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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wojcicki - Wolf.

sischen Polen beibehalten; jetzt ist dafür der Name Gouvernement eingeführt. Bei den Südslawen heißt noch jetzt der Führer eines Hochzeitszugs W., auch werden höhere Polizeibeamte so genannt.

Wojcicki (spr. -zitzki), Kasimir Wladislaw, poln. Schriftsteller, geb. 1807 zu Warschau, studierte daselbst und machte sich dann durch Sammlungen von Sprichwörtern (Warsch. 1830, 3 Bde.), Volksliedern (»Piosni luda«, das. 1836, 2 Bde.) und Volksmärchen (1837, 2 Bde.; deutsch von Lewestam, Berl. 1839) der Polen, Kleinrussen und Weißrussen einen Namen. Daneben veröffentlichte er sogen. Gawenden, anspruchslose Schilderungen der sozialen Verhältnisse der Vergangenheit (»Kurpic«, 1834; »Stare gawędy«, 1840, etc.), die zahlreiche Nachahmer fanden, verfaßte antiquarische und historische Werke, darunter eine große polnische Litteraturgeschichte (»Historya literatury polskiéj w garysach«, Warsch. 1845-46, 4 Bde.), die indessen mehr eine historische Chrestomathie ist, und begründete 1850 mit Cieszkowski die Monatsschrift »Bibliotheca warszawka«, die er bis an seinen Tod leitete. Er starb als Direktionsmitglied der landwirtschaftlichen Kreditanstalt in Warschau 3. Aug. 1879.

Woking, Dorf in der engl. Grafschaft Surrey, bei Guilford. Dabei zwei Zuchthäuser, Leitners College für die Erziehung von Indiern (im ehemaligen Dramatic College) und ein großer Begräbnisplatz (W. Necropolis).

Wokingham, Städtchen in Berkshire (England), mit (1881) 3099 Einw., Kreuzungspunkt mehrerer Eisenbahnen. Dabei Wellington College (für Offizierssöhne) und die Stabsschule von Sandhurst.

Wola, Dorf bei Krakau, bei welchem ehedem die polnischen Könige gewählt wurden.

Wölbstein, s. Gewölbe, S. 311.

Wölchīt, s. Bournonit.

Wolchonskiwald (Wolchonskigebirge), s. Waldaigebirge.

Wolchow, Fluß in Rußland, ergießt sich als Abfluß des Ilmensees in den Ladogasee, 220 km lang. Seine eigentlichen Quellflüsse sind: der Lowat, die Polista und der Schelon, welche von der südlichen Seite her in den Ilmensee fallen. Er gehört zum Wishne-Wolokschok-Kanalsystem (s. d.). Seine Ufer sind meist niedrig und werden im Frühjahr stark überschwemmt. Infolge des Andringens des Ladogaeises bei seiner Mündung fließt der W. oft tagelang zurück aufwärts, da sein Fall sehr schwach ist. An der Stelle, wo der W. den Ilmensee verläßt, liegt das prächtige Kloster des heil. Jurij.

Wolcott, John, engl. Satiriker, als Dichter Peter Pindar genannt, geboren im Mai 1738 zu Dodbrooke in Devonshire, besuchte die Schule zu Bodmin, kam dann zu seinem Oheim, einem Wundarzt zu Fowey in Cornwall, in die Lehre, bildete sich zu London weiter aus und folgte 1768 dem Gouverneur Sir William Trelawney als Leibarzt nach Jamaica. Bald kehrte er nach England zurück, ließ sich zum Priester weihen und erhielt ein Pfarramt auf jener Insel. Nach dem Tode des Gouverneurs begleitete er die Witwe desselben nach England, wo er sich zu Truro in Cornwall als Arzt niederließ. Hier versuchte er sich zuerst in der Satire, verwickelte sich aber dadurch in Unannehmlichkeiten, die ihn veranlaßten, 1778 nach London überzusiedeln, wo er bald ein gefürchteter Satiriker wurde. Im Alter erblindet, starb er 13. Jan. 1819 in Somerstown. Seine Leiche wurde in der Paulskirche beigesetzt. W. richtete seine Angriffe zuerst gegen die königlichen Akademiker (»Lyric odes to the royal academicians«, 1782), machte dann aber auch die Schwächen des Königs Georg III. lächerlich, namentlich in der »Lousiad« (1787), einem komischen Epos, welches dadurch veranlaßt war, daß der König, als er einst in einem Gericht junger Erbsen eine Laus entdeckte, Befehl gab, allen Küchenbediensteten die Haare abzuschneiden. Von 1778 bis 1808 schrieb W. über 60 dichterische Flugschriften und war so gefürchtet, daß das Ministerium versucht haben soll, ihn durch Bestechung zum Schweigen zu bringen. Gesammelt erschienen seine Satiren, die heute in England ihrer oft indezenten Sprache wegen kaum noch gelesen werden, London 1794-1801 und 1816 in 5 Bänden.

Woldegk, Stadt im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, an einem See, 112 m ü. M., hat eine alte evang. Kirche, ein Amtsgericht, Majolika-, Maschinen- und Handschuhfabrikation, Weißgerberei, eine Molkerei, 2 Dampfsägemühlen und (1885) 3176 Einw.

Woldenberg, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, Kreis Friedeberg, an der Linie Posen-Stargard der Preußischen Staatsbahn, 71 m ü. M., hat eine evang. Kirche (meist aus dem 15. Jahrh.), ein Amtsgericht, Ziegeleien, Bierbrauereien, Branntweinbrennerei, Wasser-, Wind- und Dampfmühlen und (1885) 4458 meist evang. Einwohner.

Wolds (spr. ŭohls), Höhenzug in Yorkshire und Lincolnshire (England), durch den Humber in zwei Hälften geteilt, mit steilem Abfall nach Westen, besteht aus Kreide, erreicht eine Höhe von 246 m und ist mit Gras und Heidepflanzen bewachsen.

Wolf (Canis Lupus L., s. Tafel »Raubtiere II«), Raubtier aus der Familie der Hunde (Canida) und der Gattung Hund (Canis L.), 1,15 m lang, mit 45 cm langem Schwanz, etwa 85 cm hoch, mit hagerm Leib, mäßig großer, breiter, gestreckter, spitziger Schnauze, breiten, spitzen, aufrechten Ohren, meist etwas schief stehenden Augen mit runder Pupille, ziemlich hohen, dürren Beinen, vorn fünf-, hinten vierzehigen Füßen, lang herabhängendem, langhaarigem Schwanz und einer Schwanzdrüse (Violdrüse). Der Pelz variiert in Haarwuchs und Färbung nach dem Klima und Aufenthaltsort. Er ist gewöhnlich fahl graugelb mit schwärzlicher Mischung, unterseits und an der Stirn heller, oft weißlichgrau, an der Schnauze gelblichgrau mit Schwarz gemischt, an den Wangen gelblich. Im Sommer ist die Färbung mehr rötlich, im Winter mehr gelblich, in nördlichen Ländern mehr ins Weiße geneigt, in südlichen mehr schwärzlich. Das Weibchen ist schwächer gebaut, mit spitzerer Schnauze und dünnerm Schwanz. Gebirgswölfe sind meist groß und stark, die Wölfe der Ebene kleiner und schwächer, aber nicht weniger raublustig. In Ungarn unterscheidet man den kleinern rötlichgrauen Rohrwolf und den größern aschgrauen Waldwolf. Als sicheres Unterscheidungsmerkmal zwischen W. und Hund gibt Altum an, daß die Nasenbeine am Schädel beim Hund kaum, beim W. dagegen stark die Oberkieferbeine überragend in die Stirnbeine hineintreten. Gegen früher weit zurückgedrängt, findet sich der W. noch in fast ganz Europa, ist aber in Nord- und Mitteldeutschland und in England gänzlich ausgerottet, dagegen in Ungarn, Galizien, Kroatien, Krain, Serbien, Bosnien, Rumänien, Polen, Rußland, Skandinavien noch häufig. Er findet sich auch in den Atlasländern, in Nordost- und Mittelasien und in Nordamerika. Im Königreich Preußen wurden 1819 noch 1080 Stück geschossen. Noch gegenwärtig verlaufen sich jährlich einzelne Wölfe aus Rußland, Frankreich