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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Borkenkäfer; Borkentier

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Borkenkäfer - Borkentier.

Borkenkäfer (Bostrichidae Erichs.), Käferfamilie aus der Gruppe der Kryptopentameren, den Rüsselkäfern nahestehend, umfaßt kleine Käfer mit walzigem Körper, dickem, kurzem, vorn abgestutztem, in den Halsschild zurückgezogenem Kopf, kurzen, geknickten und am Ende knopfförmig verdickten Fühlern, hervorragenden Oberkiefern, sehr kurzen Tastern, seitlichen, langgestreckten Augen und kurzen Beinen mit erweiterten, zusammengedrückten, in einen Endhaken auslaufenden Schienen. Die gedrungen walzigen, fußlosen Larven bohren, wie die Käfer, Gänge in Holz, leben stets gesellig, meist mehrere Arten vereinigt, und gehören zu den gefürchtetsten Verwüstern besonders von Nadelholzwaldungen. Die Käfer fressen einen Gang in die Rinde von Bäumen (in Europa fast ausschließlich von Nadelhölzern) und begatten sich hier. Das Weibchen führt darauf diesen Gang (Muttergang) weiter fort und legt zu beiden Seiten desselben in gleichen Abständen seine Eier ab, für welche es zuvor kleine Grübchen ausnagt. Die sich entwickelnden Larven fressen sich nun seitwärts von dem Hauptgang weiter und bilden dadurch ebenfalls Gänge, welche mit dem Wachstum der Larve, und je weiter sie sich von dem Ausgangspunkt entfernen, um so breiter werden. Da die meisten Arten sehr fruchtbar sind, kann der den Bäumen durch sie zugefügte Schade sehr beträchtlich werden (Wurmtrocknis). Von einigen Arten leben die Larven auch in Zweigen und Krautstengeln. Der große Kiefermarkkäfer (Waldgärtner, Hylesinus piniperda L., s. Tafel "Waldverderber I"), 4 mm lang, mit vorn schwach rüsselförmig verjüngtem Kopf, ovalen, feinkörnigen Augen, vor ihnen eingelenkten Fühlern mit sechsgliederiger Geißel und eiförmigem, viergliederigem Endknopf, am dritten Fußglied zweilappig, glänzend pechschwarz, fein behaart, an Fühlern und Füßen rostrot, auch rostgelb oder braun (H. testaceus Fab.) mit punktiert gestreiften Flügeldecken, ist schwer zu unterscheiden von dem kleinen Kiefermarkkäfer (H. minor Hrtg., s. Tafel "Waldverderber I"), welcher nicht immer kleiner ist, bei dem aber die zweite Hinterreihe zwischen den Punktstreifen der Flügeldecken bis zum Hinterrand der Decken reicht, während sie beim vorigen dort aufhört, wo diese ihre Beugung nach unten beginnt. H. piniperda erscheint im März an frischen Stöcken, Klafterholz, an liegenden Stämmen etc., das Weibchen bohrt in die Rinde (selten stehenden Holzes), paart sich, die Leibesspitze aus dem Bohrloch heraussteckend, mit dem Männchen, geht bis auf die Sohle der Rinde und fertigt bald auf-, bald abwärts gehende, meist gerade Lotgänge. Die Larvengänge zweigen sich dicht bei einander ab und enden mit den Puppenlagern in der Rinde. Von hier aus bohrt sich im Juli oder August der Käfer hervor, geht nun wagerecht in die jungen Triebe der Kiefern bis zum Mark, verzehrt dasselbe und geht aufwärts. Die Triebe werden dann leicht vom Wind abgebrochen (Abfälle), oder die endständigen Kronentriebe bleiben stehen, heilen allmählich aus, treiben aber zunächst zahlreiche Knospen, welche zu sehr buschigen, kurzen Nadeln auswachsen. Dadurch erhalten die Wipfel ein sonderbares, schlank ausgeästetes Ansehen (Waldgärtner). Die Aus- und Eingangslöcher an den Abfällen sind stets von hellgelber Harzwolle umgeben. Der Käfer überwintert dicht über der Wurzel der Stämme hinter Rindenschuppen oder in bis zum Bast reichenden Bohrlöchern. Gegenmittel: Entrindung von brutbeförderndem Material, Fangbäume, wo letzteres fehlt. H. minor bohrt die dünne Rinde des Zopfendes von Stangenholz und 50-70jährigen Stämmen an und fertigt horizontale, zweiarmige Gänge, von welchen aus die Larven weiter fressen, um sich am Ende in ihre Gänge zu verpuppen. Der Käfer geht ebenfalls in die jungen Triebe und verzehrt das Mark. Der Fichtenborkenkäfer (Buchdrucker, Bostrichus typographus L., s. Tafel "Waldverderber I"), 4 mm lang, mit mehr kugelförmigem, von oben nicht sichtbarem Kopf, im Ausschnitt der Augen sitzenden Fühlern mit fünfgliederiger Geißel und eiförmigem, viergliederigem Endknopf, einfachem dritten Fußglied, rotbraun oder pechbraun, gelb rauhhaarig; die Flügeldecken sind an der Spitze abschüssig und tief ausgehöhlt, mit groben Punktstreifen, auf den scharfen Rändern der Aushöhlung mit vier zahnartigen Höckern versehen. Dieser besonders den Fichten höchst verderbliche Käfer fliegt im April und Mai an die Bäume an, bohrt sich unter der Krone an der Sonnenseite durch die Rinde und legt von einer größern Höhlung aus, in welcher die Begattung erfolgt (Rammelkammer), einen oder zwei lotrechte Gänge an, von welchen die Larven seitwärts gehen. Nach 8-13 Wochen fliegt die Brut aus und kann in demselben Jahr eine zweite Generation erzeugen. Geschieht dies nicht, so fliegen die jungen Käfer oft gar nicht aus, sondern fressen unregelmäßige, verworrene Gänge um ihre Wiege herum. Auch andre Arten der Gattung Bostrichus und Hylesinus richten Schaden an; während aber die Kiefer mehr auf Kulturen von den Borkenkäfers zu leiden hat, greifen diese die Fichten namentlich in großen, zusammenhängenden Beständen an. Als Gegenmittel empfehlen sich: gute Kultur, unverzügliches Aufarbeiten und Entrinden des Brutmaterials, welches Wind- und Schneebruch liefern, Entrinden der gefällten Hölzer, Auslegen von Fangbäumen. Der Rüstersplintkäfer (Eccoptogaster scolytus Hbst., s. Tafel "Waldverderber I"), 6 mm lang, mit schief von vorn nach der Spitze zugeschärftem Hinterleib, von oben sichtbarem, nicht rüsselartig verlängertem, in zwei kräftige, breite, glänzende Kinnbacken endigendem Kopf, sehr langen, schmalen, quer stehenden Augen, zwischen ihnen stehenden Fühlern mit siebengliederiger Geißel und längerm Endknopf, breitem, fein und gleichmäßig punktiertem Halsschild, mäßig punktstreifigen Flügeldecken und zweilappigem dritten Fußglied, glänzend schwarz, an den Fühlern, Beinen und Flügeldecken braun, erscheint im Mai an Rüstern; das Weibchen bohrt sich in die Rinde ein, wird wie der große Kiefernmarkkäfer befruchtet, frißt dann den Muttergang und legt seine Eier. Die Larvengänge zweigen sich rechtwinkelig ab, sind ungemein zierlich, oft sehr lang und verworren und verzweigen sich strahlenartig. Die Larven überwintern hier, verpuppen sich auch zum Teil vor dem Winter. Andre Arten hausen in Eichen, Birken, Obstbäumen. Vgl. Eichhoff, Die europäischen B. (Berl. 1880).

Borkentier (Rhytina Ill.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Wale und der Unterordnung der Sirenen oder Seekühe, mit der einzigen Art Rytina Stelleri Cuv. (Stellers Seekuh). Dies war ein großes, 8-10 m langes und an 480 Ztr. schweres Tier, bedeckt mit einer der rissigen Rinde alter Eichen ähnlichen, haarlosen Haut. Sein Kopf glich dem eines Büffels, die Kiefer waren zahnlos, aber jederseits oben und unten mit einer festen, hornigen Kauplatte versehen, die Augen sehr klein und ohne Augenlider; das äußere Ohr fehlte gänzlich, die Vordergliedmaßen waren schwielig und unten mit vielen kurzen Borsten dicht besetzt. Die Schwanzflosse war halbmondförmig. Das B. ward von