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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Spanner - Sparbutter.

Spanner (Geometridae, Phalaenidae), Familie aus der Ordnung der Schmetterlinge, Insekten von mittlerer oder geringerer Größe, mit schmächtigem, zartem Körper, großen, breiten, meist matt und trübe gefärbten, in der Ruhe flach ausgebreiteten Flügeln, borstenförmigen, häufig gekämmten Fühlern, schwach entwickelter Rollzunge und meist wenig hervortretenden Tastern, ruhen am Tag an versteckten Orten und fliegen des Nachts. Die Raupen zeichnen sich durch den eigentümlichen spannenmessenden Gang aus, wie ihn der Mangel der vordern Bauchfußpaare bedingt. Sie bilden beim Gehen eine Schleife nach oben und ruhen auch oft in dieser Stellung, oder indem sie sich nur mit den Afterfüßen an einem Zweig festhalten und ihren dünnen, glatten Körper frei in die Luft erheben. Sie verpuppen sich in einem lockern Gespinst über oder in der Erde, auch wie die Tagfalter oder ohne Gespinst in der Erde. Man kennt gegen 1800 Arten aus allen Weltteilen, von denen viele bei massenhaftem Auftreten schädlich werden. Der große Frostspanner (Blatträuber, Waldlindenspanner, Hibernia defoliaria L., s. Tafel "Schmetterlinge II"), 4-4,5 cm breit, auf den weißgelben Vorderflügeln mit zwei sattbraunen Binden und rotgelben Flecken, zuweilen ganz rotgelb, auf den Hinterflügeln weißlich, schwärzlich bestäubt, fliegt im Oktober und November, vorherrschend im mittlern und südöstlichen Deutschland. Das ungeflügelte, ockergelbe, schwarz gefleckte Weibchen steigt am Stamm empor, wird hier befruchtet und legt 400 Eier einzeln oder in kleinen Gruppen an Knospen von Obstbäumen, Buchen, Eichen, Birken, welche die lichtgelbe Raupe mit rotbraunem Rückenstreif und Kopf während ihrer Entfaltung ausfrißt. Sie verpuppt sich im Juli in einer mit wenigen Seidenfäden ausgekleideten Erdhöhle. Eine zweite gelbe Art (H. aurantiaria L., s. Tafel "Schmetterlinge II") fliegt gleichzeitig. Der kleine Frostspanner (Blütenwickler, Obst-, Winterspanner, Reifmotte, Larentia [Cheimatobia, Acidalia] brumata L., s. Tafel "Schmetterlinge II"), 2-2,4 cm breit, auf den Vorderflügeln licht graugelb, fein gewässert und mit dunklern Wellenlinien gezeichnet, auf den Hinterflügeln weißlichgelb mit schwarzen Randpünktchen, fliegt im November und Dezember. Das graue Weibchen, das zum Fliegen untaugliche Stümpfe mit dunkler Querbinde besitzt, legt seine Eier an die Knospen von Obstbäumen, Eichen, Buchen und andern Laubbäumen, auch an Rosen; die gelblichgrüne Raupe, mit zwei weißen Rückenlinien und hellbraunem Kopf, erscheint im ersten Frühjahr, bespinnt die Knospen, welche sie ausfrißt, und ist der gefährlichste Feind für unsre Obstbäume. Sie verpuppt sich im Juni in einem losen Kokon flach unter der Erdoberfläche. Als Gegenmittel benutzt man fußtiefes Umgraben des Bodens um die Baumstämme, Anlegen von Papierringen um den Stamm, welche mit Teer oder besser mit dem sogen. Brumataleim bestrichen sind, gut anschließen und von Oktober bis Dezember klebrig erhalten werden müssen, um das am Stamm aufsteigende Weibchen zu fangen. Der Kiefernspanner (Föhrenspanner, Spanner, Fidonia piniaria L., s. Tafel "Schmetterlinge II"), 3,5 cm breit, mit schwarzbraunen Flügeln, die beim Männchen ein hellgelbes oder weißliches, beim Weibchen ein hoch rotgelbes Mittelfeld besitzen, fliegt im Mai und Juni im Kiefernwald und legt seine Eier besonders im Stangenholz an die Nadeln. Die gelblichgrüne Raupe, mit weißem Mittelstrich, dunkeln Seitenstreifen und gelben Streifen über den Füßen, erscheint im Juli, frißt den Stumpf der zur Hälfte abgebissennen Nadeln und verpuppt sich im Oktober unter Moos und Streu am Fuß des Baums. Als Gegenmittel ist nur das Aufsuchen der Puppen erfolgreich. Der Stachelbeerspanner (Harlekin, Zerene grossulariata L.), 4 cm breit, mit goldgelbem, schwarzfleckigem Leib, weißen, schwarz gefleckten Flügeln, von denen die vordern an der Wurzel gelb sind und zwischen zwei Punktreihen eine goldgelbe Mittelbinde besitzen; er fliegt im Juli und August, das Weibchen legt die Eier in kleinen Gruppen an die Blätter von Stachel- und Johannisbeersträuchern, Pflaumen, Aprikosenbäumen, Weiden, Kreuzdorn. Die oberseits weiße, schwarz gefleckte, unterseits dottergelbe Raupe erscheint im September, überwintert unter Laub, frißt im nächsten Jahr bis Juni und verpuppt sich unter einigen Fäden an einem Blatt oder Zweig. Der Birkenspanner (Amphidasys betularia L., s. Tafel "Schmetterlinge II"), 5 cm breit, milchweiß, schwarz gesprenkelt, findet sich überall in Europa, seine einem dürren Zweig ähnliche Raupe lebt auf Birken, Ebereschen und andern Laubhölzern, zieht aber die Eiche vor und verpuppt sich im September oder Oktober in der Erde. Der Schmetterling fliegt im Mai und Juni. Vgl. Guenée, Species général des Lépidoptères, Bd. 9 u. 10 (Par. 1857).

Spannkraft, s. Dampf und Gase.

Spanntag, die Leistung eines Gespanns Zugtiere in einem Arbeitstag; z. B. 1 Hektar wurde gepflügt in zwei Spanntagen und zwei Knechtstagen heißt: die Fertigung der Arbeit erforderte die Thätigkeit zweier Gespanne und zweier Knechte.

Spannung, der Zustand eines elastischen Körpers, in welchem seine Teilchen durch eine von außen wirkende Kraft aus ihrer ursprünglichen Lage gebracht sind und in dieselbe zurückkehren, sobald die Kraft aufhört zu wirken (s. Elastizität), daher das Kraftmaß, mit welchem eiserne Konstruktionsteile auf Druck oder Zug in Anspruch genommen werden. Elektrische S., s. Elektrizität; S. der Gase und Dämpfe ist das Streben derselben nach Ausdehnung, wodurch sie auf die sie umgebenden Körper einen Druck ausüben (s. Gase und Dampf).

Spannungsenergie, s. Kraft, S. 133.

Spannungsgesetz, Voltasches, s. Galvanismus, S. 877.

Spannungsirresein, s. Katatonie.

Spannungskoeffizient, s. Ausdehnung, S. 111.

Spannungsreihe, s. Elektrische S.

Spannweite (Spannung, Sprengung), die Entfernung der Widerlager eines Gewölbes voneinander, auch die Tragweite der Balkendecken oder die lichte Tiefe eines Raums (Zimmertiefe).

Spanten, die Rippen eines Schiffs (s. d., S. 455).

Sparadrap (franz., spr. -drá), s. Bleipflaster.

Sparagmit, s. Grauwacke.

Sparassis Fr. (Strunkschwamm), Pilzgattung aus der Unterordnung der Hymenomyceten, mit fleischigem, vertikal aufrechtem, strauchartig ästigem Fruchtkörper, dessen Äste blattförmig zusammengedrückt und auf ihrer ganzen glatten Oberfläche mit dem Hymenium überzogen sind. S. crispa Fr. (echter Ziegenbart) besitzt einen in der Erde verborgenen, dicken, fleischigen Stamm, welcher oben in zahlreiche gelappte, gekräuselte Äste übergeht und daher einen rundlich kopfförmigen Rasen bildet, wächst auf Sandboden in Nadelwäldern im mittlern und nördlichen Europa und ist sehr wohlschmeckend.

Sparbanken, s. Sparkassen.

Sparbutter, s. v. w. Kunstbutter, s. Butter, S. 697.