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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wringmaschine; Wronke; Wroxeter; Wrschowitz; Wruke; Wsetin; Wucher

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Wringmaschine - Wucher.

1886). Auch übersetzte er Casparis Grammatik der arabischen Sprache ins Englische (2. Aufl., Lond. 1874, 2 Bde.).

Wringmaschine, s. Waschen.

Wronke, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Samter, an der Warthe und der Eisenbahn Posen-Stargard, 56 m ü. M., hat eine evangelische, eine katholische und eine Klosterkirche, ein Amtsgericht, ein Warendepot der Reichsbank, Sirup-, Stärkezucker- und Zuckerkouleurfabrikation, Ziegelbrennerei, Bierbrauerei und (1885) 3091 meist kath. Einwohner.

Wroxeter (spr. róxeter), Dorf in Shropshire (England), am Severn, unterhalb Shrewsbury und am Fuß des Wrekin (402 m hoch), mit ausgedehnten Ruinen der römischen Stadt Uriconium und (1881) 488 Einw.

Wrschowitz (tschech. Vršovice), Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Königliche Weinberge, östlicher Vorort von Prag, am Botitzbach, mit Bierbrauerei, Roßhaarspinnerei, Talgschmelze, Fabrikation von Seiler- und Schlosserwaren etc. und (1880) 5732 Einw.

Wruke, s. Raps.

Wsetin, Stadt in der mähr. Bezirkshauptmannschaft Walachisch-Meseritsch, an der Betschwa und der Eisenbahn Weißkirchen-W. reizend gelegen, hat ein Bezirksgericht, eine katholische und 2 protest. Kirchen, ein schönes Schloß, Holzflößerei, eine Dampfsäge, Fabrikation von Möbeln aus gebogenem Holz, eine Glashütte, Messerfabrik und (1880) 4585 Einw.

Wucher, im allgemeinen die Ausbeutung der Notlage andrer bei Kauf und Darlehen. Man spricht demgemäß auch vom Kornwucher (s. d. und Getreidehandel, S. 267). Im engern Sinn versteht man unter W. den Zinswucher, welcher sich auf das Nehmen von Zinsen bezieht, und zwar bezeichnete man ursprünglich als W. das Nehmen von Zinsen überhaupt, später nur die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinssatzes. Je nach den Formen, in welchen letztere auftrat, unterschied man W. am Stamm (usurae palliatae), bei dem die Zinshöhe durch Verschreibung höherer Summen als der dargeliehenen, durch Vorausbezahlungen, Aufdringung von Waren etc. verhüllt wurde, W. an den Bedingungen, wie Zeit, Form, Ort der Zahlung etc. Bei unentwickeltem Verkehr ist der Kredit vorwiegend Konsumtivkredit und darum auch die von dem Gedanken: »nummus non nummum parit« (d. h. Geld kann als unfruchtbar nicht Geld erzeugen) beherrschte Verwerfung des Zinsnehmens erklärlich. Das Darlehen erschien mehr nur als ein Werk der Barmherzigkeit und der Liebe, weswegen auch nach mosaischem Rechte das unentgeltliche Darlehen an Volksgenossen dem Vermögenden zur Pflicht gemacht wurde (ursprünglich nur Armen gegenüber, später allgemein). In Rom wurde nach dem Zwölf-Tafelgesetz das Fenus unciarium mit 8⅓ Proz. (für das römische Jahr von 364 Tagen) als höchster Zinssatz bestimmt. Nach 357 v. Chr. fand eine Herabsetzung auf die Hälfte (fenus semiunciarium) statt, und 332 wurde durch die lex Genucia das Zinsnehmen zwischen römischen Bürgern verboten. Dies Verbot wurde jedoch nicht beachtet. Gegen Ende der Republik galt 1 Proz. monatlich (usurae centesimae) als höchster erlaubter Zinssatz. Derselbe wurde 50 v. Chr. durch Senatsbeschluß als für das ganze Reich gültig anerkannt und blieb bis zum Ende des weströmischen Reichs in Geltung. Im oströmischen Reich setzte Justinian einen förmlichen Zinstarif mit Zinstaxen fest. Nur für naturale und Seedarlehen, bei welchen der Gläubiger das Risiko für das Kapital übernahm (fenus nauticum), wurden 12 Proz. gestattet, Kaufleute durften 8 Proz. (usurae besses) nehmen, andre 6 Proz. und die Personen der höchsten Rangklasse (illustres) nur 4 Proz., welch letzterer Satz später als der gesetzliche für Darlehen an Bauern bestimmt wurde. Außerdem wurde der Anatozismus (s. d.) verboten und bestimmt, daß der Gläubiger kein Recht haben solle, weitere Zinsen zu fordern, sobald die rückständigen Zinsen bis zur Höhe des Kapitals (alterum tantum) angewachsen seien. Die religiösen Anschauungen des mosaischen Rechts machten sich auch in der christlichen Kirche geltend. Ursprünglich nur Klerikern versagt, wurde von Papst Leo 443 das Zinsnehmen auch für Laien als verdammenswert erklärt, und auf dem Konzil zu Vienne 1311 wurde der W. mit dem Ausschluß vom Abendmahl, Aberkennung des Rechts, ein Testament zu machen, und Verweigerung des kirchlichen Begräbnisses bedroht. Die Verteidigung des Zinsnehmens wurde als Ketzerei, jede entgegenstehende weltliche Gesetzgebung für null und nichtig erklärt. Das kanonische Recht fand bald in der weltlichen Gesetzgebung Unterstützung. So bedrohten deutsche Reichspolizeiordnungen von 1500, 1530 und 1577 das Ausleihen auf Zinsen mit dem Verlust von einem Viertel des Kapitals, nur der Rentenkauf wurde für erlaubt erklärt. Juden nahmen eine Ausnahmestellung ein, welche 1544 mit der höhern Besteuerung derselben gerechtfertigt wurde. Die Wucherverbote wurden jedoch vielfach umgangen. Eine Handhabe hierfür boten insbesondere der Renten- und Giltenkauf sowie der Wechsel. Mit Entwickelung von Handel und Verkehr brachen sich andre Anschauungen Bahn. Man mußte, zumal Kaufleuten gegenüber, die Zinsberechnung unter verschiedenen Titeln und Formen (Ersatz für Verzugsschaden, Vergütung für gelaufene Gefahr etc.) zulassen, ja das Reichsgericht betrachtete 1654 das Nehmen mäßiger Zinsen als statthaft. So wandelte sich allmählich der Begriff des Wuchers in denjenigen des Justinianeischen Rechts wieder um. Es wurden Zinstaxen eingeführt (meist 5 Proz., für den Handel 6 Proz. als Maximum), deren Überschreitung bei Strafe verboten wurde, so in Zürich schon 1520, in Baden 1622. Später wurde auch in mehreren Ländern, so im österreichischen Josephinischen Patent, in Baden 1810, die Überschreitung zwar nicht verboten, ihr jedoch die gesetzliche Anerkennung versagt. Die Wuchergesetze (Wucherverbote) wurden seit Ende des 18. Jahrh. auf Grund der sich entwickelnden praktischen Verkehrsbedürfnisse sowie der nationalökonomischen und rechtsphilosophischen Anschauungen lebhaft bekämpft. Man machte geltend, daß es unmöglich sei, ein überall passendes Zinsmaximum festzusetzen, daß die Gesetze leicht zu umgehen seien, von der Staatsgewalt selbst bei Anlehen nicht beobachtet würden, daß das Gesetz, welches den Gläubiger bedrohe, nur zur Erhöhung des Zinses und zu härtern Bedingungen für den Schuldner führe etc. Infolgedessen wurde Mitte des 19. Jahrh. fast in allen Kulturländern, zum Teil mit gewissen Ausnahmen, z. B. bei Pfandleihgeschäften und Darlehen auf Hypotheken, die Zinsfreiheit (Wucherfreiheit) eingeführt, so in England 1854, Neuenburg, Genf 1855, Dänemark, Spanien 1856, Italien, Niederlande 1857, Graubünden 1862, Baselstadt 1864, Belgien 1865, in Österreich 1866, bez. 1868, während in Frankreich nach wie vor der gewerbsmäßige W. strafbar blieb.

In mehreren deutschen Ländern waren die Wucherverbote schon vor 1860, in einigen in den 60er Jahren