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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Norische Alpen - Normalschule.

Ober- und Niederösterreich südlich von der Donau, den größten Teil von Steiermark, Kärnten und Teile von Salzburg. Die Noriker oder Taurisker, keltischen Ursprungs, lebten lange Zeit selbständig unter eignen Königen, welche in Noreja (Neumarkt) residierten, und standen mit den Römern, denen sie besonders Eisen und Waffen verkauften, in Handelsverbindung. Ein Raubzug norischer Truppen nach dem römischen Istrien führte 15 v. Chr. zur Eroberung des Landes durch Drusus. Es wurden seitdem mehrere Militärstraßen durch das Land geführt, drei Flottillen auf der Donau stationiert und eine bedeutende Anzahl Kolonie gegründet. Namhafte Städte der Provinz unter römischer Herrschaft waren noch: Bojodurum (Innstadt bei Passau), Lentia (Linz), die Festung Lauriacum (Lorch bei Enns), Ovilava (Wels), Juvavum (Salzburg), Bedajum (Seebruck am Chiemsee), Virunum (bei Klagenfurt) und Celeja (Cilli). S. Karte "Germanien".

Norische Alpen, historische Bezeichnung der Ostalpen.

Norische Stufe, s. Triasformation.

Norit, s. Hypersthenit.

Norm (lat. norma), eigentlich das Richtmaß, bildlich s. v. w. Richtschnur, Vorschrift, Muster; daher normal, was regelrichtig, einem gegebenen Muster oder einer gefaßten Idee von Vollkommenheit entsprechend ist. Die Buchdrucker nennen N. den abgekürzten Buchtitel eines Werkes, der, wenn angewandt, stets unten links auf die erste Seite eines jeden Bogens gesetzt wird (vgl. Buchdruckerkunst, S. 559).

Normalarbeitstag, die gesetzlich festgestellte tägliche Maximalarbeitszeit für bestimmte Arbeiterklassen oder für die Gesamtheit der Arbeiter. Im engern Sinn wird unter N. nur der N. für erwachsene männliche Arbeiter verstanden, während thatsächlich gesetzliche Bestimmungen über Frauen- und Kinderarbeit dahin führen können, daß bei streng ineinander greifenden Arbeiten auch ein N. für den mitarbeitenden erwachsenen männlichen Arbeiter eingehalten werden muß, wie das vielfach in England der Fall war. Unter Arbeitstag kann sowohl die wirkliche Arbeitszeit je eines Tags als auch die Zeit verstanden werden, welche von Beginn bis zur Beendigung der Tagesarbeit verfließt. Soll durch den N. einer Überarbeitung vorgebeugt werden, so müßte er sich auf die wirkliche Arbeitszeit beziehen. Außerdem müßte er je nach der Art der Arbeit verschieden bemessen werden, weswegen auch Rodbertus an Stelle des allgemeinen gleichen normalen Zeitarbeitstags einen gleichen Werkarbeitstag forderte, der für die verschiedenen Arbeitsarten eine verschiedene Stundenzahl umfassen würde. Die ersten Bestrebungen zur Einführung eines gesetzlichen Normalarbeitstags hat England aufzuweisen. 1833 brachte Lord Ashley ein Gesetz ein, welches die Arbeitszeit der Erwachsenen auf 10 Stunden beschränken wollte; doch wurde dasselbe verworfen. Auch in Nordamerika wurden 1840 und 1868 Versuche der Einführung eines Normalarbeitstags und zwar für die Handarbeiter der Regierungswerkstätten gemacht, ohne daß sie jedoch einen dauernden Erfolg hatten. In einigen Staaten hatten die Arbeiter die gesetzliche Bestimmung eines Normalarbeitstags durchgesetzt, so in Massachusetts 1874 eines solchen von 10 Stunden. Ein französisches Gesetz vom 9. Sept. 1848 verfügte: "Das Tagewerk des Arbeiters in Fabriken und Hüttenwerken darf 12 Stunden wirklicher Arbeit nicht übersteigen". Dasselbe trat jedoch nie in Wirksamkeit. Gesetzlich durchgeführt ist der N. zur Zeit nur in der Schweiz seit 1878 mit 11 Stunden, nachdem Glarus 1864 den 12 stündigen, 1872 den 11 stündigen und Baselstadt 1869 den 12 stündigen N. angeordnet hatten, ferner in Österreich seit 1883 (vgl. Fabrikgesetzgebung).

Normale (lat.), in der Geometrie s. v. w. senkrechte Gerade; bei Kurven und Flächen die im Berührungspunkt einer Tangente oder Tangentialebene auf dieser errichtete Senkrechte.

Normaleichungskommission, Zentralstelle für eine einheitliche Regelung aller die technische Seite des Eichungswesens betreffenden Gegenstände, für den Erlaß der erforderlichen allgemeinen Vorschriften, Feststellung der Taxen für die Eichgebühren und für die Überwachung des Eichungswesens, damit dasselbe nach übereinstimmenden Regeln und dem Interesse des Verkehrs entsprechend gehandhabt werde. Die N. für das Deutsche Reich steht unter dem Reichsamt des Innern. Sie hat ihren Sitz in Berlin und wird von einem Direktor geleitet. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich nicht auf Bayern, für welchen Staat eine besondere N. in München besteht. In Österreich ist die N. in Wien dem Handelsministerium unterstellt.

Normaljahr, das Jahr 1624, welches für die Regelung des Besitzstandes der geistlichen Güter im Deutschen Reich außer Österreich beim Westfälischen Frieden von 1648 als Norm angenommen wurde.

Normalmaß und Normalgewicht, s. Eichen.

Normalmustergrundstücke (Typen), s. v. w. Mustergrundstücke (s. d.).

Normalnull. Laut Beschluß des Zentraldirektoriums der Vermessungen im preußischen Staat vom 14. Dez. 1878 ist an der Sternwarte zu Berlin eine Marke für einen geodätisch genau ermittelten Normalnullpunkt hergestellt, auf welchen sich für die Zukunft alle Höhenermittelungen und staatlich angeordneten Nivellements zu beziehen haben. Die Marke ist 37 m höher als der Normalnullpunkt (NN), welcher selbst in der Erde versenkt liegt und nach den geodätischen Feststellungen 3,513 m über dem Nullpunkt des Pegels zu Neufahrwasser sowie einige 30 mm über dem Nullpunkt des Amsterdamer Pegels liegt. Das Mittelwasser der Ostsee, welches höher als der Pegel bei Neufahrwasser ist, liegt noch 0,012 höher als N. Der Normalnullpunkt wird voraussichtlich auch für Messungen innerhalb der übrigen deutschen Staaten angenommen werden. Vgl. "Der Normalhöhenpunkt für das Königreich Preußen an der königlichen Sternwarte zu Berlin" (Berl. 1879).

Normalordnung (Normalformation), die Aufstellung von Truppenabteilungen neben- oder hintereinander nach ihrer Nummernfolge; sie steht somit im Gegensatz zur Inversion. Die N. hat nur noch Bedeutung für die Ausbildung der Truppen, im Gefecht ist sie ein überwundener Begriff.

Normalschule (Musterschule), eine Schule (vorzüglich Volksschule), an welcher Anfänger im Lehrfach durch Anschauung und Übung sich für die selbständige Verwaltung eines Lehramtes vorbereiten; sodann in den romanischen Ländern (franz.: école normale), einem Teil der Schweiz, früher auch in Österreich, geradezu im Sinn von Lehrerseminar gebraucht (s. Seminar). Dem Zeitalter, welchem zuerst das Bedürfnis besonderer Anstalten zur Bildung der Volksschullehrer bewußt ward (1650-1750), schwebte ein zwiefacher zur Erreichung des Ziels geeigneter Weg vor, der der Belehrung ("Lehrerschule") und der der geordneten praktischen Anleitung ("Musterschule"). In dem Begriff des Seminars vereinigten sich später beide Wege, indem diese Anstalt neben dem theoretischen Unterricht ihren Zöglingen