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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Protimesis - Protoplasma.

Protimesis (griech.), Vorzug, Vorkauf.

Protisten, s. Protozoen.

Protium, s. Icica.

Protiwin, Marktflecken in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Pisek, an der Blanitz und der Staatsbahnlinie Wien-Eger (mit Abzweigungen nach Rakonitz und Tabor), hat ein fürstlich Schwarzenbergsches Schloß, Bierbrauerei, Rübenzuckerfabrik, bedeutende Märkte und (1880) 2587 Einw.

Protococcus Ktz. (Kugelalge, Urkornalge), einstmalige Algengattung, ist gegenwärtig in mehrere Gattungen verteilt worden und zwar in Pleurococcus Menegh. (Chlorococcus Fr., Cystococcus Näg.), Chlamydococcus A. Br., Chlamydomonas Ehrb. Letztere Gattung gehört ihrer sich paarenden Schwärmzellen wegen zu der Ordnung der Zoosporeen, während Pleurococcus Menegh. zu den Palmellaceen in der Ordnung der Chlorophyllophyceen gezählt wird (s. Algen, S. 341). Mehrere Arten von Pleurococcus wurden als Ruhezustände von Chlamydomonas erkannt. Chlorococcus humicola Rabenh. (Cystococcus humicola Näg.), 0,018 mm groß, bildet grüne Überzüge allenthalben auf feuchtem Boden und an Baumstämmen. Chlamydococcus pluvialis A. Br. (P. pluvialis Ktz., Blutregenalge), 0,0067-0,043 mm groß, mit einem zentralen, roten Punkt, in kleinen, mit Regenwasser erfüllten Vertiefungen von Steinen in ganz Europa, überzieht das Wasser bräunlich purpurrot und gibt daher mit zur Sage vom Blutregen Veranlassung. Chlamydococcus nivalis A. Br. (P. nivalis Ag., Schneealge), 0,0105-0,036 mm groß, mit zentralem, rotem Punkt, bildet auf dem ewigen Schnee der Alpen und Polarländer die Erscheinung des roten Schnees, ist vielleicht mit dem vorigen identisch. Chlamydomonas pulvisculus Ehrb., 0,0068-0,0136 mm groß, grün mit rotem Punkt, erscheint periodisch auf Teichen und Lachen, das ganze Wasser grün färbend. P. atlanticus Mont., 0,0033-0,0047 mm groß, rot, färbt die Oberfläche des Meers rot, z. B. an der Westküste von Portugal bisweilen in einer Ausdehnung von mehreren QMeilen.

Protodatarius, s. Dataria.

Protogäa (griech.), die Erde in ihrer Urgestalt.

Protogenes, griech. Maler, geboren zu Kaunos an der Grenze von Karien, lebte um 350 v. Chr. Er war Zeitgenosse des Apelles und zeichnete sich durch ausdauernden Fleiß und genaues Naturstudium aus. Sein berühmtestes Werk war Jalysos, das Bild des Ortsheros der gleichnamigen Stadt, als Jäger mit seinem schäumenden Hunde dargestellt, ursprünglich im Jalysostempel zu Rhodos, dann von Vespasian in den Friedenstempel zu Rom gebracht, wo es unter Commodus samt dem Tempel verbrannte. Andre Werke von P. waren: der ruhende Satyr, Alexander als neuer Dionysos mit einem Pan und verschiedene Porträte. Auch als Bronzegießer wird P. genannt.

Protogenisch (griech.), erstgeboren, erstgebildet.

Protogin, s. Granit und Gneis.

Protogynische Blüten, s. Dichogamen.

Protokokkaceen, in ältern Systemen eine Familie der Algen, gegenwärtig teils zu der Ordnung der Chlorophyllophyceen, teils zu den Zoosporeen gehörig; s. Protococcus.

Protokoll (griech.), ursprünglich das den Gerichtsakten vorgeheftete Titelblatt; dann die zur Beurkundung einer gerichtlichen oder sonstigen Verhandlung angefertigte, den Beteiligten in der Regel vorgelesene und von ihnen nach vorgängiger Genehmigung unterschriebene Niederschrift über die einzelnen Vorgänge, wie sie der Reihe nach vorkommen; Protokollführer (Protokollant), der zur Aufnahme solcher Protokolle Zugezogene, z. B. bei gerichtlichen Protokollen der verpflichtete Gerichtsschreiber; protokollieren, ein P. aufnehmen. Durch die Aufnahme des Protokolls im unmittelbaren Anschluß an die mündliche Verhandlung unterscheidet sich dasselbe von der sogen. Registratur, einer erst nachträglich zu den Akten gebrachten Niederschrift. Protokolle kommen nicht nur im gerichtlichen Verfahren vor, sondern die Form des Protokolls wird im öffentlichen und im Privatleben überhaupt zur Beurkundung von wichtigern Vorgängen vielfach angewendet, namentlich auch im völkerrechtlichen Verkehr der Staaten untereinander, besonders auf Konferenzen und Kongressen, wobei es üblich ist, dem diplomatischen, zumeist in französischer Sprache aufgenommenen P. ein Separatvotum zur Motivierung der Unterschrift oder der von dem Bevollmächtigten einer beteiligten Regierung abgegebenen Erklärung beizufügen. Was die äußere Form anbelangt, so enthält das P. als Überschrift zunächst Ort und Zeit der Aufnahme (z. B. "Geschehen [actum] zu Leipzig, den 1. Mai 1888"); sodann folgen die Namen der anwesenden Personen, dann eine chronologische Aufzeichnung der einzelnen Vorgänge und Erklärungen, meist in direkter Rede, und am Schluß die Formel: "Geschehen wie oben" oder "A. u. s." (actum ut supra) und die Unterschrift des Protokollführers mit dem Zusatz: "Zur Beglaubigung" (in fidem) oder "Nachrichtlich wie oben" (Nachr. w. o. N. N.) sowie die Unterschriften der beteiligten Personen; auch ist die Formel: "V. G. U." (vorgelesen, genehmigt, unterschrieben) üblich. Über den notwendigen Inhalt der in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und im Strafverfahren aufzunehmenden Protokolle sind in der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 145 ff.) und in der Strafprozeßordnung (§ 186, 271 ff.) Vorschriften gegeben.

Protonema (griech.), s. Prothallium.

Protonotar (griech.-lat.), erster Sekretär eines höhern Gerichts; zu Konstantinopel der oberste Geistliche nebst dem Patriarchen. Die apostolischen Protonotarien bilden im Kirchenstaat ein Kollegium (Protonotariat) von zwölf vornehmen Geistlichen, das alle die Kirche betreffenden Akte, die Prozeduren bei Kanonisationen, Testamente der Kardinäle etc. zu besorgen und dem Papst auch außerhalb Roms zu folgen hat.

Proton Pseudos (griech., "erste Lüge"), Bezeichnung eines falschen Vordersatzes in einer Schlußfolge oder einem Beweis.

Protophloemzellen, in der Pflanzenanatomie die innerhalb des Bast- oder Phloemteils eines jungen Gefäßbündels sich zuerst ausbildenden Elemente.

Protophyten (griech.), Abteilung der Thallophyten, s. Kryptogamen und Algen.

Protoplasma (griech., "das zuerst Gebildete", Plasma, Sarkode), diejenige Substanz im tierischen und pflanzlichen Körper, an welche das Leben gebunden ist, daher auch in jeder einzelnen Zelle, aus denen die genannten Organismen zusammengesetzt sind, der wesentliche, ihnen allen gemeinsame Inhalt (im Gegensatz zu den mehr zufälligen und auch nicht jeder Zelle zukommenden Teilen, wie Zellhaut, Zellkern, Stärkekörner, Fettkügelchen etc.). Das P. besteht im chemischen Sinn aus einer eiweißartigen Materie, über deren Zusammensetzung jedoch noch keine genauen Angaben vorliegen. Es ist im lebenden Zustand zähflüssig, vermag sich, falls es nicht in unnachgiebige Wände eingeschlossen ist, von der Stelle zu bewegen, empfindet äußere Reize und zieht sich