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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Urbs - Urfé.

ter regieren. 1205 kam die Stadt unter die Herrschaft der Grafen von Montefeltre, die vom Papst Sixtus IV. 1474 zu Herzögen von U. unter päpstlicher Lehnshoheit ernannt wurden. Beim Tode des letzten aus diesem Geschlecht, Guido Baldo, folgte dessen Neffe und Adoptivsohn Francesco Maria della Rovere, Herr von Sinigaglia, der Nepote Papst Julius' II. Leo X. vertrieb ihn aber von seinen Besitzungen und setzte seinen Neffen Lorenzo de Medici in dieselben ein, der sich jedoch nur kurze Zeit behaupten konnte. Nach dem Erlöschen der Familie Rovere mit Francesco Maria II. zog der Papst 1631 U. als erledigtes Lehen ein, und es blieb seitdem unter päpstlicher Herrschaft, bis es 1860 mit Italien vereinigt wurde. Vgl. Baldi, Memorie concernenti la città d'U. (Rom 1724); Arnold, Der herzogliche Palast von U. (Leipz. 1857, mit 50 Tafeln). - U., resp. das einige Miglien entfernte Fermignano war seit etwa 1475 der Sitz einer umfangreichen Majolikafabrikation, aus welcher die meisten noch erhaltenen italienischen Majoliken hervorgegangen sind, und die etwa bis 1620 in Blüte stand. Die Majoliken von U. zeigen entweder farbige Arabesken auf weißem Grund im Stil der Grotesken Raffaels oder biblische, mythologische und andre Darstellungen, welche ebenfalls zumeist von Raffael und seiner Schule beeinflußt sind oder auch Kompositionen Raffaels wiedergeben (s. Tafel »Keramik«, Fig. 8). Die Hauptkünstler von U. sind die Mitglieder der Familie Fontana, deren bedeutendstes Orazio war.

Urbs (lat.), Stadt, namentlich Hauptstadt; bei den Römern wurde unter U. schlechthin Rom verstanden.

Urchan (Orchan), türk. Sultan, Sohn des Stifters des Osmanenreichs, Osman, folgte diesem, nachdem er eben Brussa erobert (1326) hatte, bemächtigte sich Nikomedias, Nikäas und des ganzen westlichen Kleinasien, organisierte das Reich nach den Satzungen des Korans und gab ihm ein besonderes Staatsrecht (Kanun). Auch errichtete er das Fußvolk der Janitscharen und die reguläre Reiterei, die Spahis. Durch die Vermählung mit einer griechischen Prinzessin dachte er seinem Haus eine Anwartschaft auf den griech. Thron zu erwerben; er starb 1359 in Brussa.

Urdh, s. Nornen.

Ürdingen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, Landkreis Krefeld, am Rhein, Knotenpunkt der Linien Krefeld-Hochfeld und Gladbach-Ruhrort der Preußischen Staatsbahn, 32 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine höhere Knabenschule, ein Amtsgericht, ein Hauptsteueramt, bedeutende Zuckerraffinerien, Dampfkessel-, Anilinfarben-, Öl- und Likörfabriken, Eisen- und Gelbgießerei, Gerberei, Ziegeleien, bedeutende Schiffahrt, große Werftanlagen, Handel mit Steinkohlen und Holz und (1885) 3923 meist kath. Einwohner. Ü. gehörte bis 1794 zu Kurköln.

Urdu (»Lagersprache«, auch Hindostani genannt), ein Dialekt des Hindi (s. d.). Vgl. Indische Sprachen.

Ure (spr. juhr), Andrew, Chemiker, geb. 18. Mai 1778 zu Glasgow, studierte daselbst und in Edinburg Medizin, ließ sich 1800 als Arzt zu Glasgow nieder und ward 1806 Professor der Naturgeschichte und Chemie an der Andersonian Institution. Er beschäftigte sich einige Jahre mit astronomischen Untersuchungen, widmete sich aber hauptsächlich physikalischen Arbeiten und der Anwendung chemischer Prozesse auf die Industrie. Seit 1830 lebte er in London, wo er 2. Jan. 1857 starb. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »On the cotton-manufacture of Great Britain« (2. Aufl., Lond. 1861) und das »Dictionary of arts, manufactures and mines« (7. Aufl., das. 1875, 3 Bde.), welches dem Karmarsch-Heerenschen Werk zu Grunde liegt.

Uredineen, s. Rostpilze.

Urēdo Pers., s. Rostpilze.

Uregga, Name von zwei Landschaften im Congostaat, 1) an der Westseite des Muta Nzige, zwischen dem Äquator und 2.° südl. Br. und von den rechtsseitigen Nebenflüssen des Congo, Lulu und Lowa und zahlreichen zum Muta Nzige ziehenden kleinern Flüssen durchzogen. -

2) Zwischen dem Tanganjika und dem obern Congo, vom Lowa, Ulinde und Elila durchflossen, zwischen 1° 30' und 4° südl. Br., von dichtem Urwald bedeckt, der von Affen, Riesenschlangen und andern Tieren bevölkert ist.

Ures, frühere Hauptstadt des mexikan. Staats Sonora, im fruchtbaren Thal des Rio Sonora, in einem Bergbaurevier, mit 5000 Einw.

Urēter (lat.), Harnleiter, s. Nieren.

Ureterītis (griech.), Harnleiterentzündung.

Urethān (Karbaminsäureäthyläther) NH2CO2C2H5 ^[NH_{2}CO_{2}C_{2}H_{5}], Produkt der Einwirkung von Ammoniak aus Kohlensäureäthyläther, von Cyansäure oder Chlorcyan auf Alkohol und von salpetersaurem Harnstoff auf Alkohol bei 120-130°. U. bildet farb- und geruchlose Blättchen, schmeckt salpeterähnlich, löst sich leicht in Wasser, schmilzt bei 47-50°. Man benutzt es in Gaben von 1-3 g als Schlafmittel, welches keine üblen Nebenwirkungen hervorruft.

Urēthra (lat.), Harnröhre.

Urethrītis (griech.), Harnröhrenentzündung, s. Tripper.

Urethroplástik (griech.), chirurgische Heilung von Harnröhrenfisteln.

Urethroskōp (griech.), s. v. w. Endoskop.

Urethrotomīe (griech.), s. Harnröhrenschnitt.

Uretĭca (lat.), harntreibende Mittel (s. d.).

Urf (arab., »das Bekannte«), das Recht des Sultans, vermöge dessen ihm die Ergänzung der Mängel der im Koran enthaltenen Gesetze zusteht. Den Gegensatz von U. bildet das Scheriat (s. d.).

Urfa (Orfa, auch Ruha), asiatisch-türk. Stadt im obern Mesopotamien (Wilajet Aleppo), nordöstlich von Biredschik, Sitz eines armenischen Bischofs, hat mächtige Stadtmauern aus vorislamitischer Zeit, ein festes Kastell, zahlreiche Moscheen (darunter die als mohammedanischer Wallfahrtsort berühmte des Abraham, welcher nach der Sage hier den Isaak opfern wollte, mit einem Teich heiliger Fische), eine französische und eine amerikan. Missionsanstalt, unbedeutende Bazare und Karawanseraien und etwa 40,000 Einw. (¼ Christen, ¾ Mohammedaner). U. ist das Kallirrhoe der Griechen, das Edessa (s. d.) des Mittelalters.

Urfahr, Stadt in Oberösterreich, Bezirkshauptmannschaft Linz Umgebung, an der Donau, mit Linz durch eine Gitterbrücke verbunden, Ausgangspunkt der Lokalbahn U.-Aigen, hat ein Bezirksgericht, Fabrikation von Metallwaren und Maschinen, Spiritus und Preßhefe, Kanditen etc., bedeutende Märkte und (1880) 6994 Einw.

Urfé (spr. ür-), Honoré d', franz. Romanschriftsteller, geb. 11. Febr. 1568 zu Marseille, ist hauptsächlich bekannt durch seinen Roman »Astrée«, der erst nach seinem Tod von seinem Sekretär Baro beendigt wurde. Dieser allegorische Schäferroman, wahrscheinlich nach Tassos »Aminta« gearbeitet, spielt in einer Art von idealer Welt, in der als Schäfer und Schäferinnen verkleidete Personen der guten Gesell-^[folgende Seite]