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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schiffahrtsabgaben - Schiffer.

schen Reichsstrafgesetzbuch (§ 322 ff.), gegen gemeingefährliche Störungen der S. erlassen. Die deutsche Reichsverfassung vom 16. April 1871 (Art. 4) erklärt den Schutz der deutschen S. für Reichssache. Das statistische Material über die Schiffahrts- und Reedereiverhältnisse ist in den verschiedenen Ländern nach zu ungleichen Grundsätzen gesammelt, als daß eine Vergleichung desselben von Nutzen sein könnte. Über die Lehre von der S., die Schiffahrtskunde, s. Navigation (Nautik). Vgl. Lindsay, History of merchant shipping (Lond. 1874-76, 4 Bde.); Geistbeck, Der Weltverkehr (Freiburg 1887); Stabenow, Sammlung der deutschen Seeschiffahrtsgesetze (Leipz. 1875), und die im Artikel "Handel" angeführte Litteratur.

Schiffahrtsabgaben, Abgaben, welche in den Häfen und auf Wasserstraßen von Schiffen oder von deren Ladungen für die Benutzung der Schiffahrtsanstalten erhoben werden. Dahin gehören namentlich die sogen. Tonnen-, Leuchtfeuer-, Quarantäne-, Schleusen- und Hafengelder, welche nach dem deutschen Handelsgesetzbuch dem Forderungsberechtigten die Rechte eines Schiffsgläubigers gewähren. Nach der deutschen Reichsverfassung von 1871 soll auf natürlichen Wasserstraßen, dann auf solchen künstlichen, welche Staatseigentum sind, der Betrag der S. die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung dieser Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Dabei sind die Kauffahrteischiffe sämtlicher Bundesstaaten gleichmäßig zu behandeln; auch steht nur dem Reich, nicht den Einzelstaaten, das Recht zu, auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andre oder höhere S. (Differential-S.) zu legen, als von den Schiffen der Bundesstaaten oder deren Ladungen zu entrichten sind.

Schiffahrtsgesetze, die auf die Schiffahrt bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen, welche mit den Schiffahrtsverträgen zusammen, soweit sie sich auf das Verkehrswesen zur See beziehen, das Seerecht (s. d.) bilden.

Schiffahrtskanäle, s. Kanäle.

Schiffahrtskunde (Nautik), s. Navigation.

Schiffahrtsordnungen, die Polizeiverordnungen, welche die Schiffahrt (s. d.), namentlich innerhalb der Häfen, regulieren.

Schiffahrtspolizei, s. Schiffahrt, S. 461.

Schiffahrtsprämien, Prämien, welche zur Förderung des Schiffbaues als Ausrüstungsprämien, nach der Zahl der Bemannung, Tonnengehalt, Gewicht der Maschinen, Geräte etc. bemessen, und der Schiffahrt, insbesondere der langen Fahrt, gewährt werden. In Frankreich erhält seit 1881 der Erbauer von Segelschiffen zur Ausgleichung der Lasten, welche ihm der Zolltarif auferlegt, "Vergütungen" von 12 bis 60 Frank für die Tonne Bruttogehalt. Dann werden für die Dauer von zehn Jahren bei in Frankreich erbauten Schiffen mit 1,50 Fr. beginnende und dann jährlich sich mindernde Prämien für je eine Tonne und 1000 durchlaufene Seemeilen gewährt.

Schiffahrtsverträge, Verträge, welche zwischen Staaten zur Erlangung gewisser gegenseitiger Begünstigungen für ihre Schiffahrt, Erleichterung der dieselbe beschwerenden Abgaben und Förmlichkeiten etc. abgeschlossen werden. Dahin gehören auch die neuerdings zwischen dem Deutschen Reich und verschiedenen andern Staaten getroffenen Vereinbarungen wegen gegenseitiger Anerkennung der Schiffsvermessung (s. d.). Das Deutsche Reich hat zahlreiche S., vielfach auch zugleich Freundschafts-, Konsular- und Handelsverträge, mit andern Staaten und fremden Völkerschaften abgeschlossen.

Schiffahrtszeichen, s. v. w. Seezeichen (s. d.).

Schiffbau, s. Schiff, S. 455 f.

Schiffbruch, im engern Sinn der Verlust eines Schiffs, veranlaßt durch Aufstoßen desselben gegen Felsen und Zertrümmerung durch die Wellen; im weitern Sinn jeder größere Schiffsunfall. Vom eigentlichen S., dem Scheitern, unterscheidet man das Stranden, wobei das Schiff in zu flachem Wasser auf den Grund geraten ist und nicht wieder flott gemacht werden kann, aber nicht gänzlich zerschlagen ist. Ursachen des Schiffbruchs sind: Unkenntnis der Gegend, Irrtum über die Position des Schiffs, Unkenntnis der Kompaßkorrektionen oder der Strömungen des Meers, auch Unvorsichtigkeit, namentlich Unterlassen des Lotens. Bei Sturm kann S. eintreten, sobald das Schiff nicht mehr in der Gewalt der Besatzung ist. Zur Verhütung des Scheiterns und Strandens dienen die Seezeichen, Leuchtfeuer, Nebel-, Not-, Lotsen- und Sturmwarnungssignale. S. kann auch herbeigeführt werden durch Zusammenstoß zweier Schiffe auf See, eine Folge von Unaufmerksamkeit oder falschem Manöver beim Ausweichen, bei mangelhafter Führung der für die Nacht vorgeschriebenen Lichter (ein grünes am Steuerbord, ein rotes am Backbord, bei Dampfern über beiden ein weißes), durch Farbenblindheit einer mit dem Ausguck oder der augenblicklichen Führung des Schiffs betrauten Person oder endlich bei Nebel ohne jegliches Verschulden. Zur Vermeidung von Zusammenstößen sind internationale Regeln vereinbart worden. Zum S. im weitern Sinn muß auch das Verbrennen eines Schiffs und das Leckspringen auf offener See gerechnet werden. Letzteres kann erfolgen bei einem Sturm, wenn die Verbände des Schiffs zu sehr angestrengt werden, bei zu starkem Anziehen der Wanten oder beim Durchrosten einer unter dem Wasser gelegenen Platte eiserner Schiffe. Diese Ereignisse sind die gefährlichsten, weil meist keine Hilfe in der Nähe ist. Verschollene Schiffe sind wohl oft auf solche Weise zu Grunde gegangen. Die Zahl der Schiffsunfälle ist wesentlich von der Witterung abhängig. So wurden an der deutschen Küste 1886: 162 Unfälle gezählt, welche 226 Schiffe betrafen, 1887 aber infolge der Frühjahrs- und Herbststürme 261 Unfälle, welche 321 Schiffe betrafen. Total verloren gingen 75 Schiffe gegen 36 (bei 56 Kollisionen) im Vorjahr. Menschenleben gingen 24 verloren. Im ganzen (also auf allen Meeren) verlor die deutsche Marine 1887 mehr als 156 Schiffe gegen 144 im Vorjahr, und zwar sind 63 gestrandet, 32 durch schwere Beschädigungen verloren gegangen, 24 gesunken, 13 verschollen, 10 durch Kollisionen verunglückt und 2 verbrannt. Dabei fanden 148 Personen (nur 3 Passagiere) den Tod. Ein Todesfall entfiel auf 268 Seeleute. Vgl. Folleville, Tragédies de la mer (4. Aufl., Par. 1888); Trousset, Histoire des grands naufrages (das. 1880).

Schiffbrücke, s. Brücke, S. 500.

Schiffchen, in der Botanik s. v. w. Kiel, Teil der Schmetterlingsblüte; in der Weberei s. v. w. Schütze; bei Nähmaschinen (Schiffchenmaschinen) ein dem Weberschiffchen ähnlicher Teil.

Schiffeln, in der Eifel das Abplaggen, d. h. Abschälen, der Grasnarbe vom Boden. Die Schiffelländereien werden nach dem Abplaggen auf Grund stattgefundener Verlosung einige Jahre als Acker genutzt und bleiben dann wieder zur gemeinschaftlichen Weide liegen.

Schiffer (Schiffsführer, Schiffskapitän, engl. Master, franz. Capitaine), der Befehlshaber und Führer eines Kauffahrteischiffs, welcher in der Regel