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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rade - Raiffeisen

R.

Rade, Martin, evang. Theolog, geb. 4. April 1857 zu Rennersdorf bei Herrnhut, studierte in Leipzig, wurde 1882 Pfarrer in Schönbach bei Löbau in Sachsen, 1892 an der Paulskirche in Frankfurt a. M. R. war 1887 Mitbegründer und ist seitdem Herausgeber der «Christl. Welt. Evang.-luth. Gemeindeblatt für Gebildete aller Stände» (Leipzig); ferner begründete er 1891 die «Chronik der christl. Welt» (ebd.). Er schrieb unter anderm: «Damasus, Bischof von Rom» (Freiburg 1882), «Dr. M. Luthers Leben, Thaten und Meinungen» (3 Bde., Neusalza 1883‒87), «Unsere Landgemeinden und das Gemeindeideal» (Lpz. 1892; Heft 11 der «Evang.-socialen Zeitfragen»), «Der rechte evang. Glaube» (ebd. 1892; Nr. 1 der «Hefte zur Christl. Welt»), «Spener in Frankfurt» (Frankf. a. M. 1893), «Zu Christus hin» (Freib. i. Br. 1896). Auch gab R. mit andern «Luthers Werke für das christl. Haus» heraus (Braunschw. 1889‒92).

Rade, Max, Musterzeichner, geb. 14. März 1840 zu Dresden, studierte bei dem Architekten Wiedemann, einem Schüler Sempers, wurde 1859 Zeichner einer Leuchterfabrik in Dresden und ging 1861 nach Paris, wo er für das Atelier Lièvre Bronzen zeichnete und kunstgewerbliche Aufnahmen machte. Dort lernte er die Malerei auf Fächern und besuchte die Akt-Akademie, und etablierte sich 1867 als Zeichner mit H. Beck, wurde aber 1870 ausgewiesen und 1875 an der Dresdener Kunstgewerbeschule als Lehrer für Musterzeichnen und Dekorationsmalen angestellt. Hier entwickelte R., 1880 zum Professor ernannt, eine sehr anregende Thätigkeit sowohl als Zeichner für die sächs. Industrie wie als Lehrer einer Schule gut vorgebildeter Dessinateure. Er gab heraus: «Auswahl von Ornamenten des königl. Historischen Museums zu Dresden» (2 Bde., Dresd. 1883‒84), «Malvorlagen und Originale für Buntdruck» (Leipzig, periodisch erscheinend).

Radfahrsport *. Bei einer Distanzfahrt wurde 1896 die Strecke Bordeaux-Paris (591 km) in 21 Stunden 18 Minuten 20 Sekunden zurückgelegt. Bei Wettfahrten sind neuere Leistungen: 100 km in 2 Stunden 11 Minuten 45⅘ Sekunden (Paris), in 24 Stunden 859,120 km (ebd.), in 1 Stunde 48,455 km (ebd.). Der Deutsche Radfahrerbund besteht aus 982 Vereinen und (1. Dez. 1895) 25558 Mitgliedern, darunter 6925 Einzelfahrer, die Allgemeine Radfahrer-Union hat (1895) 8500 Mitglieder. – Neuere Litteratur: Hirsch, Wegweiser durch Mitteldeutschland für Radfahrer (Tl. 1, 2. Aufl., Lpz. 1896; Tl. 2, ebd. 1896; mit Stadtplänen und Routenkarte). Zeitungen: Velo-Sport (Lahr 1894 fg.), Rad-Welt (Berl. 1895 fg.; täglich erscheinend). Auch der Deutsche Radfahrer-Bund (Magdeburg) erscheint seit 1896 täglich.

Zu militärischen Zwecken hat man im deutschen Heere die anfänglich beabsichtigte Verwendung von Dreirädern aufgegeben. Das Armeefahrrad ist ein Zweirad mit Zubehör und Reservestücken. Es giebt Kriegsräder, die nur für den Dienst im Felde bestimmt sind, und Lernräder, die zunächst Ausbildungszwecken dienen sollen und etwas stärker gebaut sind. In neuester Zeit hat man Kriegsfahrräder konstruiert, die so niedrig sind, daß der Fahrer sofort beim Halten stehen (und schießen) kann. Dieselben sind zusammenklappbar und können innerhalb ½ Minute zusammengeschraubt werden. Nur die Infanterie, Jäger und Schützen sind mit Armeefahrrädern ausgestattet. Die neue Felddienstordnung enthält die Grundsätze für die Verwendung der Radfahrer, die neben den Meldereitern (s. Meldereiterdetachements), aber nicht als Ersatz für diese, beim Meldedienst und zur Befehlsüberbringung benutzt werden sollen.

Eine besondere Radfahrertruppe giebt es nicht. Die Radfahrer werden bei der Truppe ausgebildet; gut ausgebildete Fahrer erhalten einen Vermerk in die Entlassungspapiere, wonach sie bei Einberufung zu Übungen oder bei der Mobilmachung für den Radfahrerdienst verwendet werden können. Bekleidung und Ausrüstung der Radfahrer ist den Besonderheiten ihres Dienstes angepaßt und schließt sich der Hauptsache nach der des betreffenden Truppenteils an. Als Bewaffnung dienen Revolver und Seitengewehr; letzteres ist an der Lenkstange des Fahrrades befestigt.

Über die Versicherung der Fahrräder s. Fahrradversicherung.

Radikal-Wurmpulver von F. Großmann, s. Geheimmittel.

Radolin *, Hugo Fürst von, wurde im April 1895 als deutscher Botschafter nach Petersburg versetzt.

Radzionkau, Dorf im Kreis Tarnowitz des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, an der Linie Breslau-Tarnowitz-Kattowitz der Preuß. Staatsbahnen, hat (1895) 7611 E., darunter 65 Evangelische und 45 Israeliten, Post, Telegraph, kath. Kirche, Rittergut; Kalkwerk, Kohlen-, Eisenerz- und Galmeibergbau. Der Gutsbezirk R. hat 762 E., darunter 22 Evangelische.

Radziwill *, Fürstenfamilie. Der vierte Sohn des Fürsten Boguslaw R., Prinz Edmund, starb 9. Aug. 1895 in Beuron (Hohenzollern).

Rahden, Flecken im Kreis Lübbecke des preuß. Reg.-Bez. Minden, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Bielefeld), hat (1895) 1295 E., darunter 29 Katholiken und 61 Israeliten, Post, Telegraph, evang. Kirche, Synagoge, Vorschußverein; Wollspinnerei, Cigarrenfabrikation, Schweinezucht und Viehhandel.

Rahm, Dorf bei Angermund (s. d.).

Rahmstationen, s. Butter.

Raiffeisen, Friedrich Wilhelm, Begründer der ländlichen Spar- und Darlehnskassenvereine (s. Darlehnskassenvereine), geb. 30. März 1818 zu Hamm a. d. Sieg, schlug zuerst die militär. Laufbahn ein, mußte dieselbe jedoch wegen eines Augenleidens aufgeben und trat in den Verwaltungsdienst über. 1843 wurde er Kreissekretär von Mayen, 1845 Bürgermeister zu Weyerbusch, 1850 solcher zu Flammersfeld, 1852 solcher zu Heddesdorf. Im genossenschaftlichen Zusammenschluß einen Weg zur Abhilfe der ländlichen Not, namentlich der Kreditnot erblickend, gründete er zuerst 1847 in Flammersfeld einen ländlichen Hilfsverein, übertrug seine Ideen auch auf seine spätern Bürgermeistereien und