Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abessinien'
ablagerungen über demselben besteht. Geognostisch ist A. vorwiegend vulkanischer
Natur, und nur von O. her ragt die Kalk und Sandsteinformation in den vulkanischen
Kern keilförmig hinein. Schon in der Samhara finden sich ausgebrannte Krater,
Lavaströme und Lavafelsen. Ebenso ist der ganze nördliche Rand des Hochlands
mit Massen von Lava, Schlacken, Mandelsteinen und Basalt bedeckt, und weiter im
Innern ist der Tanasee von einem schroffen, aus vulkanischem Gestein bestehenden
Kamm umschlossen, an welchem zahlreiche warme Quellen entspringen. Weiterhin
befinden sich besonders in den Landschaften Wogera, Talemt, Agamé und Semién
vulkanische und plutonische Gebilde in großer Verbreitung, und auch in den
südlichern Landschaften Begemeder, Godscham, Ghedem, Agaomeder hat man
dergleichen in Masse angetroffen, die aber vorzugsweise aus Trachyt bestehen.
Aktive vulkanische Thätigkeit hat man 1861 noch beim Vulkan Ed am Roten Meer
beobachtet.
A. ist überaus reich an Gewässern, aber keins
derselben ist schiffbar oder auch nur flößbar. Alle befinden sich in einer Höhe
von fast 3000 m. Als der bedeutendste Strom im nördlichen Teil des Landes ist der
Abaí, der obere Lauf des Blauen Nils, zu nennen,
der bei Säkkala in der Provinz Matscha entspringt, als reißender Bergstrom in den
Tanasee fällt und, nachdem er ihn wieder verlassen, in langer Spirale die amharische
Landschaft Godscham umzieht, eine lange Reihe von Stromschnellen und Katarakten
bildend. Unter seinen zahlreichen Nebenflüssen seit seinem Austritt aus dem Tanasee
sind die bedeutendsten: auf der linken Seite Beschilo, Dschamma, Guder, Didessa,
Jabus und Tumat, auf der rechten Dinder und Rahad, von denen die zwei letzten von
den Bergen Godschams herkommen. Der Takazzé,
der zweite Hauptstrom Nordabessiniens, entspringt auf der Grenze zwischen Lasta
und Begemeder, scheidet in seinem nordwestlich gerichteten Lauf bis zum 17° nördl.
Br. die Landschaften Tigré und Amhara voneinander und bildet, mit einer Breite
von etwa 200 m ein hohes Plateauland durchziehend, den Abzugskanal für das
nordöstliche A. Er erhält später den Namen Setit und fällt dann als
Atbara in den Nil. Im südlichen A. ist der
Hawasch von Bedeutung, der im Guraguegebirge
entspringt, in einem weiten, fruchtbaren Thal zuerst nach N., dann nach O. fließt,
die Landschaft Schoa gegen die freien Gallaländer abgrenzend, und endlich sich
wieder nach N. wendet, um sich in den Aussasee zu ergießen. Endlich ist noch der
Mareb oder Gasch
zu erwähnen, der in Tigré entspringt, auf einer weiten Strecke nach NW. fließt,
dann aber eine nordöstliche Biegung macht. Man glaubte früher, daß er in das Rote
Meer münde, weiß aber jetzt, daß er sich zur Zeit seiner Hochflut in den Atbara
ergießt. Alle angeführten Ströme also, mit Ausnahme des Hawasch, gehören dem
Stromsystem des Nils an. Nur der in der nördlichen Landschaft Hamasen bei Tatsega
entspringende Ainsaba, der Mensa und Bogos durchzieht, wendet sich dem Baraka zu
und gehört so dem Roten Meer an. In der trocknen Jahreszeit sind die Ströme
teilweise ohne Wasser, in der Regenzeit aber überfluten sie, oft furchtbare
Zerstörungen hervorbringend, das Flachland. Sie bedingen wesentlich das Steigen
des Nils und sind Ursache des fruchtbaren Schlammabsatzes in Ägypten durch die
aufgelösten vulkanischen Massen, die sie mit sich führen. - Unter den zahlreichen
Landseen Abessiniens sind
↔
einige sehr bedeutende, die fast ohne Ausnahme im Hochland liegen und den Charakter
der europäischen Alpenseen haben. Ihre vulkanische Umgebung scheint zu der Annahme
zu berechtigen, daß sie Ausfüllungen von erloschenen Kratern sind. In Nordabessinien
ist als der größte der 1859 m ü. M. gelegene Tana oder Dembeasee in der Landschaft
Dembea (s. Tana), im O. der
Aschangisee in der Landschaft Wogera zu erwähnen,
welch letzterer, von 3300 m hohen Bergen umgeben, in 2441 m Höhe liegt und einen
Umfang von 22 km hat.
[Klima, Naturprodukte.] Der Abessinier
unterscheidet in seinem in klimatischer Beziehung so viele Abwechselung bietenden
Vaterland zwei Hauptregionen: die Kola oder
Kwola (das Tiefland unter 1600 m) und die
Deka, nebst einem vermittelnden Gliede,
der Woina Deka (1600-2400 m). Das Klima ist
im Hochland gemäßigt und angenehm, nur in der Deka und namentlich auf den hohen
Gebirgszügen von Lasta und Semién im Winter sehr kalt. Auf den östlichen höhern
Plateaus steigt das Thermometer im Sommer selten über 30° R. und fällt nicht unter
17°, so daß die mittlere Temperatur etwa 24,5° beträgt. Weit milderes Klima hat
das westliche Hochland, wo die mittlere Temperatur zwischen 17,5 und 31,5° schwankt.
Gondar hat bei seiner 1904 m hohen Lage eine mittlere Temperatur von 15°, aber bei
fast immer heiterm Himmel ist die Wärme selbst im Sommer nicht drückend. In den
Niederungen herrscht dagegen einen großen Teil des Jahrs hindurch eine glühend
heiße Temperatur, die in den engen Flußthälern wahrhaft erstickend wird. Da in
der Samhara die Tropenregen fehlen oder nur periodisch eintreten, so ist hier
zugleich die Atmosphäre außerordentlich trocken, während in der Kola wegen des
dichten, für die Sonnenstrahlen undurchdringlichen Urwalds und Gestrüpps bei
ebenfalls großer Hitze Feuchtigkeit vorherrscht. Im nördlichen Hochland beginnt
die Regenzeit im April, um mit Unterbrechungen bis Oktober anzuhalten; in Schoa
dauert sie von Mitte Juni bis September. Bei der außerordentlichen Reinheit der
Luft erfreuen sich die Bewohner der höher gelegenen Gegenden einer ausgezeichneten
Gesundheit; nur rheumatische Übel werden durch die kalten Winde veranlaßt, und in
Schoa grassiert der Aussatz. Eine unter den Abessiniern sehr verbreitete Krankheit
ist der Bandwurm, ohne Zweifel infolge des fortwährenden Genusses von rohem Fleisch;
doch bietet die Natur selbst in einigen Pflanzen die kräftigsten Gegenmittel dar.
In den heißen Flußthälern und in der Kola herrschen Dysenterien, Faulfieber und
heftige nervöse Krankheiten, welche besonders den Weißen verderblich werden. -
Der Pflanzenwuchs ist bei den verschiedenen
klimatischen Verhältnissen des Landes sehr mannigfaltig und in günstigen Lagen
außerordentlich üppig. Während er in den hoch gelegenen Gegenden schon ganz
subalpinisch ist, hat er in der Kola und in den heißen Thälern des untern Mareb und
Takazzé ganz den tropischen Charakter. Die Vegetation der letztern zeigt Tamarisken,
Sykomoren, Adansonien und Fikusarten, Tamarinden und Kigelien, Akazien, wilde Baumwolle,
Sesam und Büschelmais längs der Flußufer. In der mittlern Region der Kola beginnt die
Vegetation der Aloepflanzen. In 1500 m Höhe erscheint die für A. so charakteristische
Kolkwaleuphorbie, die bis 3600 m Höhe aufsteigt. Ihr gesellen sich der Ölbaum und
die mächtige Adansonia bei, doch stehen alle diese Bäume in der Kola
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 36.