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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schlinge - Schlittschuh.

erhalten. Nur die Verengerungen, welche infolge von Hinabschlucken ätzender Flüssigkeiten, z. B. von Schwefelsäure, entstanden sind, lassen durch Einlegen von Schlundsonden und allmähliche Erweiterung der Speiseröhre Hoffnung auf Wiederherstellung.

Schlinge, Pflanze, s. Viburnum.

Schlingen (Schlucken), der Vorgang, durch welchen der Mundinhalt in den Magen befördert wird. Der Bissen oder Schluck gelangt zunächst auf die obere Fläche der Zunge. Diese drückt sich dann successive von vorn nach hinten, d. h. zuerst mit der Spitze, dann mit dem Rücken, an den harten Gaumen an und schiebt auf diese Weise den Bissen oder Schluck vor sich her. Ein Abgleiten der Zunge, die rinnenförmig ausgehöhlt ist, wird hierbei durch die vorspringenden Gaumenstaffeln verhindert. Hat der Bissen die Mundhöhle verlassen, so legen sich die beiden Schenkel des vordern Gaumenbogens aneinander und bilden einen Verschluß nach der Mundhöhle hin, das Gaumensegel wird durch den Heber des Gaumens nach oben gezogen und verhindert den Eintritt des Bissens in die Nasenhöhle; der Kehlkopf wird nach oben gehoben und sein Eingang durch den niedergezogenen Kehldeckel verschlossen, der Schlundkopf hebt sich, die Schlundschnürer kontrahieren sich, und der Bissen gelangt so, über den geschlossenen Kehlkopf hingleitend, in die Speiseröhre. Hier angelangt, wird er in diesem engsten Teil des ganzen Digestionsapparats durch peristaltische Bewegungen der muskulösen Schlundwandung weiter befördert. Der Anfang der Schlingbewegungen erfolgt willkürlich, die Fortbewegung des Bissens durch den Schlund ist indessen reflektorisch.

Schlingern, bei rascher Fahrt die Bewegung des Schiffs oder der Lokomotive von einer Seite zur andern.

Schlinggruben, s. Exkremente, S. 966.

Schlingpflanzen, diejenigen Gewächse, deren Stengel in spiraligen Windungen um andre Gegenstände sich schlingt; s. Pflanzenbewegungen, S. 958.

Schlipp, s. Dock und Werfte.

Schlippesches Salz, s. Antimonsulfide.

Schlitten, Fuhrwerk mit zwei Kufen (Läufern), die aus Eisen bestehen oder wenigstens an der Unterseite mit Eisen beschlagen sind, erweisen sich der großen Reibung halber auf gewöhnlichen Straßen sehr unvorteilhaft und werden daher auf solchen kaum noch angewandt (in Gebirgen zum Holztransport auf sehr steilen Bahnen), während sich auf Schnee oder Eis die Widerstandsverhältnisse sehr günstig gestalten. Peekschlitten mit so kleinem Gestell, daß nur die Füße des Fahrenden darauf Platz finden, werden durch eine lange Stange mit eiserner Spitze (Pike), die der auf dem S. Stehende in den Boden oder das Eis einstößt, fortbewegt. Beim Segelschlitten trägt ein die Kufen verbindender Querbalken einen Mast mit großem Segel. Im Maschinenwesen heißt S. ein Maschinenteil, der sich, in Nuten geführt, in einer Horizontal- oder Vertikalebene bewegt. Über S. beim Schiffbau s. Ablauf.

Schlittenapparat, elektrischer, s. Induktion, S. 933.

Schlittschuh (nach alter Schreibart auch Schrittschuh, franz. Patin, engl. Skate), in neuester Zeit mehrfach vervollkommte Vorrichtung, um sich auf dem Eise schnell und leicht fortzubewegen, wobei nach Joly ein vorübergehendes Schmelzen des Eises unter dem Druck der Körperlast die Leichtigkeit des Gleitens bewirken soll. Die Schlittschuhe wurden, wie die Pfahlbautenfunde ergeben haben, schon in uralten Zeiten gebraucht und aus Pferdeknochen verfertigt. Noch im vorigen Jahrhundert wurden in London solche mit Riemen befestigte Knochenschlittschuhe gebraucht, und in Norwegen und Island findet man sie noch heute in Anwendung, wie denn auch bei uns auf dem Land immer noch kleine Schlitten mit Knochen als Unterlage von den Kindern angefertigt werden. Jene Knochenschlittschuhe, welche so groß waren wie diese kleinen Knochenschlitten, hießen altnordisch bald Skidi, bald Öndrun, und Uller, der Schlittschuh-Ase der Edda, wird als der Meister in ihrem Gebrauch geschildert. Während die nordischen Völker ebenso wie die Friesen, Holländer etc. immer gute Schlittschuhläufer blieben, war die Kunst in Deutschland mehr auf die Jugend beschränkt geblieben, bis durch Klopstocks enthusiastische Schilderungen (z. B. in seinen Oden: "Der Eislauf", "Braga", "Die Kunst Thialfs") das Schlittschuhlaufen von neuem populär wurde und es in neuerer Zeit mit dem Aufschwung der gesamten Sportbewegung zum bevorzugten Wintervergnügen der höhern Stände geworden ist. Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts kannte man nur die ältern, wie es scheint, in Skandinavien erfundenen Stahlschlittschuhe, bei denen die Sohle in Holz eingelassen ist, und nur eine oder höchstens zweierlei Befestigungsarten, den Kreuzriemen mit der Kappe und mit den knöchelmarternden Ringen oder den Schnürschuh. Mit der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts kam eine neue Befestigungsart auf, indem der S. mittels einer Schraube im Absatz befestigt wurde. Ein völliger Umschwung wurde aber erst durch die Amerikaner bewirkt. Unter den Hunderten von neuen Befestigungsarten, welche seitdem patentiert worden sind und jährlich patentiert werden, haben sich bis jetzt zwei ganz besonders bewährt: die Befestigung mittels Schrauben an der Seite der Sohle und des Absatzes von A. Stotz in Stuttgart und die weitere sogen. Halifaxsche Verbesserung, welche dieselbe Wirkung mittels eines Hebels hervorbringt. Diese Schlittschuhe halten genau so fest wie die Sohle selbst, ohne den Fuß im mindesten zu drücken. Den schnellsten S. haben bis jetzt die Friesen gebaut mit einer ungeheuer schmalen, langen und flachen Stahlsohle (30 cm Länge, 3 mm Breite und 10 cm Tangente), wobei zum bessern Abstoßen die innere Kante um 1/3 mm höher geschliffen ist als die äußere. Mit solchen Schlittschuhen fliegt man über das Eis, ohne zu ermüden; aber sie dienen nur zum Geradeausfahren. Zum Fahren von Bogen und Bogenkombinationen oder Figuren muß die Stahlsohle einen flachen Bogen beschreiben, dessen Tangente je nach den Leistungen, die man wünscht, ½-2 cm lang sein darf. Je kürzer die Tangente, umso breiter muß wieder die Sohle sein, um nicht zu tief in das Eis einzuschneiden. In neuester Zeit hat man auch eine Kombination dieser beiden Eigenschaften nach einem vom Amerikaner Haynes konstruierten Modell im Gebrauch, welches hinten unter der Ferse eine Kurve von ungefähr 1/3 cm und unter dem Ballen eine solche von 2 cm hat und außerdem nach hinten schmäler zuläuft. Die Kunst des Schlittschuhfahrens hat sich je nach der Örtlichkeit verschieden entwickelt. In Holland, Friesland, Skandinavien, in der Schweiz, in Norddeutschland und Kanada wird das Weit- und Schnellfahren mehr gepflegt, welches in Kanada und auf den dänischen Inseln durch ein auf dem Rücken befestigtes und leicht stellbares Segel sehr gefördert wird (ein Friese legt eine Strecke von 160 niederländischen Ellen in 14 Sekunden zurück). In Großstädten mit kleinen Eisplätzen und rivalisierenden Schlittschuhläufern ist das Kunstfahren mehr ausgebildet. Den ersten Rang unter diesen nimmt darin wohl New York ein, und von dort gekommene Meister der Kunst, wie Haynes, haben in