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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mauritius; Mauritiuspalme; Mauritius- und Lazarusorden

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Mauritius - Mauritius- und Lazarusorden.

dad, in Brasilien, Guayana und Venezuela an feuchten Stellen, Wälder von frischem, glänzendem Grün bildend. Das Mark des Baums liefert Sago, Ipuruma genannt. Aus den Blättern lassen sich starke Fäden drehen und Hängematten flechten. Der gegorne Saft liefert den süßen, berauschenden Palmwein der Guarani. Die einem Tannenzapfen gleichende Frucht ist wohlschmeckend, und die Indianer bereiten daraus ein Getränk. Der Baum gewährt ihnen alles, was sie brauchen, und sie errichten sogar auf Matten, welche sie zwischen den Stämmen hoch über dem Boden befestigen und mit Erde bedecken, ihre Wohnungen. M. vinifera Mart. (Buriti, s. Tafel "Palmen I"), in Brasilien, namentlich in der Provinz Goyaz, in Menge wachsend, wird 30-45 m hoch und hat Blätter von 3-4,5 m Durchmesser auf 3 m langen Blattstielen. Die Früchte sind den Hühnereiern ähnlich, rot, enthalten einen kastanienartigen Kern und gelbes, säuerlich-süßes Fleisch, woraus man eine Emulsion (Piauhi) bereitet, welche, mit Zucker gemischt, ein schmackhaftes Getränk (Sajette) gibt. Sie liefert auch Palmwein, Sago und Material zu Geflechten.

Mauritius (früher Ile oder Isle de France), eine englische, zu den Maskarenen (s. d.) gehörende Insel im Indischen Ozean, 880 km östlich von Madagaskar, unter 20° südl. Br., 74° östl. L. v. Gr., hat ein Areal von 1914 qkm (34,7 QM.) einschließlich der administrativ ihm zugehörenden Dependenzen: Rodriguez, Diego Garcia und Seschellen von 2655 qkm (48 QM.) mit (1885) 361,404 Einw. Die Insel M. wird mit Ausnahme von zwei bis drei Stellen mit senkrechtem Küstenabfall von einem Saumriff umgeben, das sich jedem Fluß gegenüber ziemlich weit öffnet. Die stark zerschnittenen Küsten bilden zwei gute Häfen: an der Westküste Port Louis, an der Ostküste Port Bourbon. Die vielen Inselchen und Riffe machen eine Annäherung an die Küste gefährlich, und die dadurch bedingte Verteidigungsfähigkeit der Insel ist durch errichtete Werke noch erhöht worden. Unfern der Küste steigen die Berge schroff empor und bilden ein das ganze Innere bedeckendes, 500 m hohes, bewaldetes Plateau, über welches mehrere Berge emporragen: Pouce (807 m), Pieter Botte (815 m), mit dem 30 m hohen, abgerundeten Block auf dem halsähnlich verjüngten Bergkegel eine weithin den Schiffern sichtbare Landmarke, und Montagne de la Rivière Noire (815 m). Die Insel ist durchaus vulkanischer Formation, Basalte und Laven wechseln mit erhobenem Korallenkalk ab, und der größte See, das 667 m ü. M. gelegene Grand Bassin, ist wahrscheinlich eine alte Kraterfüllung. Ihm entströmen nach allen Seiten abstürzende Bäche, doch sind die Wasserläufe der Insel seit ihrer Entwaldung bald trockne Rinnsale, bald gewaltige Sturzbäche. Das Klima ist auf den Hochebenen, wo das Thermometer nicht über 27° C. zeigt, gesund; die Küstenebenen sind intermittierenden und galligen Fiebern ausgesetzt. Die Cholera vernichtete 1854 an 17,000, das malarische Fieber 1867 an 30,000 Personen. Port Louis hat eine Durchschnittstemperatur von 25,9° C. Furchtbare Orkane richten zuweilen großen Schaden auf den Zuckerplantagen und unter den Schiffen an. Der Regenfall (1016 mm im Jahr) ist durch die Verwüstung der früher sehr schönen Wälder sehr unregelmäßig geworden. Alle Waldungen zeichnen sich durch ihr schattiges Wesen, geringfügiges Unterholz und Seltenheit von Palmen aus; eine große Zierde sind die herrlichen Baumfarne. Angebaut werden, aber in ungenügender Menge, Mais, Reis und andre Cerealien; Kaffee, die frühere Hauptkultur, ist jetzt durch Zuckerrohr ersetzt worden. Man berechnet die Jahresproduktion auf 1,300,000 metr. Ztr. Die ausgesaugten Felder der Küste nimmt die Aloe in Besitz, deren Faser jetzt von mehreren Gesellschaften verarbeitet wird. Die Tierwelt war bei Ankunft der Europäer eine sehr arme. Von Säugetieren gab es nur eine fruchtfressende Fledermaus; seitdem hat man Affen, deren Scharen jetzt die Pflanzungen schädigen, Hirsche, Hasen, Ratten, kleine, aber ausdauernde Pferde aus der Kapkolonie und Birma, Rinder und Zebus, Esel, Schweine, Schafe und Ziegen eingeführt. Viele dieser Haustiere werden wieder nach Java, Sumatra, Celebes, Sansibar u. a. ausgeführt. Die Vögel gehören Madagaskar an; unter den Insekten sind die Kochenille und Seidenraupe zu nennen. Die vorhandenen Eisengruben werden heute nicht mehr bearbeitet. Die Bevölkerung ist eine sehr gemischte und hat sich trotz wiederholter verheerender Epidemien außerordentlich schnell vermehrt, vornehmlich durch Einführung indischer Kulis, deren es 1881: 248,993 gab; von Chinesen wurden 3558, von Franzosen 2370, von Engländern nur 548 gezählt; alle europäischen und viele andre Nationen sind vertreten. Die französische Sprache ist die herrschende; das Englische wird nur in den Bekanntmachungen der Regierung, vor Gericht und in den englischen Familien gebraucht. Der Handel dreht sich um die Ausfuhr von Zucker, Vanille, Aloefasern, Kopra, Rum etc. sowie um die Einfuhr von Steinkohlen, Kaffee, Thee, Tabak, Getreide, Getränken, Metall- und Thonwaren, Salz etc. und betrug 1885 für die erste 3,5, für die zweite 2,3 Mill. Pfd. Sterl. Der Gehalt der ein- und ausgelaufenen Schiffe war 503,091 Ton. Für den Verkehr ist durch den Bau guter Straßen und einer 148 km langen Eisenbahn von Port Louis nach Mahébourg und Moka gut gesorgt. An der Spitze der Verwaltung steht ein Gouverneur mit ausführendem Rat und ein Gesetzgebender Körper von 20 Mitgliedern. Administrativ ist die Insel eingeteilt in acht Distrikte. Für Volksbildung sorgen ein Gymnasium, Volksschulen (selbst für die Kulis), Bibliotheken, Zeitungen, mehrere gelehrte Gesellschaften. Die Religion ist vorherrschend die katholische mit einem Bischof. Die Einnahmen (Einfuhrzölle auf verschiedenes, Ausfuhrzoll auf Zucker) betrugen 1885: 730,923, die Ausgaben 839,105, die Staatsschuld 756,750 Pfd. Sterl. Man rechnet nach Rupien und Pfunden Sterling; seit 1878 ist das metrische System im Gebrauch. Hauptorte und Häfen sind: die Hauptstadt Port Louis an der Westküste mit 66,100 Einw. und Mahébourg an der Ostküste. - Die Insel M. wurde wahrscheinlich 1507 mit Bourbon und Rodriguez von dem Portugiesen Mascarenhas entdeckt, aber wenig beachtet; 1598 wurde sie von dem Admiral van Nek für Holland in Besitz genommen und M. benannt, aber erst 1640 kolonisiert und schon 1710 wieder aufgegeben. 1712 nahmen die Franzosen von Bourbon aus Besitz, 1810 aber mußte die Insel nach tapferer Verteidigung sich den Briten ergeben. Vgl. Anderson, Descriptive account of M. (Mauritius 1858); Flemyng, M. or the isle of France (Lond. 1863); Ryan, M. und Madagascar (das. 1864); Baker, Flora of M. and the Seychelles (das. 1877).

Mauritiuspalme, s. Mauritia.

Mauritius- und Lazarusorden, italienischer Verdienstorden, ursprünglich ein 1434 von Amadeus VIII. von Savoyen gestifteter geistlicher Orden, wurde 1802 unterdrückt, 1816 von Viktor Emanuel von Sardinien erneuert, 1868 von Viktor Emanuel II. von Ita-^[folgende Seite]