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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Terpentinsalbe - Terracotta

Terpentinsalbe (Unguentum Terebinthinae), nach dem Deutschen Arzneibuch aus gleichen Teilen Terpentin, gelbem Wachs und Terpentinöl zu bereitende weiche Salbe von gelber Farbe. Nicht mehr offizinell ist Unguentum Terebinthinae compositum (Unguentum digestivum), die aus Lärchenterpentin, Eidotter, Myrrhen- und Aloepulver und Olivenöl bestand.

Terpentin-Schwefelbalsam, s. Haarlemer Balsam.

Terpin, organische Verbindung C10H20O2, die aus dem Terpinhydrat beim Erhitzen entsteht. Letzteres ist eine farblose krystallisierende, in Wasser kaum lösliche Substanz, die aus Terpentinöl bei längerm Stehen mit Alkohol und Salpetersäure gebildet wird. T. wird bei Bronchialkatarrhen und bei Leiden der Blase und Harnröhre verordnet.

Terpineol, C10H18O, mit Borneokampfer (s. Kampfer) isomere Verbindung, die in ätherischen Ölen vorkommt und aus Terpin und Terpinhydrat durch Kochen mit wässerigen Mineralsäuren entsteht. T. ist eine dicke Flüssigkeit, die bei 215-218° siedet und einen eigentümlichen, stark fliederartigen Geruch besitzt, weshalb es zu Parfümeriezwecken Verwendung findet.

Terpinhydrat, s. Terpin.

Terpinöl, ein farbloses bis gelbliches, angenehm nach Hyacinthen riechendes Öl von der Zusammensetzung C20H34O, das aus Terpin durch Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure gewonnen wird. Es siedet bei 168°, ist in Wasser unlöslich und findet bei Bronchialkatarrhen zum Zweck der Vermehrung der Sekretion und Erleichterung der Hustenanfälle zu Inhalationen Verwendung.

Terpsichore (d. h. die Tanzfrohe), eine der neun Musen (s. d.). - T. ist auch der Name des 81. Planetoiden.

Terra (lat.), Erde, Land, auch personifiziert als Erdgöttin (s. Gaia und Tellus); T. advocatōrum, das Vogtland (s. d.); T. de Siēna, brauner Bolus (s. d.); Terra firma, s. d.; T. foliāta tartări, Kaliumacetat (s. Essigsaure Salze); T. foliāta tartări crystallisabilis, Natriumacetat (s. Essigsaure Salze); T. incognita, unbekanntes Land; T. japonĭca, Gambir (s. d.); Terranova, s. d.; T. sigillāta (Lemnia), Siegelerde (s. Bolus und Lemnos); T. tripolitāna, Tripel (s. Kieselgur).

Terracina (spr. -tschī-), Stadt und Badeort im Kreis Velletri der ital. Provinz Rom, am Südfuß des Monte delle Fate (1090 m), am Tyrrhenischen Meer und an einem Vorgebirge (200 m), auf dessen Felsen Ruinen der antiken Stadt (besonders der Unterbau eines 426 n. Chr. zerstörten Jupitertempels) stehen, an der Grenze von Campanien, dem Südostende der Pontinischen Sümpfe und der Eisenbahn Rom-Velletri-T. (121 km). T. besteht aus der Altstadt und der von Pius VI. angelegten, von der Via Appia durchzogenen Neustadt, ist ein uralter Bischofssitz und hat (1881) 8572 E., einen versandeten Hafen mit Spuren eines antiken Dammes, in der Neustadt den großen, an exotischen Pflanzen reichen Garten des Kardinals Antonelli (gest. 1876) sowie Landbau und Fischerei. Die Kathedrale San Cesareo an der Stelle eines Tempels der Roma und des Augustus am Forum (mit unversehrtem altem Pflaster) hat in der Vorhalle 10 antike Säulen. T., das Auxur der Volsker, lat. Tarracina, war von 329 ab röm. Kolonie.

Terracotta (ital., "gebrannte Erde"), jede Töpferarbeit aus gebrannter Erde (Thon), insbesondere ein unglasierter Gegenstand künstlerischen Gepräges aus gebrannter Erde. Solche Terrakotten haben sich in großer Zahl an Stätten prähistor. Kultur gefunden. So in Ägypten, wo man in dieser Weise besonders Kacheln fabrizierte, die zur Verkleidung der Wände verwendet wurden. Sodann in Chaldäa, Assyrien und weiterhin auf griech. Boden. Auch im alten Palast zu Tiryns waren die Wände mit derartigen Kacheln ausgestattet, von denen Bruchstücke bei den Schliemannschen Ausgrabungen zum Vorschein gekommen sind. In der ältern griech. Kunst der histor. Zeit findet man gemalte Terracottaplatten zur Verkleidung und Ausschmückung gewisser Bauglieder, namentlich der Dachleisten benutzt, und ähnliches hat man an etrusk. Baudenkmälern beobachtet, bei denen nicht nur die Rinnleisten, Geisonplatten und Akroterien, sondern vielfach auch der plastische Schmuck der Giebel aus Thon hergestellt sind. Eine Zeit lang scheint Korinth für Thonwaren ein Hauptindustrieort gewesen zu sein; aber auch an andern Orten Griechenlands, namentlich in Athen, blühte die Töpferkunst. Namentlich die Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte haben große Massen von bemalten Vasen und Statuetten aus T. zu Tage gefördert. Meist wurden sie in Gräbern gefunden, vielfach aber auch in Heiligtümern, wohin sie als Weihgeschenke gestiftet waren. Mannigfaltig sind die Darstellungen in der jüngern Zeit. Man sieht Frauen und Mädchen meist in langen Gewändern, den Spitzhut auf dem Kopf, mit dem Fächer oder einer Blume in der Hand, stehend, sitzend, schreitend, tanzend, spielend, Jünglinge, Liebespaare, Pädagogen mit ihren kleinen Zöglingen, dann Eroten, Psychen, schwebende Niken, Silene und Bacchantinnen, von göttlichen Wesen vorwiegend Aphrodite und Artemis. In den Vordergrund des Interesses sind diese Figürchen hauptsächlich nach den bedeutenden Funden getreten, die man 1873 in Tanagra (s. d.) machte. Die hier, in Athen und Korinth gefundenen sind vor allen übrigen durch Schönheit und Anmut der Formen ausgezeichnet. Jünger als diese, die man der größern Masse nach ins 4. Jahrh. v. Chr. setzt, und weniger fein in der Ausführung sind die kleinasiat. Terrakotten; von ihnen hat reiche Ausbeute namentlich die Nekropole von Myrina geliefert, deren Schätze zum größern Teil in den Louvre gelangt sind. Auch Unteritalien und Sicilien sind reich an Terrakotten. Die eigentliche Blüte dieses Kunstzweiges wird kaum über die hellenistische Zeit hinausgehen. Die mit den großen Funden gesteigerte Nachfrage nach Terrakotten hat namentlich in der letzten Zeit zu vielfachen Fälschungen Veranlassung gegeben.

Was man von Thonware aus röm. Zeit besitzt, sind außer Gefäßen, Lampen u. a. namentlich die sog. Campanareliefs, Thonplatten mit figürlichen und ornamentalen Darstellungen von meist außerordentlich feiner Ausführung, die sich vielfach mit den Wandgemälden der ersten röm. Kaiserzeit (in Pompeji, Herculanum und Rom) inhaltlich wie formell berühren. Schon aus der ältern röm. Zeit werden große Terracottastatuen erwähnt. Später waren solche als Gräberschmuck üblich. Die meisten erhaltenen Exemplare sind im Museum zu Neapel.

Im Auftrage des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches wird von R. Kekulé ein großes Sammelwerk über die antiken Terrakotten herausgegeben, von dem bisher H. von Rohden, Die Terrakotten von Pompeji (Stuttg.1880) und Kekulé, Die Terrakotten von Sicilien (ebd. 1884) als Bd. 1 und 2