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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Staberl - Stachel.

präsident in Freiburg, 1847 Vizekanzler des Oberhofgerichts in Karlsruhe und 1849 Präsident der Ministerien des Innern und der Justiz im sogen. Reaktionsministerium; er machte sich um die Reform der Justiz sehr verdient. Nachdem er 1850 Mitglied des Erfurter Parlaments gewesen, trat er 1851 wieder als Oberhofrichter an die Spitze des obersten Gerichtshofs und ward 1853 zum Mitglied und Vizepräsidenten der Ersten Kammer ernannt. Als Berichterstatter der Kommission der Ersten Kammer über das Konkordat in der Landtagssession 1859-1860 wies er nach, daß für dasselbe gemäß der Verfassung die ständische Zustimmung unerläßlich sei. Als infolgedessen das Konkordatsministerium Meysenbug-Stengel stürzte, ward S. im April 1860 zum Minister der Justiz und des Auswärtigen und 1861 zum Präsidenten des Ministeriums und Staatsminister ernannt. Er leitete nun die badische Kirchengesetzgebung und schuf die vortreffliche badische Gerichtsverfassung. Im Juli 1866 in Ruhestand versetzt, trat er Anfang 1867 nochmals als Justizminister in das Ministerium Mathy ein, schied aber nach dessen Tod 1868 wieder aus und zog sich in das Privatleben zurück. 1877 in den erblichen Adelstand erhoben, starb er 22. März 1880 in Karlsruhe. Er verfaßte mehrere bedeutende juristische Schriften: "Vorträge über das französische und badische Zivilrecht" (Freiburg 1843); "Vorträge über den bürgerlichen Prozeß" (Heidelb. 1845); "Institutionen des französischen Zivilrechts" (Mannh. 1871, 2. Aufl. 1883) u. a.

Staberl, stehend gewordene Figur der Wiener Lokalposse, welche einen Wiener Bürger des Mittelstands (Parapluiemacher) darstellt, der sich in fremdartigen Verhältnissen zwar ungelenk benimmt, aber durch Mutterwitz sich immer zu helfen weiß; von A. Bäuerle (s. d.) erfunden.

Stabheuschrecken, s. Gespenstheuschrecken.

Stabiä, alte Stadt in Kampanien, zwischen Pompeji und Surrentum, beim heutigen Castellammare (s. d.), wurde im Bundesgenossenkrieg von Sulla zerstört, dann als Badeort wiederhergestellt, der bei dem Ausbruch des Vesuvs mit Herculaneum und Pompeji zugleich verschüttet ward. Einige Gebäude der alten Stadt wurden im vorigen Jahrhundert (seit 1749) ausgegraben; die aufgefundenen Kunstwerke befinden sich in Neapel.

Stabil (lat.), beständig, nicht veränderlich; stabilieren, festigen, fest begründen; Stabilismus, das Beharren beim Bestehenden, Herkömmlichen.

Stabilität (lat.), in der Mechanik das Vermögen eines Körpers, seine Stellung der Schwerkraft gegenüber selbständig zu behaupten, s. Standfähigkeit. Allgemeiner gebraucht man S. für Beständigkeit, Unveränderlichkeit, Beharren in dem Bestehenden.

Stablo, belg. Stadt, s. Stavelot.

Stabmessung (Stäbchenmessung), s. v. w. Bakulometrie (s. d.).

Stabrecht, das (zuweilen dem Gutsherrn oder der Gemeinde zustehende) Recht, fremde Schafe hüten, weiden und düngen zu lassen, während man mit Stabgemeinschaft lediglich das Verhältnis derjenigen bezeichnet, welche sich für ihre Schafe gemeinschaftlich einen Hirten halten.

Stabreim, s. Allitteration.

Stabsapotheker, s. Feldapotheker.

Stabschrecken, s. v. w. Stabheuschrecken.

Stabsführer, s. Führer.

Stabskapitän, früher militär. Rangklasse, etwa dem heutigen 13. Hauptmann entsprechend.

Stabsoffiziere, militär. Rangklasse, welche die Obersten, Oberstleutnants und Majore, in der Marine den Kapitän zur See und Korvettenkapitän umfaßt.

Stabsquartier, s. v. w. Hauptquartier.

Stabswachen, beim Militär die den mobilen höhern Stäben dauernd zugeteilte Mannschaft zum Sicherheits- und Ordonnanzdienst: bei der Division 8 Mann Infanterie, 4 Reiter; beim Armeekorps 1 Offizier, 52 Mann, 26 Reiter.

Stabtierchen (Bacillarien), s. v. w. Diatomeen (s. Algen, S. 343).

Stabübungen, den Freiübungen verwandte Turnübungen mit einem jetzt meist eisernen Stab von 1 m Länge und 1½-2 cm Stärke, hauptsächlich durch Otto Jäger (s. d. 4) zu mannigfaltiger Verwendung gekommen, besonders im Schulturnen. Über das Springen mit langen Stäben s. Stangenspringen. Vgl. Zettler, Die Schule der S. (Leipz. 1887); Mayr, Übungen mit langen Stäben (Hof 1887).

Stabwurz, s. Artemisia.

Stabziemer, s. Drossel.

Staccato (ital., abgekürzt stacc., "abgestoßen"), eine musikalische Vortragsbezeichnung, welche fordert, daß die Töne nicht direkt aneinander geschlossen, sondern deutlich getrennt werden sollen, so daß zwischen ihnen wenn auch noch so kurze Pausen entstehen. Über die verschiedenen Arten des S. beim Klavierspiel, Violinspiel etc. s. Anschlag und Bogenführung. Das S. beim Gesang besteht in einem Schließen der Stimmritze nach jedem Ton; seine virtuose Ausführung ist sehr schwer. Entsprechend wird das S. bei den Blasinstrumenten durch Unterbrechung des Atemausflusses (stoßweises Blasen) hervorgebracht.

Stachel (Aculeus), in der Botanik jede mit einer starren, stechenden Spitze versehene, durch Umwandlung aus Haargebilden, Blättern oder ganzen Sprossen hervorgehende Bildung, auch die Dornen (spinae) umfassend. Die Stacheln treten bald nur als Anhangsgebilde fertig angelegter Organe an Blättern oder Stengeln auf (Haut- oder Trichomstacheln), oder sie entstehen durch Umwandlung von ganzen Blättern oder Blattteilen (Blatt- oder Phyllomstacheln), oder sie stellen selbständig umgewandelte Sprosse (Dornen oder Kaulomstacheln) dar. Die Hautstacheln sind bald einzellige Haarbildungen, bald vielzellige Gewebekörper oder Zwischenbildungen beider; bald gehen sie nur aus der Epidermis hervor, wie bei der Brombeere, bald beteiligt sich auch das unter der Oberhaut liegende Rindengewebe, das Periblem, an ihrer Bildung, wie bei dem S. der Rose. In den meisten Fällen sind die Hautstacheln gefäßlos, bisweilen, z. B. bei den Stacheln auf den Kapseln des Stechapfels und der Roßkastanie, führen sie Gefäßbündel. Übergangsbildungen zwischen den Haut- und Blattstacheln finden sich bei den Kakteen, deren Stacheln aus den Vegetationspunkten der Achselknospen wie wahre Blätter, jedoch ohne deren Entwickelungsfähigkeit, hervorgehen. Unter den Blattstacheln bilden sich einige durch Metamorphose von Nebenblättern, z. B. die Stacheln der Robinie; andre gehen aus umgewandelten Blattteilen hervor (Blattzahnstacheln), wie die Stacheln der Stechpalme, welche Gefäßbündel und Blattparenchym enthalten. Eine dritte Gruppe besteht aus denen, die durch Umwandlung eines ganzen Blattes entstehen, wie die gefiederten Stacheln von Xanthium oder die dreigeteilten Stacheln der Berberitze, aus deren Achseln Laubsprosse entspringen. Ebenso verschieden ist auch der Ursprung der Kaulomstacheln oder Dornen; es können überzählige Knospen, wie bei Genista, Ulex, Gleditschia, oder auch normale Achselknospen, wie bei Ononis, zu Stacheln auswachsen