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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Trieb; Triebel; Triebrad; Triebstahl; Triebwerke; Triefaugen; Triel; Triënnium; Trient; Triént

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Trieb - Trient.

nehme Gefühle des Mangels, die als Begehrungsreize wirken und mit dem periodischen Wechsel des organischen Lebens in stets gleicher Weise wiederkehren. Derselbe währt daher so lange, als das letztere selbst währt, und ist darum so unwiderstehlich, weil die Hinwegräumung seiner Ursache außer unsrer Macht liegt. Das Begehren nach Schlaf (Schlafbedürfnis), wenn die Organe erschöpft sind, nach Nahrung (Nahrungstrieb), wenn es an Stoffersatz, nach Bewegung (Bewegungstrieb), wenn es infolge dauernder Bewegungslosigkeit dem Leib an Umsatz fehlt, kehrt trotz der Befriedigung in bestimmter Zeit wieder, weil der Prozeß des physischen Lebens die Reize, welche zu Begehrungen werden, immer von neuem erzeugt. Nichts erfordert zu seiner Besiegung größere Kraft als dasjenige Begehren, welches durch Triebe unterstützt wird, und mancher derselben läßt sich nur durch Zerstörung der Ursachen im Organismus (Fortpflanzungstrieb) oder des letztern selbst (Selbsterhaltungstrieb) unterdrücken. Der T. gibt dem Begehrungsleben eine bestimmte Gestalt, indem alles dasjenige, was durch ihn unterstützt wird, infolge der unaufhörlichen Reize leichter und öfter als andres Begehren zur Befriedigung gelangt und daher von selbst zur Disposition, Neigung, Hang, Sucht und Leidenschaft sich steigert, wenn nicht künstliche Hilfen (praktische Grundsätze, Charakter) den natürlichen des Leibes zum Widerstand entgegengesetzt werden. Gesellt sich zu dem seiner Natur nach blinden (bewußtlosen) T. die gleichfalls bewußtlose Kenntnis der zur Befriedigung desselben tauglichen Mittel, so geht der T. in Instinkt über.

Trieb, Nebenfluß der Elster, s. Vogtländische Schweiz.

Triebel, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Sorau, hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, Schuhmacherei, Weberei und (1885) 1657 Einw.

Triebrad, bei Fahrzeugen s. v. w. Treibrad; sonst im Gegensatz zum Treibrad das in Bewegung gesetzte Rad; in der Uhr ein kleineres Zahnrad, welches ein größeres treibt.

Triebstahl, s. Draht, S. 105.

Triebwerke, Maschinenteile, welche die Kräfte in passender Weise nach bestimmten Richtungen übertragen, wirken direkt wie Räder- und Kurbelgetriebe oder indirekt wie Riemen-, Schnur- und Seilgetriebe.

Triefaugen, eine chronische Entzündung der Augenbindehaut, deren Hauptsymptom in Rötung der Lidränder und fortwährender Thränenabsonderung besteht. Am häufigsten kommen T. bei skrofulösen Individuen, nicht selten bei alten Frauen, vor, bei denen diese das Aussehen stark entstellende Entzündung im Mittelalter manche alte Matrone als Hexe auf den Scheiterhaufen gebracht hat. Die stärksten Grade der Entzündung führen zu Verkrümmungen der Augenlider nach auswärts oder einwärts (Ektropium, Entropium) und sind nur durch plastische Operation zu beseitigen. Betreffs der Behandlung s. Augenentzündung.

Triel, Vogel, s. Dickfuß.

Triënnium (lat.), Zeit von drei Jahren. Akademisches T. (t. academicum), die fast allgemein übliche Zeit von drei Jahren, welche in Deutschland zum Besuch der Universität verwendet und als Minimum für die meisten Staatsprüfungen der Beamten sogar gesetzlich gefordert wird.

Trient (spr. triang), linksseitiger Nebenfluß des Rhône in der Schweiz, entspringt aus dem Glacier du T. und gelangt, durch die Eau Noire verstärkt, aus seinem Alpenthal durch eine tiefe, schauerliche Schlucht (Gorge du T.) von 2 km Länge bei Vernayaz in das Rhônethal hinaus.

Triént (ital. Trento, lat. Tridentum), Stadt (mit selbständiger Gemeindeverwaltung) in Welschtirol, 190 m ü. M., links an der schiffbaren Etsch, in welche hier die Fersina mündet, und an der Südbahnlinie Kufstein-Ala, Sitz eines Fürstbischofs, eines Domkapitels, einer Bezirkshauptmannschaft und eines Kreisgerichts, hat zwei Vorstädte (San Martino und Santa Croce), spärliche Reste der alten hohen Stadtmauern (der Sage nach aus der Gotenzeit) mit zwei angeblich von den Römern erbauten Türmen, gut gepflasterte Straßen und ganz im italienischen Stil erbaute Häuser. In den letzten Jahren ist T. durch Anlage von Außenforts zu einer Lagerfestung geworden. Die ansehnlichsten Plätze sind die Piazza del Duomo mit dem Neptunsbrunnen und die Piazza d'Armi. Unter den 15 Kirchen ragen hervor: der Dom, eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika mit zwei Kuppeln (im 13. Jahrh. begonnen, im 15. vollendet); die Kirche Santa Maria Maggiore, aus rotem Marmor erbaut, mit den Bildnissen der Kirchenfürsten, welche dem in dieser Kirche abgehaltenen Konzil (s. unten) beiwohnten; die Peterskirche mit einer Kapelle des heil. Simon von T., der als dritthalbjähriger Knabe 1472 angeblich von den Juden ermordet wurde; die Jesuiten-, jetzt Seminarialkirche; die Kirche dell' Annunziata mit hoher, von vier Säulen getragener Kuppel und die Martinskirche. Andre ansehnliche Gebäude sind: das Renaissanceschloß Buon Consiglio (einst Residenz der Fürstbischöfe, jetzt Kastell) mit vielen Fresken, das Rathaus, der Justizpalast, das Theater, mehrere Privatpaläste und das große Waisenhaus. Die Stadt hat ein Franziskaner- und Kapuzinerkloster, 3 Nonnenklöster, ein Klerikalseminar mit theologischer Diözesanlehranstalt, ein Obergymnasium, ein bischöfliches Privatgymnasium, eine Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Fachschule für Steinbearbeitung, eine Handelsschule, ein Musiklyceum, ein bischöfliches Taubstummeninstitut, ein städtisches Museum, eine Volksbibliothek, verschiedene Wohlthätigkeitsanstalten, eine Volksbank, Pfandleihanstalt, Sparkasse und (1880) 19,585 Einw. Die Industrie wird durch zahlreiche Seidenfilanden, eine Seidenspinnerei, Glockengießerei, Töpferwaren- und Konfitürenfabrikation etc. vertreten. Der Handel ist lebhaft. In der Umgebung große Brüche roten Marmors, Obst- und Weinbau. Auf dem rechten Etschufer liegt der befestigte Felshügel Dos di Trento (289 m), auf dem einst das Römerkastell Verruca stand. - Im Altertum war T. römische Kolonie. Im 4. Jahrh. wurde es Bischofsitz und um 574 Residenz eines langobardischen Herzogs. Bekannt ist es durch Secundus von T. (gest. 604), der eine Geschichte der Langobarden geschrieben hat, die leider verloren ist. Unter Karl d. Gr. kam es an das fränkische Reich und unter Otto I. mit Italien an Deutschland. König Konrad II. belehnte 1027 den Bischof von T. mit der fürstlichen Würde und weltlichen Herrschaft über die Stadt. Das Konzil von 1545 bis 1563 (s. Tridentinisches Konzil) gab letzterer eine welthistorische Bedeutung. 1803 wurde das Hochstift säkularisiert und den österreichischen Landen einverleibt. 1805 fiel es an Bayern und, nach den Kämpfen von 1809 im Angesicht der Stadt, an das Königreich Italien. 1813 kam es wieder an Österreich. Vgl. Barbacovi, Memorie storiche della città e del territorio di Trento (Trient 1808); Ambrosi, Trento e suoi circondario (das. 1881); Öribauer, Führer für T.-Arco etc. (Reichenberg 1884).