Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

497

Wanderkrabbe – Wandlungsklage

15 cm hoch bedeckten und in wenigen Stunden alle Pflanzen vollständig vertilgten. Deutschland wird von diesen Schwärmen verhältnismäßig selten heimgesucht (in letzter Zeit 1875 der Reg.-Bez. Potsdam). Im Südwesten Europas wird die W. durch den nahe verwandten, auch in Deutschland vorkommenden Pachytylus cinerascens F. vertreten, der manchmal auch in großen Mengen auftritt, aber nicht wandert. In den Mittelmeerländern bildet die tatarische Schnarrheuschrecke (Acridium tataricum L.) denen der W. ähnliche verheerende Schwärme, andere Arten treten in Südafrika, Amerika u. s. w. in gleicher Weise auf. Man bekämpft die W., indem man die in der Erde liegenden Eierhaufen aufsucht und zerstört und indem man die Tiere gegen Wachstuchschirme und in Gräben treibt, wo sie sich in großen Massen ansammeln und vernichtet werden können.

Wanderkrabbe, s. Krabben.

Wanderlager, s. Wanderhandel.

Wanderlagersteuer, s. Hausiersteuer.

Wandermilz, s. Milzkrankheiten.

Wandermuschel (Dreissena polymorpha Pall.), eine zu den Miesmuscheln (s. d.) gehörige, dreiseitige Muschel, die bis 4 cm lang wird und das süße Wasser Europas bewohnt. Ursprünglich gehört sie den Flüssen des südöstl. Europas an, ist aber mit der Schiffahrt, da sie sich an Schiffe, Flöße u. s. w. festsetzt, seit Ende des vorigen Jahrhunderts in alle größeren Flüsse auch des westl. Europas eingedrungen.

Wanderniere (Ren mobilis s. migrans), eine eigentümliche Lageveränderung der einen oder beider Nieren, bei der die letztern infolge einer Lockerung ihrer Kapsel und ihrer Aufhängebänder aus ihrer normalen Lage sich zeitweise oder dauernd entfernen können und als bewegliche Körper unter dem freien Rande des Rippenbogens oder tiefer unten in der Bauchhöhle gefühlt werden. Meist wird die rechte Niere beweglich gefunden. Am häufigsten findet sich die W. bei Frauen, bei denen namentlich das Tragen fester Rockbänder und Schnürleiber, Schwangerschaften sowie schwere körperliche Arbeit u. a. das Zustandekommen einer W. zu begünstigen scheinen. In vielen Fällen macht eine bewegliche Niere gar keine Symptome; mitunter kommt es aber auch durch Einklemmung der wandernden Niere zu schweren Krankheitserscheinungen (Schüttelfrost, Erbrechen, kaltem Schweiß mit großem Angstgefühl, heftigen Leibschmerzen u. s. w.). Die Behandlung besteht in Reposition und Fixierung der Niere durch geeignete Bruchbänder oder elastische Leibbinden. Bei hochgradigen Beschwerden empfiehlt sich die operative Behandlung, d. h. Reposition der W. an ihre richtige Stelle und Befestigung derselben durch Nähte.

Wanderratte, s. Ratte.

Wanderrose, s. Rose (Krankheit).

Wandersleber Schloß, s. Gleichen.

Wandertaube (Ectopistes migratorius L., s. Textabbildung 2, beim Artikel Tauben), die bekannteste Art der Schweiftauben (s. d.), ein zwischen 40 und 42 cm langer Vogel mit langen spitzen Flügeln und mit 12 stufig angeordneten, einen langen Schwanz bildenden Steuerfedern. Oben ist die Färbung hell-schiefergrau, unten rötlich-grau. Berühmt ist die W., welche ganz Nordamerika nördlich vom Golf von Mexiko bewohnt, durch ihre Herbst- und Frühjahrswanderungen, zu denen sich früher Scharen, die auf 20 Mill. Stück veranschlagt wurden, versammelten. Jetzt haben die Mengen bedeutend nachgelassen.

Wanderu, Affe, s. Makako.

Wanderunterstützung, auch Reiseunterstützung, eine sehr frühe, auf dem althergebrachten Wandern der Handwerksburschen und dem Herbergswesen beruhende, genossenschaftliche Hilfe, welche teils von den Meistern, teils von den Gesellen- und Arbeiterverbänden nach bestimmten Sätzen gewährt wird und vielfach mit den Gewerkvereinen, besonders zur Arbeitsvermittelung, verbunden ist.

Wanderverbot, Wanderzeit, s. Wanderzwang.

Wanderzellen, s. Blut.

Wanderzwang. Bei der bekannten Wanderlust des Deutschen ließe sich annehmen, auch wenn man nicht in Handwerksstatuten des 14. Jahrh. Bestimmungen über die Behandlung der abziehenden oder zukommenden Knechte hätte, daß schon in früher Zeit die Gesellen regelmäßig von einem Ort zum andern nach Arbeit gezogen wären. Eine Vorschrift zum Wandern, ein W. zeigte sich auch zu Beginn des 15. Jahrh., ist aber zu dieser Zeit noch nicht allgemein verbreitet. Gegen Ende des Jahrhunderts läßt er sich am häufigsten nachweisen. Man beabsichtigte zunächst mit dem W. eine Erweiterung der technischen und geschäftlichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Wandernden, doch leuchtet auch die Absicht deutlich hervor, die Konkurrenz im Handwerk zu mindern oder ganz abzuschneiden und die Erlangung des Meisterrechts zu erschweren. Übrigens hatte der W. nicht in allen Handwerken Geltung, vielmehr zeigt sich bei manchen der strikte Gegensatz, nämlich ein Wanderverbot. Dies waren die sog. Gesperrten Handwerke (s. d.). Hier kam es darauf an, daß gewisse Gewerbe nicht in die Fremde getragen und dort verbreitet und gepflegt würden. Die vorgeschriebene Wanderzeit wechselt von einem bis zu sechs Jahren und betrug am häufigsten drei oder vier Jahre. Unterwegs mußte sich der Wandernde durch Arbeit unterhalten und erhielt da, wo sich keine fand, einen bestimmten Betrag als Unterstützung, das Geschenk. Die Wanderbücher (s. d.) der Gesellen hießen Kundschaften. – Vgl. Stahl, Das deutsche Handwerk, Bd. 1 (Gieß. 1874); Schanz, Zur Geschichte der deutschen Gesellenverbände (Lpz. 1877).

Wandhobel, s. Hobel.

Wandkanker, s. Kanker.

Wandkran, s. Kran.

Wandlafetten, Lafetten, bei denen im Gegensatz zu den Blocklafetten (s. d.) das Rohr zwischen zwei besondern voneinander getrennten Wänden ruht; sie sind jetzt allgemein eingeführt.

Wandlager, s. Lager (im Maschinenbau).

Wandlungsklage (Wandelungsklage, Actio redhibitoria), die Klage, welche der Käufer gegen den Verkäufer, überhaupt derjenige, welcher eine Sache gegen Entgelt erwirbt gegen den, von wem er sie erwirbt, auf Wiederaufhebung des Vertrags und Wiederherstellung des frühern Zustandes dann hat, wenn die veräußerte Sache zugesagte Eigenschaften nicht hat; oder wenn sie Mängel hat, deren Abwesenheit der Veräußerer versprach, oder, auch ohne solches Versprechen, wenn die Mängel den Wert oder die Tauglichkeit der Sache zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder erheblich mindern und nicht so offenkundig sind, daß sie dem Erwerber in die Augen fallen mußten (Deutsches Bürgerl.