Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rhinow; Rhinozeros; Rhinton; Rhipaei Montes; Rhizantheen; Rhizoctonia; Rhizoiden; Rhizokarpeen; Rhizom

789

Rhinow - Rhizom.

Rhinow, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Westhavelland, am Alten Rhin, hat eine Dampfschneidemühle, Pantinenfabrikation, eine große Brauerei und (1885) 1309 evang. Einwohner. Nahebei die Stöllenschen Berge.

Rhinozeros, s. Nashorn.

Rhinton, griech. Komiker, Sohn eines Töpfers aus Tarent, lebte um 300 v. Chr. und war Erfinder einer eignen in Großgriechenland verbreiteten und vergeblich auch von den Römern nachgeahmten Gattung dramatischer Poesie, der Hilarotragödie (s. d.), die daher auch Rhintonika genannt wurde.

Rhipaei Montes (lat.), in der Vorstellung der Griechen und Römer Gebirge im äußersten Norden der Erde, jenseit dessen sie sich eine Art Paradies dachten. Eine Identifizierung desselben mit einem wirklich existierenden Gebirge ist kaum möglich. Auf den Karten des Ptolemäos erscheinen sie an der Stelle, wo die Wasserscheide zwischen den Zuflüssen der Ostsee und des Schwarzen Meers liegt.

Rhizantheen, Ordnung im Pflanzensystem Endlichers unter den Dikotyledonen, chlorophylllose Schmarotzer auf Pflanzenwurzeln, begreift die Familien Cytineen, Rafflesiaceen und Balanophoreen.

Rhizoctonia Dec. (Wurzeltöter), Pilzgattung aus der Unterordnung der Pyrenomyceten, Schmarotzerpilze mit stark entwickeltem, weit ausgebreitetem, violettem, faserige Häute bildendem, die Oberfläche von Wurzeln überziehendem Mycelium. Nur an der folgenden ersten Art sind bis jetzt Perithecien in Form hirsekorngroßer, dichter Wärzchen, welche erst an der abgestorbenen Wurzel sich ausbilden, gefunden worden; danach ist die Gattung Byssothecium Fuckel für diesen Pilz begründet worden. Dergleichen Pilze kommen an sehr vielen Pflanzen, besonders Kulturpflanzen, vor; aber man vermutet, daß sie alle nur eine Art ausmachen. Sie töten die Wurzeln, bez. Zwiebeln, worauf die ganze Pflanze schnell abstirbt. Es entstehen auf den Feldern große, kreisförmige Fehlstellen, welche sich immer weiter ausbreiten, indem das Mycelium innerhalb des Bodens von einem Stock zum andern wächst. Daher ist gegen die Krankheit auch nichts zu thun, als daß man hinreichend tiefe Gräben um die verwüsteten Stellen in den Äckern zieht, um das Weitergreifen des Pilzes zu verhindern, und daß man auf stark ergriffenen Feldern längere Zeit mit dem Anbau einer für den Schmarotzer als Nährpflanze geeigneten Spezies aussetzt, weil die Perithecien und mit ihnen die Keime des Pilzes erst an den vollständig in Verwesung übergegangenen Überresten der befallenen Wurzeln sich ausbilden. Der Wurzeltöter der Luzerne (R. medicaginis Dec., R. violacea Tul., Byssothecium circinalis Fuckel) überzieht die ganzen Wurzeln der Luzerne mit einem dichten, violetten, faserigen Gewebe, besonders in Frankreich, Elsaß-Lothringen und den Rheingegenden, findet sich auch an den Wurzeln der Zucker- und Futterrüben (Rübentöter), des Fenchels, der Möhren, an den Knollen der Kartoffeln, die dadurch ebenfalls in Fäulnis übergehen, desgleichen an Rotklee, Spargel, Färberröte und selbst an den Wurzeln der Orangenbäume. Der Safrantod (R. crocorum Dec., R. violacea Tul.), auf den Knollen der Safranpflanze, anfangs weiße, dann violette, filzige Überzüge auf der Innenseite der Schalen bildend, später nach außen dringend, die Knolle umspinnend und Fadenstränge aussendend, welche stellenweise knollenartige Verdickungen (Sklerotien) bilden und durch den Boden auf benachbarte Knollen übergehen. Die Knollen werden dadurch getötet und bis auf die härtern Teile zerstört. Auf den Safranfeldern in Südfrankreich richtet die Krankheit seit Mitte des vorigen Jahrhunderts große Verheerungen an. R. solani Kühn bildet in Form erst weißlicher, später dunkelbrauner, stecknadelkopfgroßer und größerer Pusteln (Sklerotien) auf der Schale der Kartoffelknollen die sogen. Pockenkrankheit der Kartoffeln, welche die Knollen zwar unansehnlich macht, aber ihre Tauglichkeit, wenigstens zum Verfüttern und zur Brennerei, nicht beeinträchtigt.

Rhizoiden, die Wurzelhaare der Thallophyten und Moose.

Rhizokarpeen (Wurzelfrüchtler, Wurzelfarne, Wasserfarne), Klasse der Gefäßkryptogamen, krautartige Sumpf- und Wasserpflanzen mit kriechendem oder schwimmendem Stengel und vollkommenen, einfachen, blattförmigen oder fadenförmigen oder langgestielten und zusammengesetzten Blättern. Sie gehören zu denjenigen Gefäßkryptogamen, bei welchen zweierlei Sporen (Makro- und Mikrosporen) vorkommen, welche in besondern Sporangien (Makro- und Mikrosporangien) enthalten sind, und von denen die letztern bei der Keimung nur die männlichen Organe (Antheridien) mit den Spermatozoiden, die erstern aber auf einem mit der Spore in Verbindung bleibenden Vorkeim die weiblichen Organe (Archegonien) entwickeln. Der besondere Charakter der R. liegt darin, daß bei ihnen die Sporangien in Sporenfrüchten (conceptacula) eingeschlossen sind. Dieselben sitzen am Grunde der Blätter und sind als umgewandelte Abschnitte derselben zu betrachten. Sie stellen geschlossene Behälter dar, welche reif von der Pflanze sich trennen, um später zu keimen, wobei sie entweder durch regelmäßiges Öffnen oder durch Verwesen die keimenden Sporen in Freiheit treten lassen. Nach dem Bau der Sporenfrüchte teilt man die R. in zwei Familien: Marsiliaceen mit den Gattungen Marsilia und Pilularia und Salviniaceen mit den Gattungen Salvinia und Azolla.

Rhizom (griech., Wurzelstock, auch Grundachse oder Erdstamm), bei den perennierenden Kräutern derjenige unterirdische oder auch wohl in der Nähe der Bodenoberfläche befindliche, den Winter überdauernde Teil der Pflanze, welcher, obgleich wurzelähnlich und im gemeinen Leben daher mit zur Wurzel gerechnet, doch den Charakter eines Stengelorgans hat, indem er sich stets aus dem über den Kotyledonen befindlichen Teil der Achse entwickelt u. mit meist schuppen- oder scheidenförmigen Niederblättern oder deren Narben versehen ist. Er bildet daher hauptsächlich die Niederblattregion d. Stengels; aus seinen End- od. Seitenknospen entwickeln sich die mit den Laubblättern besetzten oberirdischen Triebe. Außerdem ist er entweder überall oder nur an seinen Knoten mit Nebenwurzeln besetzt (Fig. 1). Bei allen perennierenden Kräutern, die keine Pfahlwurzel behalten, und soweit diese nicht eine Zwiebel

^[Abb.: Fig. 1. Rhizom von Primula elatior.]