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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Passepoil - Passifloreen.

nius, liebt aber die Synkopen. Die Anzahl der Teile des P. war anfangs vier; später gab man ihm nur zwei Reprisen, gesellte ihm jedoch häufig, wenn er aus Dur ging, einen zweiten P. in Moll bei, nach welchem der erste wiederholt wurde. In der Suite fand der P. seine Stelle unter den sogen. Intermezzi, d. h. den Tänzen, welche nicht zu den ständigen Teilen der Suite gehören und gewöhnlich zwischen Sarabande und Gigue eingeschoben wurden.

Passepoil (franz., spr. pass'poall, Paspel), Vorstoß, eingenähte, 1-2 mm breite Streifen andersfarbigen Tuches in den Nähten, besonders der Uniformen; passepoilieren (paspelieren), mit P. versehen.

Passe-port (franz., spr. pass-por), Paß, Geleitschein.

Passer, Sperling.

Passer, Fluß, s. Passeier.

Passe-volant (franz., spr. pass-wolang), jemand, der nur vorübergehend eine Stellung einnimmt, besonders ehedem ein blinder, d. h. nur zum Schein (um bei Musterungen das Fehlen von Mannschaften zu verdecken) eingestellter, Soldat; bei den Franzosen und Spaniern im 15. Jahrh. auch ein 8- und 16-pfündiges, sehr langes (bis 40 Kaliber) Geschütz.

Paßgänger, Pferde, welche Paß gehen, früher für Reisen sehr beliebt, da der Paß weniger anstrengt als Trab und doch fördert.

Paßglas, altdeutsches gläsernes Trinkgefäß von hoher cylindrischer Form und einfachem, niedrigem Fuß. Die Mantelfläche des Glases ist durch horizontale Ringe in verschiedene Zonen oder Pässe (Maße) geteilt. Beim Wetttrinken mußte der Zwischenraum zwischen je zwei Ringen geleert werden. Die Ringe sind aufgemalt, seltener durch herumgelegte Glasfäden gebildet. Die meist aus grünem Glas gefertigten Paßgläser sind oft mit bunt aufgemalten Kartenblättern (s. nebenstehende Abbildung) geschmückt.

^[Abb.: Paßglas.]

Passibel (lat.), für Eindrücke empfänglich.

Passierdukaten, die um 1-2 As zu leichten Dukaten. Das Vollgewicht ist 3,4904 g, das Passiergewicht 3,4390 g.

Passieren, durchreisen; als erträglich (passabel) mit durch gehen (z. B. von zu leichten Münzen); für etwas gelten; sich ereignen. In der Kochkunst bedeutet p.: Fleisch, Vegetabilien etc. mit Fett schwitzen lassen, bis der ausgetretene Saft eingeschwitzt ist; Flüssigkeiten durch ein Sieb oder Tuch gießen; einer Suppe, Sauce etc. mit Mehl die nötige Bindung geben.

Passiergewicht (Passierfuß, Passierstein), bei Goldmünzen dasjenige Gewicht derselben, welches zwar dem ursprünglichen oder gesetzlichen nicht gleichkommt, aber dessenungeachtet sowohl gesetzlich als im geschäftlichen Verkehr noch für vollgültig anerkannt wird. Das P. der deutschen Reichsgoldmünzen s. Münzwesen (S. 896). Gewichtsstücke, welche das P. dieser Münzen angeben (Passiersteine), werden zur Eichung zugelassen. Das Börsenpassiergewicht ist das Gewicht, welches im Kurszettel notierte Goldstücke mindestens haben müssen, um als vollwichtig lieferbar zu sein. Reichsgoldmünzen, welche das P. nicht erreichen, aber keine gewaltsame Beschädigung zeigen, werden von allen Kassen des Reichs und der Bundesstaaten zum vollen Nennwert angenommen, aber nicht wieder ausgegeben.

Passierzettel (franz. Passavant, amtlicher Begleitschein), ein von den betreffenden Behörden ausgestellter Schein, durch welchen Wagen oder Waren nach Entrichtung von Gebühr und Zoll oder deren Sicherstellung berechtigt werden, ihren Weg ungestört fortzusetzen (Zollfreischein), oder welcher die steuerfreie Überführung von der Einlagesteuer unterliegenden Getränken von einem Aufbewahrungsraum in den andern gestattet.

Passiflora L. (Passionsblume, Rangapfel), Gattung aus der Familie der Passifloraceen, Sträucher oder Kräuter mit aufrechtem, häufiger kletterndem Stengel, wechselständigen, ganzen oder gelappten Blättern, achselständigen Wickelranken, großen, meist prachtvollen Blüten und einfächeriger, mit saftigem Brei gefüllter Beere. Die etwa 120 Arten kommen fast nur im wärmern Amerika, namentlich in Brasilien und Peru, vor; bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. wurden Passionsblumen in Europa bekannt und zwar unter dem Namen Granadilla, den sie erhalten hatten, weil ihre Früchte, ähnlich den Granaten, gegessen werden. Zu Ende des 16. Jahrh. wurden sie bereits in Italien kultiviert, und damals hatten auch schon die Priester die Beziehungen auf das Leiden Christi in den Blüten entdeckt. Den zwischen der Blumenkrone und den Staubgefäßen befindlichen Fadenkranz deuteten sie als die Dornenkrone, die drei keulig-nagelförmigen Griffel als die Kreuzesnägel und die fünf Staubbeutel als die Wundenmale. Die Deutungen wichen übrigens vielfach voneinander ab und wurden auf alle Teile der Pflanze ausgedehnt. P. quadrangularis L., auf den Antillen, eine der prächtigen Arten mit 10 cm im Durchmesser haltender, weißer, innen rosenrot angehauchter Blüte, sehr großem, weiß, purpurrot und violett geschecktem Fadenkranz und aromatische Früchten von der Größe eines Gänseeies und größer. Die Wurzel ist giftig. Die Frucht wird wegen ihres angenehmen säuerlich-süßen Fleisches gegessen und namentlich auch zur Bereitung eines kühlenden Getränks benutzt. Man kultiviert diese Art in englischen Gewächshäusern, ebenso P. macrocarpa Lind., aus dem westlichen Brasilien und Peru, welche sehr reichlich große Früchte von 18 cm Länge trägt, die bisweilen ein Gewicht von 4-4,5 kg erreichen. Diese Früchte gleichen im Wohlgeschmack den Melonen. Auch P. edulis Sab., in Brasilien, und P. laurifolia L., in Südamerika und auf den Karibischen Inseln, tragen wohlschmeckende Früchte, während die Beeren andrer Arten eine gewisse Schärfe besitzen. Mehrere Arten und noch mehr Blendlinge, welche sich sehr leicht erzeugen lassen, werden wegen ihrer schönen Blüten kultiviert; die meisten fordern große Wärme, einige aber kann man im Sommer ins Freie stellen. P. coerulea L. (s. Tafel "Zimmerpflanzen I"), mit weißen Blüten und blauem Fadenkranz, auf Brasilien und Peru, hält sogar in bevorzugten Lagen gut gedeckt unsre Winter aus, ebenso die krautige P. incarnata L., aus Südamerika und Westindien, welche zum Winter einzieht.

Passifloreen (Passionsblumengewächse), dikotyle, etwa 250 Arten umfassende, in der warmen Zone besonders Amerikas einheimische Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Passiflorinen, Kräuter und Halbsträucher mit meist kletterndem Stengel und wechselständigen, entweder einfachen, ganzen oder gelappten, oder aber handförmig zusammengesetzten Blättern mit Nebenblättern und oft mit achselständigen Ranken, welche umgewandelt Achselsprosse darstellen. Die regelmäßigen Blüten sind oft mit