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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schlagendorf; Schläger; Schlägerei; Schlagfluß

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Schlagendorf - Schlagfluß.

Dies Gas, bei Bildung der Steinkohlen aus Vegetabilien durch Vermoderungsprozesse entstanden, ist unter Druck in denselben eingeschlossen und strömt beim Anhauen der Steinkohlenflöze, oft mit einem schwachen Geräusch (das Krebsen), langsam oder aus stärkern Gasquellen (Bläser) heftig in die Grubenräume aus. Das Ausströmen des in Hohlräumen eingeschlossenen Gases wird durch Barometerschwankungen stark beeinflußt, so daß beim Herannahen einer barometrischen Depression ganz besondere Vorsicht geboten ist. Die Entstehung der Explosionen wird durch Gegenwart von Staub in der Luft erheblich begünstigt und zwar in der Art, daß Gasgemische, welche an sich nicht explosiv sind, durch die Gegenwart von Staub diese Eigenschaft erlangen. Aber auch in reiner Luft kann Kohlenstaub eine Explosion bewirken, und hier ist die Beschaffenheit des Staubes von ebenso großer Bedeutung wie bei der Gegenwart entzündlicher Gase. Wenn bei Experimenten die Flamme der Explosion der schlagenden Wetter in staubfreier Luft 2-2,5 m lang war, so maß die Flamme des Kohlenstaubes in reiner Luft 11-12 m und die des Kohlenstaubes in Luft, welche s. W. enthielt, 25-28 m. Große Gefahr bringt auch die Schießarbeit, da durch einen einzigen Schuß Hunderte von Kubikmetern Gas angebohrt werden können. Zum Schutz gegen s. W. benutzt man kräftige Ventilation, welche bei fallendem Barometer verstärkt werden kann. Besonders aber dürfen Gruben, in denen sich s. W. entwickeln, nur mit Sicherheitslampen betreten werden. Solange diese in Ordnung gehalten werden, ist keine Gefahr vorhanden, da das die Flamme einhüllende Drahtgewebe eine Fortpflanzung der in der Laterne erfolgenden Entzündung des Gasgemisches nach außen verhindert, selbst wenn der Draht ins Glühen gerät. Ob der bei Schießarbeit erfolgende Luftdruck den Schutz durch Sicherheitslampen illusorisch macht, erscheint fraglich, jedenfalls entstehen die meisten Unglücksfälle durch ungehöriges Öffnen der Lampen seitens der Arbeiter. Seit 1877 wurden in Frankreich, England, Belgien, Sachsen, Preußen, Österreich Schlagwetterkommissionen berufen, welche über Maßregeln zur Verhütung von Explosionen beraten.

Schlagendorf, s. Groß-Schlagendorf.

Schläger, s. Fechtkunst, S. 89.

Schlägerei (Raufhandel), ein in Thätlichkeiten ausgearteter Streit unter mehreren Personen. Wird dadurch der Tod einer Person oder eine schwere Körperverletzung herbeigeführt, so wird schon die Beteiligung an der S. schwer bestraft; ebenso ist der Gebrauch eines Messers oder einer sonstigen gefährlichen Waffe bei einer S. mit Strafe bedroht. Ist der Tod oder die dem Gemißhandelten zugefügte schwere Körperverletzung mehreren Verletzungen zuzuschreiben, welche diese Folge nicht einzeln, sondern durch ihr Zusammentreffen verursacht haben, so ist jeder, welchem eine dieser Verletzungen zur Last fällt, mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren zu bestrafen. Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 227, 367, Ziff. 10.

Schlagfluß (Hirnschlagfluß, Apoplexia cerebri), ursprünglich jede plötzlich eintretende Lähmung des Gehirns. Am häufigsten erfolgt eine solche durch eine Gehirnblutung (A. sanguinea), seltener durch einen serösen Erguß in die Hirnhöhlen oder in das Gewebe des Gehirns (A. serosa), und außerdem hat man auch noch eine Art von S. aufgestellt, bei welcher sich keine Texturerkrankung des Gehirns nachweisen läßt (A. nervosa). Im folgenden soll nur von dem am häufigsten vorkommenden, mit einem Blutaustritt in das Gehirn einhergehenden S. die Rede sein. Die Gehirnblutungen erfolgen fast immer aus feinen Arterien und Kapillaren; sie sind teils durch Texturerkrankung der Gefäßwände oder der sie umgebenden Gehirnsubstanz, teils durch verstärkten Druck des Bluts gegen die Gefäßwand bedingt. Die Texturerkrankungen sind a) einfache Verfettungen bei chronischer Arterienentzündung oder b) Berstungen durch embolische Pfröpfe, d. h. Blutgerinnsel, welche sich von erkrankten Stellen der Herzklappen abgelöst haben und in die Gehirnarterien hineingefahren sind. Der Druck des Bluts wird z. B. verstärkt durch Zunahme der gesamten Blutmenge infolge reichlicher Zufuhr von Speisen und Getränken, zumal von Spirituosen und ähnlichen exzitierenden Getränken. Deshalb tritt der S. so häufig während langer und üppiger Mahlzeiten oder kurz nach denselben ein. Ebenso wird der Blutdruck in den Gehirngefäßen erhöht durch energische Ausatmungsbewegungen bei geschlossener Stimmritze, Bedingungen, welche beim Stuhlgang, zumal bei Hartleibigen, sowie beim Heben schwerer Lasten, beim Spielen von Blasinstrumenten etc. gegeben sind. Der S. kommt zu allen Jahres- und Tageszeiten vor; doch häufen sich die Fälle zuweilen ohne bekannte Veranlassung in auffallender Weise an, besonders im Frühjahr. Am häufigsten kommt der S. im vorgeschrittenen Lebensalter vor, Männer werden häufiger vom S. befallen als Frauen. Die Blutungen, welche in das Gehirn erfolgen, bestehen bald aus zahlreichen, sehr kleinen und ganz dicht bei einander stehenden Ergüssen (kapillare Blutungen, die zur roten Gehirnerweichung führen), bald bilden sie eine mehr oder weniger umfangreiche Blutlache (hämorrhagischer Herd). Bei umfangreichern Blutergüssen wird die Gehirnsubstanz zertrümmert, die nicht zertrümmerten Hirnpartien werden durch den Blutaustritt auseinander und gegen die Schädelwandung hingedrängt. Gewöhnlich ist nur ein hämorrhagischer Herd da, selten mehrere. Der häufigste Sitz der Blutung sind die Streifenkörper, innere Kapsel u. die großen Marklager der Hemisphären des Großhirns, überhaupt also die Umgebungen der Seitenventrikel. Stirbt der Mensch nicht während des Schlaganfalls, so wird das ergossene Blut allmählich resorbiert, und an Stelle der Blutlache bildet sich schließlich eine gelblichbraune Narbe.

Der S. tritt bald ohne alle Vorläufer ein, bald sind Vorboten vorhanden. Als solche gelten ein festsitzender Kopfschmerz, schmerzhaftes Ziehen im Nacken und in den Gliedern, Rötung des Gesichts, Hitze und Blutandrang nach dem Kopf, ungewöhnliche Heiterkeit oder Zeichen der Geistesabwesenheit, Gedächtnisschwäche, unvollkommene Beherrschung der willkürlichen Muskeln, Verstimmung, Ohrensausen und andre Sinnestäuschungen, Schwindel, Kriebeln und Taubwerden der Hände und Füße. Alle die genannten Symptome sind teils abhängig von der dem S. vorangehenden Blutüberfüllung des Gehirns, teils sind sie bereits das Zeichen einer langsam vor sich gehenden Blutung. Der Schlaganfall selbst (Insultus apoplecticus) tritt entweder blitzschnell ein, oder er beginnt mit starkem Schwindel, Dunkelwerden vor den Augen, heftiger Beklemmung der Brust, Angstgefühl und Schwere der Zunge mit stotternder, lallender Sprache oder gänzlicher Sprachlosigkeit. Dabei schwinden die Sinne und das Bewußtsein; der Kranke fällt plötzlich, ohne sich helfen zu können, zu Boden, er hört, sieht und fühlt nichts mehr; alle Glieder oder nur die einer Seite sind schlaff, das Atmen geschieht mühsam und schnarchend oder rasselnd und röchelnd; das Gesicht ist anfangs rot oder