl. Technische Hochschule und Kunstschule zu Stuttgart berufen. Es erschienen von ihm: «Lieder und Gedichte» (Hamb. 1861), «Ästhetik in gemeinverständlichen Vorträgen» (6. Aufl., Lpz. 1890), «Geschichte der deutschen Dichtung neuerer Zeit» (Bd. 1, von Opitz bis Klopstock, Lpz. 1871; neue Ausg. 1882), Biographien aus der niederländ. Kunstgeschichte in Dohmes «Kunst und Künstler» (Bd. 1 u. 2, 1877‒78) und unter dem Pseudonym Karl Manno die Romane aus der Gegenwart: «Beowulf» (3 Bde., Berl. 1882; 2. Aufl. 1889), «Ein süßer Knabe» (2. Aufl., ebd. 1886) und «Gräfin Gerhild» (Stuttg. 1892).

Lemercier (spr. -ßiĕh), Louis Jean Nepomucène, franz. Dichter, geb. 21. April 1771 zu Paris, dichtete schon früh für die Bühne, wurde aber erst durch seine klassische Tragödie «Agamemnon» (1797) eine der berühmtesten Stützen des sinkenden Klassicismus. Er wurde in die Gesellschaft des Ersten Konsuls gezogen, der sich zuerst durch den Geist und Witz L.s bezaubert, dann durch seinen Freimut zurückgestoßen fühlte und sich dadurch rächte, daß er den Aufführungen seiner spätern Stücke hindernd entgegentrat. Unter diesen ist zu nennen: «Pinto ou la journée d’une conspiration» (1800), ein aus tragischen und komischen Elementen gemischtes wirkungsvolles Stück, das von Beaumarchais inspiriert schien, und die Tragödie «Frédégonde et Brunehaut» (1821), die allerdings sich auf der Bühne nicht halten konnte, aber bewirkte, daß man L. als Urheber des romantischen Dramas hinstellte, während er selbst durchaus als Anhänger der klassischen Tradition gelten wollte. Von seinen übrigen Dichtungen ist bemerkenswert die geistvolle Beschreibung der unanständigen Bilder des Museums zu Neapel: «Les quatre métamorphoses» (1799) und das philos.-satir. Gedicht «La Panhypocrisiade, ou le spectacle infernal du ⅩⅥ <sup>e</sup> siècle» (16 Gesänge, 1819), eine Mischung aller Poesiegattungen. L. war 1810 Mitglied der Akademie geworden und starb 7. Juni 1840.

Lemgo, Stadt im Fürstentum Lippe, an der Bega und an der Linie Lage-L. (8,5 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Detmold) und Hauptsteueramtes, hat (1895) 8092 (1890: 7290) E., Postamt erster Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, zwei luth., je eine reform., kath. Kirche, Synagoge, zwei fürstl. Schlösser (Lippehof und Annenhof), altertümliche Bürgerhäuser, ein fürstl. Gymnasium, vor 1583 gegründet, zwei höhere Mädchenschulen, ein Jungfrauenstift (1306) unter einer Prinzessin als Äbtissin im Annenhof, Fortbildungsschulen, Baugewerkschule, ein Beguinenhaus und eine Anstalt für blödsinnige Kinder; mechan. Leinenweberei, Gerbereien, Lederfabrik, Ziegeleien, Sägewerke, Molkereien, Tabak- und Cigarren-, Meerschaumwaren-, Wagen-, Essig- und Senffabriken, Brauerei, Vorschußverein und Sparkasse. Nahe der Stadt die Landesirrenanstalt Lindenhaus. L. erhielt schon im 12. Jahrh. städtische Rechte und gehörte zur Hansa.

Lemiso, Stadt auf Cypern, s. Limisso.

Lemken, poln. Łemki, kleinruss. Zweig der Goralen (s. d.) in den niedern, östl. Beskiden, zwischen den Quellen der Ropa und des San, 109000 Seelen, griechisch-katholisch.

Lemma (grch.), s. Lehnsatz.

Lemme, Ludwig, evang. Theolog, geb. 8. Aug. 1847 in Salzwedel, studierte in Berlin, trat hier 1872 in das Domkandidatenstift, wurde im gleichen Jahre Repetent in Göttingen, 1874 Domhilfsprediger in Berlin, 1870 Inspektor des Johanneums und Privatdocent in Breslau, 1881 außerord. Professor, 1884 als ord. Professor nach Bonn, 1891 nach Heidelberg berufen. L. gab heraus: «Luthers drei große Reformationsschriften vom J. 1520» (2. Aufl., Gotha 1884). Außerdem schrieb er: «Das Evangelium in Böhmen» (ebd. 1877), «Die religionsgeschichtliche Bedeutung des Dekalogs» (Bresl. 1880), «Die Nächstenliebe» (ebd. 1881), «Das echte Ermahnungsschreiben des Apostels Paulus an Timotheus» (ebd. 1882), «Die Sünde wider den Heili- ^[folgende Seite]