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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Mélingue - Melk.

Während der Belagerung von Paris 1870/71 war er Adjunkt der Mairie des ersten Arrondissements und wurde als Mitglied der radikalen Partei im März 1871 zum Mitglied der Pariser Kommune gewählt, nahm aber die Wahl nicht an. Durch eine Nachwahl gelangte er im Oktober 1872 in die Nationalversammlung, wo er sich dem Republikanischen Verein anschloß, und ist seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer. Unter Marcère war er 1879 kurze Zeit Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern. Als Gambettist erhielt er 21. Febr. 1883 von Ferry in dessen neuem Kabinett das Ackerbauministerium übertragen, das er bis zu Ferrys Sturz (30. März 1885) verwaltete.

Mélingue (spr. melängh), Lucien, franz. Maler, geb. 18. Dez. 1841 zu Paris, Schüler von Cogniet und Gérôme, malte bis 1863 einige Landschaften und schuf dann eine Reihe von geistvollen, trefflich individualisierten historischen Kompositionen von ansprechendem Kolorit, von denen hervorzuheben sind: der 24. August 1572 (1873), die Herren vom dritten Stand vor der königlichen Sitzung vom 23. Juni 1789 (1874), der Morgen des 10. Thermidor des Jahrs II (1877), die Aufhebung der Belagerung von Metz durch Karl V. 1533 (1878, Museum in Dijon), Stephan Marcel dringt 1358 in den Palast des Dauphins (1879, Museum des Luxembourg), Besitznahme von Belfort durch den Marschall de la Ferté 1654 (Museum in Belfort).

Melinīt, Mineral, s. Gelberde.

Melinīt, Sprengmittel, Mischung aus Pikrinsäure und dem Verdampfungsrückstand von Kollodium, angeblich zuerst von Locard und Hirondart der Kanonengießerei Bourges als Granatenfüllung empfohlen, wurde 1886 von dem Kriegsminister Boulanger bei der französischen Artillerie eingeführt, mußte aber, wie es scheint, wieder aufgegeben werden, weil es den hochgespannten Erwartungen nicht entsprach und namentlich durch Neigung zu Selbstentmischung sich überaus gefährlich erwies.

Melinno, griech. Dichterin, s. Erinna.

Melioration (lat.), Verbesserung, insbesondere eines Grundstücks (s. Bodenmelioration).

Meliorieren (lat.), verbessern.

Melis, s. Zucker.

Melisch (griech.), gesangartig, sangbar; melische Dichtkunst, s. v. w. lyrische oder Liederdichtung.

Melisma (griech.), s. v. w. melodische Verzierung, Koloratur.

Melissa L. (Melisse), Gattung aus der Familie der Labiaten, Kräuter mit gekerbten oder kerbig gesägten Blättern und lockern, wenigblütigen, einseitswendigen Scheinquirlen. 3-4 Arten in Europa, West- und Mittelasien. M. officinalis L. (Gartenmelisse, Zitronenmelisse, Zitronenkraut, Mutterkraut), ein ausdauerndes bis 1,25 m hohes Kraut, meist ästig, mehr oder weniger zottig behaart, mit ziemlich lang gestielten, eiförmigen, wenig behaarten Blättern und weißen oder rötlichen Blüten, wächst in Südeuropa und im südwestlichen Asien, wird im mittlern Europa häufig kultiviert und gedeiht noch einjährig im südlichen Norwegen. Die wilde Pflanze riecht schwach, wenig angenehm, die kultivierte, besonders nach dem Trocknen, sehr lieblich, entfernt an Zitronen erinnernd; der Geschmack ist sehr unbedeutend, gewürzig bitter. Seit den ältesten Zeiten als Arzneimittel gebräuchlich, wird die Melisse noch jetzt als Hausmittel benutzt. Die frischen Blätter verwendet man bisweilen zur Bereitung des Maitranks. Man stellt auch ein ätherisches Öl und ein Melissenwasser durch Destillation des Krauts mit Wasser dar. Bisweilen dient als Surrogat der Melisse die gemeine Katzenminze (Nepeta cataria L.). Über kanarische und türkische Melisse s. Dracocephalum.

Melissenwasser, s. Karmelitergeist.

Melissos, griech. Philosoph aus Samos, vielleicht derselbe, der mit der Flotte der Samier über die Athener einen Sieg erfocht, blühte um 440 v. Chr. und gehörte als Schüler des Parmenides der eleatischen Schule an. Über seine Lehre gibt der erste Abschnitt der Aristotelischen Schrift "De Melisso, Xenophane et Gorgia" Aufschluß; auch haben sich einige Bruchstücke einer prosaischen Schrift M.' "Über die Natur" erhalten, welche in Brandis' "Commentarius Eleaticus" (Kopenh. 1803, Bd. 1) zusammengestellt sind. Danach wich sein philosophisches System von dem des Parmenides hauptsächlich dadurch ab, daß er das Sein für unbegrenzt und unendlich erklärte und daraus erst die Einheit dessen, was ist, ableitete. Die sinnlichen Wahrnehmungen waren auch ihm nur ein Schein, dem Begriff des Seins nicht entsprechend. Hinsichtlich der Götter wies er jede Erklärung ab, da es von ihnen keine Erkenntnis gebe.

Melitämīe, s. v. w. Meliturie, s. Harnruhr.

Melitēne, alte Stadt im östlichen Kappadokien, an einem Nebenfluß des Euphrat, ward durch Trajan zu einer der ansehnlichsten Städte Kleinasiens erhoben. Seit Titus war sie das Standquartier der berühmten Legio XII. fulminata, später Hauptstadt von Armenia secunda. Hier kreuzte die große assyrisch-persische Königsstraße den Euphrat und erfochten die Römer 577 n. Chr. einen Sieg über den Perserkönig Chosroes I. Jetzt Malatije (s. d.).

Melīto, Bischof von Sardes, wirkte um 150-170. Er ist Verfasser einer Apologie der christlichen Religion, von welcher man Fragmente in der Kirchengeschichte des Eusebios (4, 26) findet. Das übrige sowie exegetische, dogmatische und philosophische Schriften, die ihm zugeschrieben werden, sind verloren gegangen; Unechtes dagegen hat sich syrisch und griechisch erhalten.

Melitópol, Kreisstadt im russ. Gouvernement Taurien, an der Molotschna und an der Eisenbahn Losowo-Sebastopol, hat ein Realgymnasium, eine griechisch-katholische und eine armenisch-gregorian. Kirche, 2 Synagogen und eine Moschee, 3 große Jahrmärkte, Handel mit Vieh, Wolle und Cerealien, den Produkten der naheliegenden Mennonitenkolonien, und (1881) 13,307 Einw. M. wurde erst im Anfang des 19. Jahrh. gegründet.

Meliturīe, s. Harnruhr.

Melk (Mölk), Marktflecken in der niederösterreich. Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, an der Donau, welche in der Nähe die Flüsse M. und Bielach aufnimmt, und an der Staatsbahnlinie Wien-Linz gelegen, mit Bezirksgericht, Drahtstifte- und Seilerwarenfabrik und (1880) 1716 Einw. Dabei liegt malerisch auf einem 57 m gegen die Donau steil abfallenden Granitrücken die reiche, 1089 gegründete, 1701-38 neuerbaute, palastähnliche Benediktinerabtei gleichen Namens mit einer prachtvoll ausgestatteten, auch wegen ihrer Orgel berühmten Kirche, einer an Inkunabeln und Handschriften reichen Bibliothek von über 30,000 Bänden, einer stattlichen Gemäldesammlung und andern Kunstschätzen, einem Obergymnasium mit Konvikt und einem Park. Von der Terrasse prachtvolle Aussicht auf das Donauthal. - Der Ort kommt unter dem Namen Medelikhe schon im Nibelungenlied vor. Später stand hier ein Schloß der Markgrafen