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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Prinz Heinrich-Hafen - Prior tempore, potior jure.

Prinz Heinrich-Hafen, kleiner Hafen an der deutschen Küste von Neuguinea (s. d., S. 83).

Prinzīp (lat. Principium), der Anfang, das Erste, von dem ein andres abgeleitet oder bestimmt wird, und welches daher nicht nur selbst keines andern bedürfen, sondern dessen umgekehrt jedes andre bedürfen muß. Man unterscheidet zunächst die Realprinzipien oder Prinzipien des Seins und Geschehens (principia essendi oder fiendi) und Ideal- oder Erkenntnisprinzipien (p. cognoscendi) und versteht unter den erstern die letzten Ursachen dessen, was ist und geschieht, unter diesen die für sich selbst gewissen Ausgangspunkte und Grundregeln des Denkens und Erkennens. Die Realprinzipien stehen zu den aus ihnen sich ergebenden Dingen im Verhältnis von Ursache und Wirkung, während zwischen den Idealprinzipien und den aus ihnen abgeleiteten Sätzen das Verhältnis von Grund und Folge stattfindet. Unter den Erkenntnisprinzipien trennt man wieder solche, welche sich bloß auf die Form der Anordnung und innern Verbindung einer gewissen Summe von Erkenntnissen beziehen (Formalprinzipien), und solche, von denen der Inhalt der Erkenntnisse abhängt (Materialprinzipien); zu erstern gehören z. B. die allgemeinen Regeln der Logik und Dialektik, die Materialprinzipien sind dagegen so mannigfaltig wie die Gegenstände der Erkenntnis und Geistesthätigkeit selbst. Ein andrer Unterschied ist der zwischen theoretischen und praktischen Prinzipien, von denen die erstern lediglich auf das Erkennen dessen, was ist und geschieht, sich beziehen, letztere aber zugleich eine Wertgebung und demgemäß Bewegungsgründe (Motive) zu Handlungen einschließen. Bei Konstruktionen eines wissenschaftlichen Lehrsystems kommt es hauptsächlich darauf an, das oberste Materialprinzip der Wissenschaft aufzustellen, da der Idee nach keine Wissenschaft eines solchen entbehren kann.

Prinzipāl (lat.), hauptsächlich (z. B. Prinzipalstimme, vorzüglichste oder Hauptstimme); als Hauptwort s. v. w. Herr, Lehrherr, Brotherr, auch der als Herr an der Spitze eines Geschäfts Stehende. In der Orgel ist P. Bezeichnung der eigentlichen Hauptstimmen, d. h. der offenen Labialstimmen von mittlerer Mensur (Prinzipalmensur) und kräftiger, gesunder Intonation. Eine gute 8-Fuß-Prinzipalstimme ist das erste Erfordernis einer halbwegs brauchbaren Orgel. Größere Orgeln haben für jedes Klavier, mit Ausnahme des Echowerkes, ein (ein wenig abweichend intoniertes) achtfüßiges P., besonders große sogar im Hauptmanual zwei verschieden intonierte Prinzipale nebeneinander. Die Normalstimme des Pedals ist P. 16 Fuß, das übrigens auch in sehr großen Orgeln im Hauptmanual vorkommt. P. 32 Fuß (Großprinzipal, Subprinzipal) kommt nur im Pedal vor und erfordert für das tiefste C eine Länge von fast 40 Fuß. Die kleinern Prinzipalstimmen heißen gewöhnlich Oktav, P. 4 Fuß auch Prästant oder Kleinprinzipal, P. 2 Fuß Superoktav oder Dublette, P. 1 Fuß Superoktävlein, auch Piccolo. Eine Abart des Prinzipals ist das enger mensurierte Geigenprinzipal. Das Material der Prinzipalregister ist womöglich Zinn, nur die allzugroßen Pfeifen der 16-Fuß- und 32-Fußregister werden meist aus Holz gefertigt.

Prinzipāt (lat.), Stelle und Würde eines Princeps (s. d.); Oberherrschaft, Oberrang.

Prinzmetall, s. Chrysorin.

Prinz Ruprechtsmetall, s. Chrysorin.

Prinz von Wales, in Großbritannien Titel des Kronprinzen, seit 1301 üblich (s. Wales).

Prinz von Wales-Inseln, s. Prince of Wales-Inseln.

Prinz Wales-Insel, s. Pinang.

Prionīden, Prionus, s. Bockkäfer.

Prior (lat., "Oberer"), in den Benediktinerklöstern zunächst der Vorsteher der Filialklöster, der dem Abt (s. d.) als dem Vorsteher der Mutterklöster untergeordnet war; später auch ein zweiter Vorsteher in einem und demselben Kloster; in andern Orden gleichbedeutend mit Abt. Dem entspricht in Nonnenklöster der Rang der Priorin. Priorei heißt das Kloster, worin ein P. seinen Sitz hat, sowie auch die Gesamtheit der einem P. unterstellten Klöster. Konventualprior ist ein solcher P., welcher die Angelegenheiten in einer vom Stammkloster abhängigen Ordensniederlassung leitet. Großprior, in den geistlichen Ritterorden der Nächste nach dem Großmeister.

Prior (spr. prei-er), Matthew, engl. Dichter, geb. 21. Juli 1664 zu Abbot Street (Dorsetshire), studierte, vom Earl von Dorset unterstützt, in Cambridge. Hier verfaßte er in Gemeinschaft mit Charles Montague, späterm Grafen Halifax, die gegen Dryden gerichtete Fabel "The city mouse and country mouse". Sein Gönner zog ihn nach London und führte ihn in die diplomatische Laufbahn ein. P. ward 1691 als Gesandtschaftssekretär zum Kongreß nach dem Haag geschickt, trat, als die Tories das Übergewicht erhielten, zu ihnen über, ging 1697 in diplomatischer Sendung zu dem Kongreß nach Ryswyk, 1698 als Gesandtschaftssekretär an den französischen Hof, ward 1711 mit geheimen Friedensvorschlägen nach Paris geschickt und begleitete 1712 Lord Bolingbroke dahin, um dort als britischer Gesandter zurückzubleiben. Als jedoch mit Georgs I. Thronbesteigung die Whigs ans Ruder kamen, wurde P. zurückberufen, als Teilhaber an des Grafen von Oxford Plänen und als Unterhändler des Utrechter Friedens verhaftet, aber nach zweijähriger Gefangenschaft freigelassen. Er starb 18. Sept. 1721 in Wimpole, dem Wohnsitz des Lords Oxford, und wurde in der Westminsterabtei beigesetzt. Seine Dichtungen, Oden, Lieder, Epigramme, die beiden größern didaktischen Gedichte: "Salomon" und "Alma", besonders seine Erzählungen ("Protogenes and Apelles", "Paulo Purganti") zeichnen sich durch Witz, Geschmack, leichte, elegante Diktion und melodische Sprache aus; doch fehlt der eigentlich männliche Charakter. Die besten Ausgaben der "Poetical works" von P. sind die von 1791 in 2 Bänden, von 1835 in 2 Bänden (mit des Dichters Biographie von Mitford) und von 1858.

Priōra (lat.), frühere Dinge oder Vorgänge.

Priorāt (lat.), das Amt eines Priors oder einer Priorin sowie die Wohnung eines Priors im Kloster.

Priorität (lat.), das Zuvorkommen, Vorhergehen in der Zeit oder dem Recht nach, z. B. die P. eines Autors, Erfinders, des Todes einer Person vor dem Absterben einer andern (s. Kommorienten); dann s. v. w. Vorzug, namentlich das Vorzugsrecht (Prioritätsrecht), welches ein Gläubiger wegen einer ihm zustehenden Forderung vor andern Gläubigern desselben Schuldners in Anspruch nimmt, und welches, wenn es bestritten wird, im Konkurs (s. d.) zu einem Prioritätsstreit Veranlassung gibt. Prioritäten oder Prioritätsaktien nennt man von Aktiengesellschaften begebene Papiere, welche mit gewissen Vorzugsrechten ausgestattet sind (näheres darüber s. Aktien, S. 264).

Prioritätsurteil, s. Lokationsurteil.

Prior tempŏre, potĭor jure, lat. Rechtsregel: wer der Zeit nach der frühere, ist auch dem Recht nach